Der Google-Aktiensplit: einmal Kapitalertragssteuer und zurück

Google

Durch einen Aktiensplit bei Google im Jahr 2014 verloren deutsche Anleger mit einem Schlag bis zu 15 % ihres Investments. Grund war, dass diese Kapitalmaßnahme von den Finanzbehörden als ertragssteuerpflichtiger Tatbestand gewertet wurde. Inzwischen lässt das Finanzministerium aber eine Korrektur der zu Unrecht erhobenen Steuer zu.

Trotz heftiger Kritik vieler Anleger führte der Internetkonzern Google, jetzt Holding-Gesellschaft Alphabet Inc., im April 2014 eine Teilung seiner Aktien im Verhältnis 2:1 durch.

Aktiensplit ist nicht gleich Aktiensplit

Bei einem Aktiensplit werden existierende Aktien in eine größere Anzahl neuer Aktien umgewandelt. Die Marktkapitalisierung verteilt sich in der Folge auf eine größere Anzahl von Aktien, der Aktienkurs sinkt im Verhältnis des Splits. Da der Anleger nun eine größere Anzahl an Aktien des betreffenden Wertes im Depot hat (i.d.R. Aktien mit der gleichen WKN/ISIN), bleibt seine Vermögensposition aber gegenüber der Ausgangslage vor dem Aktiensplit unverändert. So der Normalfall.

Bei dem angesprochenen Google-Aktiensplit bekamen die Aktionäre also für eine alte Aktie zwei neue Aktien ins Depot gebucht, so dass sich ihre Aktienzahl verdoppelte. Allerdings erhielten sie nicht Aktien gleicher Ausstattung sondern je zur Hälfte sogenannte A-Aktien (stimmberechtigte Aktien), die dieselbe Ausstattung und WKN hatten wie die „Altaktien“, und stimmrechtslose C-Aktien mit neuer WKN. Hintergrund dieser gewählten Konstruktion war, dass die Google-Gründer infolge des Aktiensplits nicht ihre Stimmenmehrheit verlieren wollten, die sie aufgrund ihrer Aktien der Klasse B (mit 10-fachem Stimmrecht) bis dahin hatten.

Deutscher Fiskus sagt Danke

Für die reine Vermögensposition der Google-Aktionäre hatte diese Split-Konstruktion zunächst keine Auswirkung: Doppelt so viele Aktien bei halbiertem Kurs machte summa summarum keinen Unterschied zur bisherigen Depotposition. Zumindest solange nicht, bis der deutsche Fiskus zuschlug. Aufgrund der neuen WKN wurden die C-Aktien von ihm nämlich praktisch wie eine in Aktien ausgeschüttete Sachdividende behandelt. Und solche Aktien gelten praktisch zum Preis 0,00 Euro angeschafft. Und auf die Differenz zum aktuellen Börsenkurs wird dann 25 % Abgeltungssteuer und als Schnaps oben drauf noch Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer fällig.

Für das Google-Investment bedeutete dies also, dass die Hälfte des Kurswertes des Google-Investments der Besteuerung unterlag. Die Banken führten die Abgeltungssteuer – nach Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags – gemeinsam mit dem darauf entfallenden Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls der Kirchensteuer direkt an das Finanzamt ab und die Aktionäre verloren von heute auf morgen einfach mal so bis zu 14,5 % ihres Google-Investments.

Die Delta-Anomalie

Diese laut zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit erreichte schließlich das Finanzministerium (BMF). Mit dem BMF-Schreiben vom 8.7.2015 bestätigte die Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Google-Aktiensplit lediglich um eine steuerneutrale Kapitalerhöhung gehandelt habe und diese mit einer sogenannten „Delta-Korrektur“ zu berichtigen sei.
Der Abrechnungsfehler „Delta“ würde also nicht für das Jahr 2014 storniert, sondern könnte erst ab 2015 korrigiert werden, in dem die Depotbanken den als steuerpflichtig gewerteten Ertrag aus 2014 für 2015 zur Verrechnung mit zukünftigen Kapitalerträgen ein einen Verlustverrechnungstopf einstellen.

Das wäre ja schön und gut. Nur nicht jeder Anleger hatte 2015 genügend hohe Erträge erwirtschaftet, um die Höhe der zu Unrecht erhobenen Google-Abgeltungssteuer neben möglicherweise anderer angefallener Verluste voll verrechnen zu können. Diejenigen Anleger, bei denen es sich so darstellte, mussten sich darauf einstellen, dass sich der verbleibenden Korrekturbetrag erst in den Folgejahren verrechnen lässt.

Da diese Verluste nur innerhalb der Einkunftsart Einkünfte aus Kapitalvermögen von den Gewinnen abgezogen werden können, dürfte so manchem Aktionär eine längere Wartezeit bevorstehen, bis er die zu Unrecht erhobene Kapitalertragssteuer komplett zurückerhält. Zudem gibt es seit 2009 die weitere Einschränkung, dass Verluste aus dem Verkauf von Aktien (in diesem Fall Verluste aus einer zu Unrecht erhobenen Kapitalertragssteuer) nur mit Aktienveräußerungsgewinnen verrechnet werden dürfen.

Zurück in die Vergangenheit

Daher gab es nochmal einen Aufschrei der vom Staatssäckel gebeutelten Google-Aktionäre, der wieder Gehör beim BMF fand. Im BMF-Schreiben vom 23.3.2016 wird nun den Anlegern, die 2015 keine volle Rückerstattung erhalten, die Möglichkeit einer Änderung der Steuerfestsetzung für 2014 in Aussicht gestellt.
Der fälschlicherweise als Ertrag gewertete Aktiensplit bzw. die darauf erhobene Abgeltungssteuer (inkl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) kann rückwirkend über eine Korrektur der Einkommensteuererklärung 2014 zurückverlang werden.

Sind die Kapitaleinkünfte im Jahr 2014 jedoch geringer als der zu korrigierende Ertrag durch die Kapitalmaßnahme von Google, kann der Korrekturbetrag wiederum nicht vollständig mit den positiven Kapitaleinkünften verrechnet und daher nur von weiteren Erträgen in den Folgejahren abgezogen werden. Dieser Verlust wird sodann in einem gesonderten Verlustfeststellungsbescheid als verbleibender Verlustvortrag vom Finanzamt dokumentiert. Aber auch hier gilt, dass er nur mit den positiven Kapitaleinkünften der Folgejahre verrechnet werden darf. Das „Delta“ wird also in diesem Fall ebenfalls erst mit den Jahren aufgelöst.

Zahlreiche Formulare und …

st die Einkommensteuererklärung 2014 bereits erfolgt, wird in der Anlage KAP 2014 mit dem Ausfüllen der Spalte „Beträge laut Steuerbescheinigung“ sowie der Spalte „korrigierte Beträge“ in den Zeilen 7 und 10 (bei Verlustvortrag) die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer beantragt. Ein Musterbeispiel beschreit das BMF im oben erwähnten Schreiben vom 23.3.2016. Wurde die Steuererklärung noch nicht abgegeben sind erstmalig die korrigierten Werte anzugeben.

Zudem benötigt der Steuerpflichtige für diese Korrektur die ursprüngliche Abrechnung der Kapitalmaßnahme durch das depotführende Institut im Jahr 2014, die Steuerbescheinigung 2014 sowie eine Bestätigung des depotführenden Instituts über die Anpassung der Anschaffungskosten der Aktien und über die Stornierung der 2015 erfolgten Verlusteinbuchungen im Rahmen der „Delta-Korrektur“.
Falls die Verlusteinbuchung nicht durchgeführt wurde und auch künftig nicht erfolgen wird, ist dies zu bescheinigen. Außerdem sollte die Korrektur der einbehaltenen Kapitalertragssteuer (Zeile 47), des einbehaltenen Solidaritätszuschlags (Zeile 48) und gegebenenfalls der Kirchensteuer (Zeile 49) nicht vergessen werden!

… hoffentlich keine unendliche Geschichte

Grundsätzlich führt jede Bank einen Verlustverrechnungstopf für laufende Einkünfte aus Kapitalvermögen – wie etwa Zinsen, Dividenden – sowie einen für Kapitalerträge aus der Veräußerung von Aktien. Während der Verlustrücktrag auf ein Jahr begrenzt ist, gibt es beim Verlustvortrag keine zeitliche Begrenzung. Denn mit Einführung der Abgeltungssteuer ist die Verlustverrechnung komplizierter geworden – insbesondere, wenn nicht immer mit ausreichenden Kapitalerträgen gerechnet werden kann.

Wie viel Zeit nötig ist, um einen vorgetragenen Verlust aus dem Google-Vorgang abzuschmelzen, hängt daher von den künftigen positiven Kapitalerträgen ab. Solange nichts verrechnet werden kann, wirkt sich dieser Verlust auch nicht steuermindernd aus.

Übrigens, die Ausgabe von Gratisaktien 2014 bei der dänischen Moeller Maersk führte ebenfalls zu einer unberechtigten Kapitalertragsbesteuerung, analog zum Google-Vorgang. Auch hier hat das BMF inzwischen bestätigt, dass es sich bei der Ausgabe der Gratisaktien um eine steuerneutrale Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelte und dass der ursprüngliche Steuerabzug durch die Kreditinstitute zu korrigieren sei.
Betroffene Aktionäre können hier also ggf. den gleichen Weg bestreiten, der oben für Google-Aktionäre aufgezeigt wurde, sollten 2015 die gegenzurechnenden Kapitalerträge nicht in ausreichend hohem Maße angefallen sein.

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