ADR & Aktien einfach erklärt – Die wichtigsten Infos zu American Depositary Receipts

ADR Aktien einfach erklärt

Egal ob Gazprom aus Russland, OMV aus Österreich oder SAP aus Deutschland – diese Werte können auch an der New York Stock Exchange (NYSE) in den USA mit eigener ISIN gehandelt werden. Und genau hier sollten Anleger aufmerksam werden. Denn es handelt sich dabei nicht um Aktien der Gesellschaft, sondern um American Depositary Receipts (ADRs) und die spielen in einer ganz anderen Liga. Für Privatanleger ist ein ADR nicht immer die beste Wahl.

Inhalt

  1. Was sind ADRs, was unterscheidet sie von Aktien?
  2. Die verschiedenen Ebenen von ADR-Aktien
  3. Level von Sponsored ADRs
    1. Level 1
    2. Level 2
    3. Level 3
    4. Rule 144A ADRs
  4. Warum ADRs?
  5. Risiken für Anleger
    1. Politische Risiken
    2. Liquiditätsprobleme
    3. Quellensteuerforderungen werden komplizierter
    4. Währungsrisiko
  6. Warum sich Anleger um Originalaktien bemühen sollten

Was ist ein ADR, was unterscheidet es von Aktien?

American Depositary Receipts (ADRs) sind auf US-Dollar lautende Hinterlegungsscheine, die Aktien lediglich verbriefen und die am US-amerikanischen Aktienmarkt und teilweise auch an anderen Börsen gehandelt werden können. Beispielsweise sind die Hinterlegungsscheine zu Gazprom an der Deutschen Börse in Frankfurt (ISIN US3682872078) handelbar.

Anzeige

Der Sinn von ADRs ist es, den Handel mit ausländischen Wertpapieren zu erleichtern, ausgegeben werden sie von amerikanischen Depotbanken. Diese bestimmen dann auch das Verhältnis von ADR zu Originalaktie, gesetzliche oder regulatorische Beschränkungen gibt es hier nicht. Ein ADR kann sowohl gerade mal einen Bruchteil einer Aktie als auch mehrere Aktien verbriefen. In der Regel entscheidet sich die herausgebende Bank für ein Verhältnis, das zu einem attraktiven Preis des Hinterlegungsscheins führt, meist strebt man hier einen Wert zwischen 10 und 100 US-Dollar an. Weniger würde den Titel wie einen Pennystock wirken lassen, mehr wäre für Privatanleger optisch zu teuer. ADRs selbst stellen keinen Unternehmensanteil dar, sie sind lediglich ein Zertifikat zu einer Aktie.

Oft werden vor allem Titel aus schwer zugänglichen Aktienmärkten, wie zum Beispiel Schwellenländern, mithilfe von ADRs gehandelt. Steuerlich werden sie behandelt wie Aktien, Spekulationsgewinne unterliegen folglich der Abgeltungssteuer.

Die verschiedenen Ebenen von ADR

Es gibt sogenannte „sponsored ADRs“ und „unsponsored ADRs“. Unsponsored bedeutet, dass die Initiative, ein ADR aufzulegen, allein von einer Depotbank oder einem Händler in den USA ausgeht. Unsponsored ADRs sind jedoch an viele Börsen nicht zum Handel zugelassen, deshalb überwiegen klar die sponsored ADRs. Bei diesem Programm geht die Initiative vom Emittenten selbst, also vom Unternehmen, um dessen Anteilsscheine es geht, aus. Auch den größten Teil der Kosten für das ADR-Programm übernimmt die jeweilige Kapitalgesellschaft. Die Depotbank verpflichtet sich dabei, Zertifikate auszugeben und zurückzunehmen, die Ausübung von Stimmrechten des Investors zu übernehmen sowie Dividenden- und Unternehmensinformationen weiterzugeben und das Programm zu pflegen.

Level von Sponsored ADRs

Level-1

Gegenstand von Level-I-Programmen sind Zertifikate auf bereits bestehende Aktien, für die ein Sekundärhandel eröffnet werden soll. Das Unternehmen strebt dabei kein eigenes Listing der ADRs an einer amerikanischen Börse an, vielmehr wird der Handel in den USA auf dem unregulierten Over-the-Counter-Markt (OTC) ermöglicht. Neues Kapital fließt dem Unternehmen damit nicht zu, dafür kann auf die Anwendung der US-amerikanischen Rechnungslegung (US-GAAP) verzichtet werden.

Level-2

Auch bei Level-II-ADRs werden Zertifikate auf bereits bestehende Aktien aufgelegt, damit kann das Unternehmen auch hier kein neues Kapital vereinnahmen. Ziel ist hier ein Listing der ADRs an einer US-Börse, dafür ist die Erstellung von Berichten nach US-GAAP erforderlich.

Für eine Notierung im NASDAQ oder einer anderen US-amerikanischen Börse ist mindestens ein Level-II-Programm nötig. Von der US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) werden hier umfangreiche Informationen vom Emittenten verlangt, darüber hinaus werden Angaben zu wesentlichen Aktionären, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern fällig sowie mindestens jährliche Berichte.

Level 3

Mit einem Level-III-Programm werden ADRs auf neue Aktien auf dem US-Kapitalmarkt emittiert, daher nimmt das Unternehmen mit diesem ADR-Programm neues Kapital auf. Diese ADRs werden dann an einer US-Börse gehandelt, das Unternehmen muss daher zwingend eine Konzernbilanzierung nach US-GAAP vorlegen.

Rule 144A ADRs

Unternehmen, die die SEC-Regulierung und das aufwendige Registrierungsverfahren umgehen möchten, können sogenannte „Rule 144A ADRs“ platzieren. Diese Hinterlegungsscheine sind dabei nicht an die Öffentlichkeit gerichtet, sondern richten sich nur an spezielle institutionelle Käufer (Qualified Institutional Buyers).

Warum setzten Aktiengesellschaften auf ADRs?

Nicht nur den Anlegern erleichtern ADRs in manchen Fällen das Leben, auch für Unternehmen bieten sie einige interessante Vorteile. Mit Level-I-Programmen, bei denen die ADRs nicht an einer Börse gelistet werden, können sich Unternehmen die kostspielige US-GAAP-Bilanzierung sowie die umfangreiche Offenlegung gegenüber der SEC sparen. Trotzdem werden ihre Anteile für amerikanische Investoren handelbar.

Für institutionelle Investoren aus den Vereinigten Staaten – wie Pensionsfonds oder Lebensversicherungsgesellschaften – gibt es außerdem verschiedene Beschränkungen, was Investments in ausländische Wertpapiere angeht. ADRs werden jedoch wie US-amerikanische Aktien behandelt, institutionelle Investoren können sie also ohne Einschränkungen in ihre Portfolios aufnehmen.

Für die Unternehmen bieten ADRs außerdem den Vorteil, dass ein gewisser Marketing-Effekt eintreten kann. Wird ein ADR-Programms aufgelegt, steigert das den Bekanntheitsgrad einer Gesellschaft. US-amerikanische Anleger werden oft erst so auf ausländische Titel aufmerksam. Vor allem für Unternehmen, die einen großen Teil ihres Geschäfts in den USA tätigen, ist ein ADR-Programm sinnvoll. Im Falle einer Akquisition in den USA können ADRs darüber hinaus vom emittierenden Unternehmen als Tauschmittel eingesetzt werden. Zudem ist möglich, Mitarbeiter mit Hinterlegungsscheinen am Unternehmen zu beteiligen.

Diesen Vorteilen stehen aber auch erhebliche Nachteile gegenüber. Vor allem die hohen Kosten und die regulatorischen Hürden schrecken viele Unternehmen davon ab, über ADRs an US-Börsen zu gehen. Einige deutsche Unternehmen haben ihr ADR-Programm trotz hoher Beendigungsgebühren inzwischen wieder eingestellt, beispielsweise der Chemiekonzern BASF, E.ON oder auch Bayer.

Risiken für Anleger

Ob es sich bei dem Wertpapier um ein ADR oder die entsprechende Aktie handelt kann man schon am Namenszusatz ADR erkennen. Und natürlich haben sowohl die Aktie als auch das dazugehörige Zertifikat eine eigene ISIN, unter der sie gehandelt werden. Durch Unachtsamkeit oder Unwissenheit landen dennoch immer wieder ADRs anstellte von Aktien in den Depots der Anleger.

Das muss nicht unbedingt schlecht sein, für den Investoren macht es aber doch einen Unterschied. Denn auch wenn ADRs durchaus verschiedene Charakteristika einer Aktie aufweisen – sie berechtigen zum Beispiel zur Stimmabgabe bei der Hauptversammlung, auch eine Dividendenzahlung steht dem Eigentümer zu – so sind es dennoch keine Aktien. Daran ändert auch der Auslieferungsanspruch in Aktien nichts, der in der Regel mit ADRs verbunden ist. Denn auch hier bestehen Risiken, das die jeweilige Depotbank die Aktie im Fall der Fälle tatsächlich ausliefern könnte, ist nämlich keinesfalls garantiert.

Politische Risiken

Der Kauf eines Hinterlegungsschein an einer US- oder einer europäischen Börse vermittelt Anlegern eine gewisse Form von Sicherheit, obwohl das Heimatland des Unternehmens unter Umständen gar nicht so sicher ist. Beschließt die Regierung beispielsweise die Zwangsverstaatlichung des börsennotierten Betriebs ohne Gegenleistung für die Aktionäre, wäre davon logischerweise auch das entsprechende ADR betroffen.

Liquiditätsprobleme

Gerade bei weniger bekannten Werten ist die Liquidität in der Aktie an den Heimatbörsen dennoch größer als die von ADRs. Dies führt dann zu größeren Spreads zwischen An- und Verkaufskursen und damit zu ungünstigeren Konditionen für den ADR-Käufer. Eine genaue Kostenanalyse ist in diesen Fällen unerlässlich.

Quellensteuerforderungen werden komplizierter

Aufgelder gegenüber der Originalaktie gibt es häufig zudem bei sehr beliebten Aktienwerten, bei denen die Nachfrage im Markt besonders hoch ist. Und unter zusätzliche Gebühren muss man auch verbuchen, wenn die Depotbank zur Begleichung ihrer Verwaltungskosten einen Teil der Dividendenausschüttungen einbehält. Dazu kommt die Quellensteuer des Landes, in dem das Unternehmen sitzt – das Anrechnen der Quellensteuer bei einem direkten Aktieninvestment kann bereits knifflig sein, bei ADRs gilt das umso mehr.

Währungsrisiko

Und dann wäre da noch das Währungsrisiko. ADRs sind üblicherweise in US-Dollar notiert, teilweise auch in Euro. Wenn die Aktie nun nicht dem entsprechenden „ADR-Währungsgebiet“ zuzuordnen ist, drohen dem ADR-Besitzer Kursverluste. Das ist der Fall, wenn die Währung, in der die Originalaktie notiert, aufgewertet wird.

Unser Fazit zu ADR-Aktien

Anleger sollten sich aus diesen Gründen auch bei ausländischen oder gar exotischen Titeln bemühen, in die Originalaktien zu investieren, solange sich die Transaktionskosten in einem vertretbaren Rahmen bewegen. Viele Banken sind international vernetzt und bieten auch direkten Zugang zu kleineren oder hierzulande weniger bekannten Aktienmärkten. Mit ADRs begeben sich Anleger oft in Abhängigkeit von Depotbanken, die Gebühren festlegen und den Informationsfluss kontrollieren. Wer über ein Investment in weniger zugängliche Aktienmärkte nachdenkt, kann alternativ auch einen Blick auf Exchange Traded Funds (ETFs) werfen, die neben einer attraktiven Kostenstruktur auch eine gute Diversifizierung bieten.

ADR & Aktien – FAQ

Was ist besser: ADR oder Aktie?

Anleger sollten sich auch bei ausländischen oder exotischen Titeln bemühen, in die Originalaktie zu investieren. Denn mit ADRs begeben sich Anleger oft in Abhängigkeit von Depotbanken, was Gebühren und Informationen anbelangt. Viele Banken sind international vernetzt und bieten auch Zugang zu weniger üblichen Aktienmärkten.

Warum gibt es American Depositary Receipts?

ADRs sind dazu da, Geschäfte mit ausländischen Wertpapieren zu erleichtern.

Sind ADR Aktien dividendenberechtigt?

ADRs können durchaus einen Anspruch auf Dividendenbeteiligung enthalten.

Was ist der Unterschied zwischen ADR und Aktie?

eine Aktie ist ein Sachwert, eine ADR ein Finanzprodukt. Rechte und Pflichten eines Aktienkaufs sind beim Erwerb einer ADR nicht mehr relevant und bergen unterschiedliche Risiken für Anleger.

Foto: © pixabay

AnlegerPlus