“Großunternehmen kapitulieren vor DSGVO”

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Wien/Salzburg (pte001/13.03.2020/06:00) – Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in allen EU-Mitgliedstaaten. Sie regelt die Verarbeitung personenbezogener Daten durch private wie öffentliche Datenverarbeiter. Doch auch knapp zwei Jahre nach ihrer Einführung hadern noch viele Unternehmen mit der Umsetzung, insbesondere im B2B-Bereich – nicht nur kleine bis mittlere Firmen, sondern auch Großunternehmen. pressetext sprach mit Werner Noisternigg, Datenexperte, Internetunternehmer und CEO von http://firmenliste.net , über Chancen und Unwissen in Bezug auf die Implementierung der rechtsverbindlichen EU-Verordnung.

pressetext: Herr Noisternigg, warum fällt vielen Unternehmen die Umsetzung der DSGVO so schwer?

Noisternigg: Wir bekommen viele Anfragen, der Wissenstandstand ist sehr gering. Eine Hauptproblematik ist die Differenzierung der DSGVO hinsichtlich personenbezogener Daten und Geschäftsadressen. Doch viele Firmen und auch Werbetreibende kennen die Regeln nicht. Dies dürfte der mangelnden Aufklärung durch den Gesetzgeber geschuldet sein. Denn oft wird nur der Kanal der Privatpersonen thematisiert. Als Listbroker im europäischen Raum mit DACH-Schwerpunkt stellen wir zudem nationale Unterschiede fest.

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pressetext: Worin liegen in Bezug auf die DACH-Region die Unterschiede?

Noisternigg: In Österreich wird mit dem Thema etwas salopp umgegangen. Beim E-Mail-Versand gibt es eine hohe Risikobereitschaft. Das geht vom Tischler bis zu vielen ATX-Konzernen. Viele kapitulieren vor der DSGVO. Wenngleich mir kaum Beschwerden bekannt sind, sind die Regularien stets einzuhalten. Wenn wir wissen, das jemand die E-Mail-Adressen benutzen möchte, gleichen wir ECG-Listen ab und sichten Werbemittel. In der Schweiz ist das Thema qualitativer. Hier wird primär auf Brief-Mailing gesetzt. In Deutschland ist Beratung ein Thema. Hier möchte man sicherstellen, dass Kampagnen auch wirklich konform ablaufen. Direkt-Marketing in Deutschland findet mittlerweile auf sehr hohem Niveau statt (Brief-Mailing). Vor der DSGVO war auch hier ein kunterbuntes Treiben festzustellen.

pressetext: Mit dem DSGVO-Start vor zwei Jahren sollten allen voran personenbezogene Daten besser geschützt werden. Wie lautet Ihr Fazit heute?

Noisternigg: Mit der jetzigen Fassung der DSGVO hat der Gesetzgeber die bis dato noch vorhandene Grauzone erhellt. Die DSGVO ist als Richtlinie anzusehen, sowohl im Umgang mit B2B- wie auch B2C-Daten. Wer den Datenschutz von Privatpersonen nicht rechtskonform zu 100 Prozent gewährleitet, muss mit äußerst empfindlichen Bußgeldern rechnen. Neu ist das Recht der Konsumenten auf Auskunft und Löschung personenbezogener Daten. Darauf muss das Unternehmen nun eingehen. Dabei kann das Auskunftsersuchen bis hin zur Quelle der Datenerhebung führen. Denn nur so ist sichergestellt, dass die personenbezogenen Daten auch wirklich für weitere Aussendungen gesperrt werden können.

pressetext: Was gibt es für Werbetreibende bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im B2C-Bereich sonst zu beachten?

Noisternigg: Die DSGVO legt fest, welche Daten überhaupt von Unternehmen zur Werbeaussendung genutzt werden dürfen. Dort wird der Bereich für Privatpersonen, respektive nicht-juristische Personen, sehr stark eingeschränkt. Auch die Art und Weise der Platzierung von Werbung wurde nun geregelt. So ist die Werbebotschaft an Neukunden aus Privathaushalten über E-Mail, Telefon und Fax untersagt. Das schränkt eine Kaltakquise auf die Wahl der Postaussendung ein. Umgangen kann diese Regelung nur werden, wenn von den Adressaten zuvor eine Einwilligung vorliegt. Auch die Art der Einwilligung wird über die DSGVO geregelt – zum Beispiel das sogenannte Double-Opt-in bei E-Mails.

pressetext: Welchen Unterschied macht die DSGVO im B2B-Segment der Firmenadressen?

Noisternigg: Damit Werbetreibenden nicht gänzlich alle Möglichkeiten zur Verbreitung ihrer Werbebotschaften entzogen werden, hat der Gesetzgeber eine Möglichkeit geschaffen. Dabei handelt es sich um den sogenannten “Erwägnisgrund”. Dieser besagt, dass eine Werbebotschaft ausgesendet werden darf, wenn davon auszugehen ist, dass der Werbeinhalt sehr passend zum derzeitigen Bedarf des Adressaten ist. Wohlgemerkt bezieht sich das ausschließlich auf Unternehmensdaten.

pressetext: Welche Chancen bietet die DSGVO für Unternehmen generell?

Noisternigg: Da mit dem Regelwerk der DSGVO nun der Umgang mit personenbezogenen Daten beschrieben wird, insbesondere derer von Privatpersonen, befinden sich werbetreibende Unternehmen nicht mehr in einer juristischen Grauzone. Die DSGVO bietet durchaus einige Auslegungsvarianten, die es Unternehmen möglich machen, weiterhin zielgerichtete Werbebotschaften bei Neukunden zu platzieren. Hält sich das aussendende Unternehmen an diese Regeln, sind etwaige Abmahnungen beziehungsweise Unterlassungsansprüche eher ausgeschlossen und lassen sich gut juristisch abwehren.

pressetext: Vielen Dank für das Gespräch!

(Ende)

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