Investmentsteuerreform: Steuern zahlen trotz Verlust?

Investmentsteuer

Stephan Vyhnalek, Steuerberater und Geschäftsführer der VY Consulting Steuerberatungsgesellschaft

Die Investmentsteuerreform sorgte in den letzten Jahren für Kopfschütteln von Fondsbesitzern. Obwohl mit dem Fondsengagement nur eine geringe oder gar eine negative Rendite erzielt wurde, mussten Steuern auf fiktive Gewinne bezahlt werden.  

Wer sich im Jahr 2022 auf Grund der multiplen Krisen entschieden hat, sich von lang gehaltenen Fondsanteilen zu trennen, wird sich bei der nun anstehenden Erstellung seiner Steuererklärung eventuell über verschiedene Abrechnungen wundern.

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Grund dafür ist eine Gesetzesänderung, die bereits zum 1.1.2018 in Kraft trat. Die Regularien zur Besteuerung von sogenannten Investmenterträgen änderten sich damit erheblich (InvStG2018). Eines der wesentlichen Elemente ist die sogenannte Teilfreistellung von Gewinnen. Bei Aktienfonds bleiben dadurch 30 % der ab dem 1.1.2018 erzielten Gewinne steuerfrei. Diese pauschale Freistellung soll einen Ausgleich für die Steuern darstellen, die bereits auf Fondsebene gezahlt wurden.

„Trick“ der fiktiven Veräußerung

Gleichzeitig können Verluste aus Aktienfonds nur noch zu 70 % geltend gemacht werden. Bis hierhin ist das Investmentsteuergesetz in sich konsistent. Vor Schwierigkeiten wurde der Gesetzgeber indes bei der Überleitung vom alten zum neuen Recht gestellt. Die neuen Regeln nur für Wertveränderungen sollten ab dem 1.1.2018 gelten. Daher bediente sich der Gesetzgeber für die Überleitung von Altbeständen eines „Tricks“ und zwar der sogenannten „fiktiven Veräußerung“. Das bedeutet, dass alle Aktienfonds zum 31.12.2017 als zum Kurswert veräußert gelten. Die Folgen der Besteuerung sollen jedoch erst beim tatsächlichen Verkauf eintreten. Nicht realisierte Erträge bis zum 31.12.2017 unterliegen dann dem alten Besteuerungsregime, Wertveränderungen ab dem 1.1.2018 sollen der Teilfreistellung unterliegen.

Für den Fall einer positiven Kursentwicklung ist dies nicht weiter problematisch. Kritisch wird es allerdings, wenn die Fondsanteile zu einem Wert veräußert werden, der unter dem Wert zum 31.12.2017 liegt. Hier soll nach Auffassung der Finanzverwaltung ebenso die Teilfreistellung greifen, was dazu führt, dass fiktive Gewinne zum 31.12.2017 voll versteuert bleiben, nachfolgende Verluste aber nur noch zu 70 % abgezogen werden können.

Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen:

 Kurswert
Anteilserwerb 1.1.201639.500,00 Euro
Systemumstellung 31.12.201748.000,00 Euro
tatsächliche Veräußerung 1.6.202240.000,00 Euro
Handelsgewinn500,00 Euro
fiktiver Gewinn aus Systemumstellung8.500,00 Euro
abziehbarer Verlust nach Teilfreistellung-5.600,00 Euro
zu besteuernder Betrag2.900,00 Euro
KapESt+ SolZ764,88 Euro
Auszahlungsbetrag39.235,13 Euro
Gesamtertrag aus Investment-264,88 Euro

Wie man an diesem, an einem realen Fall angelehnten, Beispiel sieht, übersteigt die Steuerlast hier den tatsächlichen Handelsgewinn. In der Praxis führt dieses Besteuerungsregime dazu, dass teilweise selbst in den Fällen, in denen ein tatsächlicher Verlust realisiert wird, noch Ertragsteuern anfallen.

Musterverfahren zur Investmentsteuerreform durch SdK

Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. führt bereits seit dem Jahr 2020 beim Niedersächsischen Finanzgericht für ein Mitglied ein Musterverfahren in dieser Angelegenheit.

Zwischenzeitlich hatte das Finanzgericht Köln in einem vergleichbaren Fall die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung bestätigt, gleichzeitig aber die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen.

Durch ein neueres Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das nach dem Kölner Urteil ergangen ist, haben sich die Erfolgsaussichten betroffener Steuerpflichtiger wieder deutlich verbessert, da dieser den Gesetzgeber nochmals angehalten hat, die Besteuerung am Grundsatz der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen auszurichten und bei Übergangsvorschriften ebenso auf eine maßvolle Besteuerung zu achten.

Was ist bei der Abgabe der Steuererklärungen zu beachten?

Der (möglicherweise überhöhte) Steuerabzug wird durch die Banken automatisch vorgenommen. Wer sich hiergegen wehren möchte, muss daher selbst tätig werden.

Auf Grund der anhängigen Verfahren ist es empfehlenswert, gegen etwaige Bescheide Einspruch einzulegen und sich auf die anhängigen Musterverfahren zu berufen. Auch bei älteren Steuerbescheiden sind ggf. noch Änderungen der Festsetzung möglich.

Mehr zum Thema erfahren Sie in dem folgenden Video aus dem SdK YouTube-Kanal:

Image by xb100 on Freepik

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