Ruhe bewahren in unruhigen Zeiten

Jesper Wahrendorf Ruhe
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Von Jesper Wahrendorf, Head of Vanguard Invest

Turbulenzen zu trotzen, fällt vielen Anlegern schwer. Wenn es an den Börsen unruhig wird, lassen sie sich vielfach verunsichern. Doch bei Kapitalanlagen widersteht man am besten dem Drang, sofort zu handeln. Denn eine der wichtigsten Devisen für den langfristigen Anlage-Erfolg lautet: Disziplin wahren.

Der Ukraine-Krieg kostet vielen Menschen das Leben und verursacht unermessliches Leid. Die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs und der politischen Reaktionen, einschließlich der Sanktionen, sorgen derweil auch bei Anlegern für erhebliche Verunsicherung und Sorge darüber, was wohl als nächstes kommen mag. Entsprechende Turbulenzen an den Kapitalmärkten lösen vielfach den Drang aus, sofort zu reagieren, um drohende Verluste zu vermeiden oder wenigstens zu begrenzen.

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Emotionale Reaktionen auf erhöhte Marktschwankungen sind natürlich – gerade in einem Umfeld politischer und wirtschaftlicher Unsicherheit, wie wir es aktuell erleben. Allerdings sind Gefühle nur selten ein guter Ratgeber, wenn es um Investment-Entscheidungen geht. Denn häufig trüben sie den Blick für die langfristige Perspektive. Und die ist wesentlich bedeutender für den nachhaltigen Kapitalanlage-Erfolg als kurzfristige Marktentwicklungen.

Aus der Geschichte der Börsen lernen

Das gilt insbesondere mit Blick auf geopolitisch verursachte Verkaufswellen. Sie sind häufig nur von kurzer Dauer, wie eine historische Betrachtung zeigt. Vanguard hat mehr als zwei Dutzend geopolitische Ereignisse der letzten 60 Jahre untersucht, die zum Teil die Märkte in großen Aufruhr versetzt haben. Das kann eine gewisse Perspektive bieten, wie die Finanzmärkte in den kommenden Wochen und Monaten reagieren könnten.

Ob Suezkrise, Bau der Berliner Mauer, Kuba- und Ölkrise, Sechs-Tage-, Golf- und Irakkrieg, Amtsenthebungsverfahren gegen die US-Präsidenten Nixon, Clinton und Trump oder Brexit: Bis sich der US-Aktienmarkt von den ersten Verkaufswellen erholt hatte, dauerte es meist nicht lange. Im Schnitt betrug das Plus nach sechs Monaten 5 %, nach zwölf Monaten lag es bei 9 %. Dabei war bei Ausbruch dieser Krisen regelmäßig nicht zu erwarten, dass es zu derart schnellen Erholungen kommen würde.

Das gilt auch heute wieder, zumal die Kapitalmärkte vor weiteren Herausforderungen stehen. Die Inflation, die sich auf seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr beobachteten Höchstständen bewegt, könnte noch weiter klettern, über die vorherigen Erwartungen hinaus, da immer noch Engpässe bei der Versorgung mit Gütern aus Teilen der Welt bestehen. Höhere Energiepreise und ein potenziell schwierigeres Geschäftsumfeld aufgrund des Konflikts könnten das Wirtschaftswachstum und die Unternehmensgewinne belasten. Infolgedessen sind kurzfristig negative Reaktionen der Aktienmärkte möglich.

Bullen langlebiger als Bären

Auch hier lohnt indessen die langfristige Perspektive: Korrekturen an den Märkten sind alles andere als selten. Jeder langfristig orientierte Anleger wird mehrere von ihnen erleben. Doch im Schnitt sind Aufwärtsphasen am Aktienmarkt deutlich ausgeprägter als Abwärtsbewegungen. Gemessen am Weltaktienindex MSCI World dauerten Bärenmärkte seit 1980 durchschnittlich 236 Tage und wiesen ein Minus von 28 % auf. Bullenmärkte erstreckten sich hingegen auf 852 Tage und weisen dabei einen durchschnittlichen Kurszuwachs von 99 % auf, was die Verluste mehr als wett macht.

Sicherlich erscheint es dennoch verlockend, nur die Aufwärtsbewegungen an den Aktienmärkten mitzunehmen. Immer wieder erweist es sich jedoch als aussichtslos, ideale Einstiegs- und Ausstiegszeitpunkte identifizieren zu wollen. Das gilt insbesondere mit Blick auf unvorhersehbare politische Krisen. Doch auch der Corona-Crash und die enorm schnelle Erholung vor zwei Jahren haben gezeigt, dass unmittelbare Reaktionen auf kurzfristige Turbulenzen kaum zum Investment-Erfolg beitragen. Die Marktentwicklungen können Anleger nicht kontrollieren.

Daher sollten sie gerade in unruhigen Zeiten einen kühlen Kopf bewahren und sich auf die Dinge konzentrieren, die sie kontrollieren können. Dazu zählt, langfristige Anlageziele zu definieren und das Vermögen breit über Einzeltitel und Anlageklassen zu streuen.

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Foto: © Vanguard Invest

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