Die Aktie von Haier Smart Home wird in deutschen Börsenforen euphorisch angepriesen. Der Grund: Eine prekäre Unterbewertung des Titels auf dem hiesigen Kurszettel im Vergleich zu den asiatischen Börsennotierungen. Doch ist das wirklich so?
Als der Elektroausstatter Haier Smart Home im Jahre 1993 an die Shanghaier Börse ging, lag dessen Gründung schon knapp ein Jahrzehnt zurück und die Chinesen waren bereits ein internationaler Großkonzern. In deutschen Haushalten sind die Kühlschränke und Waschmaschinen von Haier längst ein fester Bestandteil; wem Miele oder Bosch zu teuer, der kauft sich eben Haier.
In den Fokus deutscher Anleger rückte der Elektronikkonzern jedoch erst im Jahre 2018. Die Deutsche Börse und die Shanghai Stock Exchange riefen ein Joint Venture namens Ceinex ins Leben. Dabei handelt es sich um einen an Xetra und die Börse Frankfurt angedockten Handelsplatz explizit für die Notierung großer chinesischer Unternehmen in Euro-Währung. Im Oktober 2018 war es dann Haier Smart Home, die das erste und – wie sich später herausstellen sollte – letzte Unternehmen mit sogenannten „D-Aktien“ werden sollte.
Bizarre Sondersituation
Dass bis heute kein einziges weiteres Unternehmen dem Beispiel von Haier gefolgt ist, spricht Bände. Die Ceinex und das Konstrukt der „D-Aktien“ geriet zum Flop. Förderlich für das Joint Venture war es dabei von Anfang an nicht, dass gefühlt niemand für das deutsche Listing von Haier Interesse zeigte. Und so wies die Aktie (ISIN CNE1000031C1) von Tag eins der Börsennotierung an einen enormen Abschlag zum Listing in Shanghai auf.
Doch Ende 2020 rückte die Aktie dann doch urplötzlich in den Fokus deutscher Börsenforen und vieler Privatanleger. Im Rahmen einer Übernahme führte Haier am 23.12.2020 ein weiteres Börsenlisting ein, nämlich an der Börse Hongkong (ISIN CNE1000048K8). Interessant dabei: Die dortige Notierung in Euro lag – und liegt bis heute – mehr als 100 % über der Notierung der „D-Aktien“ (siehe Chart).
Kursexplosion oder Ausverkauf?
Gründe, warum ein derartig großer Abschlag zum Hongkonger-Listing existiert, werden in den Foren viele angeführt. Häufig wird hierfür die relativ geringe Liquidität der „D-Aktie“ genannt. Das könnte möglicherweise institutionelle Investoren davor abschrecken, in größerem Volumen einzusteigen.
Am kontroversesten wird aber die Tatsache diskutiert, dass ein größerer „D-Aktionär“ der ersten Stunde, der taiwanesische Kompressoren-Hersteller Rechi, laut dessen Finanzberichten seinen Anteil kontinuierlich abbaut und somit für anhaltenden hohen Verkaufsdruck sorgt.
Die Spekulation darauf, dass mit nachlassendem Verkaufsdruck dann plötzlich eine sprunghafte Annäherung des Haier-Kurses in Deutschland an den Hongkonger Kurs erfolgt, hält SdK Vorstand Paul Petzelberger für eher unwahrscheinlich.
Stattdessen sieht Anlegerschützer Petzelberger die Gefahr, dass das Börsenlisting der D-Aktie von Haier beendet wird, wenn strategische Investoren à la Rechi ausgestiegen sind. Dann wären Privatanleger plötzlich mit einer Nicht-Handelbarkeit ihrer Aktie konfrontiert, und der Aktienkurs könnte rasant einbrechen.
Zu dieser brisanten Thematik hat die SdK auf ihrem YouTube-Kanal ein Video veröffentlicht, in dem Paul Petzelberger mit YouTuber und wikifolio-Manager Lennart Marxen über die Haier-Aktie und deren Chancen und Risiken kontrovers diskutiert.