Steuern, Staatsfinanzen, Geldpolitik – wichtige wirtschaftliche Weichenstellungen für den Neustart nach der Pandemie

Dr. Klaus Wiener zur Finanzpolitik
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Von Dr. Klaus Wiener, MdB (CDU)

Die Coronalage hält uns mit immer neuen Wendungen im Würgegriff. Umso wichtiger ist es, den Neustart nach der Pandemie nicht durch politische Fehlentscheidungen zu gefährden. 

Trotz vierter Welle mit Rekordzahlen mehren sich die Anzeichen, dass sich die Coronasituation in diesem Jahr bessert und aus der Pandemie eine weitaus weniger gefährliche Endemie werden könnte. Da gilt es, bereits jetzt die politischen Weichen für die Zeit „danach“ zu stellen. Dafür gibt es drei zentrale Handlungsfelder: 

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Erstens: Der Neustart nach der Pandemie muss aktiv gestaltet werden. Die ungewöhnliche Länge der Coronakrise hat bei vielen Menschen und in Unternehmen zu Existenzängsten geführt, die nachhaltig verändertes Verhalten erwarten lassen. Um einer drohenden Kaufzurückhaltung entgegenzuwirken, darf die Ausgabenneigung der privaten Haushalte nicht durch Steuererhöhungen belastet werden. 

Aber auch die Unternehmen werden genau überlegen, ob sie ihre Investitionszurückhaltung aufgeben, wenn die Steuersätze in Deutschland auf international wenig wettbewerbsfähigem Niveau verharren. Sorge bereitet deshalb der Koalitionsvertrag der „Ampel“. Zwar weist dieser zunächst einmal keine nennenswerten Steuererhöhungen aus, die hohe Anzahl kostspieliger Versprechen ohne erkennbaren Plan für eine Gegenfinanzierung lässt aber befürchten, dass sich das schon rasch ändern könnte. 

Stark steigende Verschuldung 

Zweitens: Die Finanzpolitik muss ihren Kurs zügig ändern. Weltweit haben die Regierungen im Zuge der Pandemie direkte und indirekte fiskalische Impulse von knapp 17 Billionen Dollar auf den Weg gebracht. Aber so sinnvoll finanzielle Hilfen in der Krise sind, so wichtig ist es, nach Überwindung der Krise gezielt gegenzusteuern. Werden nämlich die zusätzlichen Hilfen zu lange ge­währt, droht eine Überhitzung. 

Problematisch ist aber auch der stetig steigende Schuldenstand, der den fiskalischen Spielraum für mögliche neue Krisen begrenzt und zudem die kommenden Generationen über Gebühr belastet. Und schließlich erkennen die Menschen, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sind. Etliche verhalten sich entsprechend und schränken ihren Konsum bereits heute ein.

Zu lockere Geldpolitik

Drittens: Die Geldpolitik muss den Ausstieg aus der ultralockeren Positionierung in Angriff nehmen. Dringender Handlungsbedarf ergibt sich aus dem Preisschub der letzten Monate, in dessen Folge die Inflation in den USA und in Deutschland auf ein 40- beziehungsweise 30-Jahres-Hoch gestiegen ist. Nun streiten sich Notenbanker und Volkswirte, ob dieser Anstieg temporär oder dauerhaft ist. 

Für die erste These sprechen Sondereffekte wie der Anstieg der Mehrwertsteuer in Deutschland zu Beginn des Jahres 2021 oder die vermutlich vorübergehenden Lieferkettenprobleme im Zuge des Anspringens der weltweiten Konjunktur, in deren Folge die Preise für viele Vor- und Zwischenprodukte sprunghaft gestiegen sind. 

Andererseits dürften sich einige der Inflationstreiber als dauerhaft erweisen. Dies gilt vor allem für die Energiepreise. Mit dem weltweiten Versuch, den Klimawandel über den CO2-Preis zu bekämpfen, werden fossile Brennstoffe teuer und die Alternativen relativ knapper – und damit auch teurer. 

Um Preisstabilität dau­erhaft zu gewährleisten, braucht es einen vorausschauenden Ansatz. Angesichts der Geldflut, die auch von der Europäischen Zentralbank auf den Weg gebracht wurde, muss von der Geldpolitik – ähnlich wie von der Fi­nanz­politik – eine klare Ausstiegsstrategie formuliert werden. Von der amerikanischen Notenbank gib es bereits deutliche Signale für eine weniger expansive Ausrichtung ihrer Politik. Es wäre gut, wenn die EZB hier rasch folgen würde. 

Wirtschaftsexperte Dr. Klaus Wiener, CDU, ist seit Herbst direkt gewähltes Mitglied des Deutschen Bundestages. Der langjährige Chef-Ökonom vertritt den Wahlkreis Mettmann I.

Foto: Privat

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