Klimapolitik in Deutschland – was folgt für Investoren und Kapitalanleger?

Klimapolitik Investoren

Von Dr. Rupert Pritzl, Bayerisches Staatsministerium

Die deutsche Klimapolitik lässt sich als planlose Klima-Planwirtschaft bezeichnen. Sie ist plan- und orientierungslos, weil sie keine systematischen Vorstellungen davon hat, wie fossile Energieträger sinnvoll substituiert werden sollen und wie dieser mehrere Dekaden dauernde Übergangsprozess („Transformation“) versorgungssicher, klimafreundlich und bezahlbar gestaltet werden kann. 

Das Bundeskabinett hat ein Neueinbauverbot von Öl- und Gasheizungen beschlossen und kann doch kein machbares und sozial ausgewogenes Konzept für Heizungstausch und Gebäudesanierungsverpflichtung vorlegen. Wir setzen auf batterieelektrische Automobile und messen myopisch die Klimafreundlichkeit „am Auspuff“. 

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Wir betreiben eine Klima-Planwirtschaft, weil durch eine Vielzahl von dirigistischen Eingriffen im Energie-, Wirtschafts-, Verkehrs- und Wohnungsmarkt die klimapolitischen Ziele unmittelbar anzusteuern versucht wird, ohne die handelnden Menschen mitzunehmen. Das Wall Street Journal hat 2019 die deutsche Energiewende als die „dümmste Energiepolitik der Welt“ bezeichnet.

Was folgt für Investoren und Kapitalanleger:

  1. 1. Die eingeschlagenen Technologiepfade sind in hohem Maß politisch bestimmt. Politiker maßen sich ein „besseres Wissen“ über die erwünschte gesellschaftliche und technologische Entwicklung („Transformation“) an. Sie unterbinden technologieoffene Such- und Entwicklungsprozesse und verringern gesellschaftliche Problemlösungsfähigkeiten und Einkommenserzielungsmöglichkeiten. 
  2. 2. Die Politik kann volkswirtschaftliche Ressourcen bzw. Produktionstechnologien entwerten (wie Kernkraft, Verbrennertechnologien) oder aufwerten (erneuerbare Energien, Wärmepumpe). So werden „stranded assets“ oder „windfall-profits“ durch politische Entscheidung herbeigeführt, die nicht immer vorhersehbar und nachhaltig begründet sind. Wie sagte schon Altmeister André Kostolany: „Politik kann an der Börse kurze Beine haben.“ 
  1. 3. Die EU-Taxonomie klassifiziert umwelt- und klimapolitisch erwünschte Wirtschaftstätigkeiten und verändert die bisher marktgetriebene Kapitalallokation. Wenn Politiker und Bürokraten über die Kapitalallokation entscheiden, steigt der Umfang an bürokratischer Regulierung und mithin Lobbyismus und Rent-Seeking-Aktivitäten und letztlich das Risiko von Fehlinvestitionen. 
  1. 4. Klimapolitische Kriterien sind „Zusatzkosten“, die in die ökonomischen Überlegungen der Akteure eingehen und „zusätzlich“ verdient werden müssen. Letztlich wird der Markt entscheiden, ob diese klimapolitischen Kriterien bei inländischen Gütern (möglicherweise) oder bei international handelbaren Gütern (wohl eher nicht) entlohnt werden. 
  1. 5. Eine mit staatlichen Verboten und Vorschriften agierende Klimapolitik verkennt, dass moderne Industriegesellschaften „komplexe Systeme“ sind. Diese lassen sich nicht durch Verbote und Anordnungen von oben herab steuern, sondern nur durch allgemeine und abstrakte gesellschaftliche Handlungsregeln, die auf Eigenverantwortung und Eigeninitiative der handelnden Individuen setzen. 

Wenn die Menschen nicht mitgenommen werden, suchen sie nach Vermeidungs- und Ausweichmöglichkeiten mit der Folge, dass die Akzeptanz dieser Klimapolitik schwindet. Staatlich-dirigistische Mikrosteuerung beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit komplexer Systeme und zerstört deren Funktionsfähigkeit. 

Wir müssen Nachhaltigkeit mit innovativem Wachstum und gesellschaftlichem Wohlstand in Einklang bringen. Es ist bedauerlich, dass heutzutage die Politik einer marktwirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr zu trauen scheint.

Dr. Rupert Pritzl hat Volkswirtschaftslehre, Romanistik und Philosophie an den Universitäten Münster, Sevilla und Freiburg studiert. Seit 1997 ist er im Bayerischen Wirtschaftsministerium tätig und seit 2021 Lehrbeauftragter für „Verhaltensökonomie & Umweltpsychologie“ an der FOM Hochschule München. Er gibt seine persönliche Meinung wieder.

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