Zum Startschuss der Aktienrente gab es viel Kritik von Sozialverbänden und aus der Politik. Wieder einmal wurde klar: Aktienkultur in Deutschland, Fehlanzeige. Die goldene Zitrone würde ich gerne der Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, überreichen. Sie sagte der dpa: „Eine Geldanlage in Aktien rentiert sich, wenn überhaupt, erst nach etwa 30 Jahren.“ Ohne Worte.
Das Generationenkapital ist gedacht als eine zusätzliche Komponente zur Finanzierung der gesetzlichen Rente. Darlehen aus dem Bundeshaushalt und Bundesmittel sollen am Kapitalmarkt angelegt und aus den Erträgen später (ab dem Jahr 2036) Ausschüttungen an die gesetzliche Rentenversicherung vorgenommen werden.
Das ist notwendig, weil die umlagefinanzierte Rente in Deutschland alles andere als sicher ist. Die Beiträge der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber werden für die laufenden Rentenzahlungen verwendet. Doch die „Zahlenden“ werden immer weniger, die Rentner immer mehr und das Missverhältnis immer größer. Deshalb muss die Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenkasse schon seit Jahren mit Milliarden an Bundeszuschüssen gefüttert werden, 2024 werden es fast 120 Mrd. Euro sein.
Diese Zuschüsse sind zumindest teilweise schuldenfinanziert. Für Schulden mit einer Laufzeit von 10 Jahren zahlt Deutschland im Moment rund 2,5 % Zinsen (nominal). Wenn das Generationenkapital – wie der norwegische Staatsfonds in den letzten 25 Jahren – im Durchschnitt jährlich nominal 6,1 % Rendite abwirft, dann bleibt bei einer angenommenen Inflation von 2 % jährlich (vereinfacht gerechnet) eine reale Rendite nach Schuldendienst von 3,5 % hängen. Nach rund 20 Jahren hätte sich das Generationenkapital damit real verdoppelt. Je mehr Eigenmittel und je weniger Schulden der Bund einlegen würde, desto früher hätte man den Verdoppler.
Die angenommene Aktienrendite ist historisch belegt. Und wer, wenn nicht der Staat, kann eine Aktienstrategie langfristig durchhalten. Was er angesichts der Verschuldung nicht durchhalten kann, ist die dauerhafte Stütze der Rentenkasse. Für die Jahre 2022 bis 2027 hat der Bund die Zuschüsse schon um mindestens 5 Mrd. Euro gekürzt. Die Präsidentin des Deutschen Rentenversicherung Bundes, Gundula Roßbach, hat sich darüber vehement beschwert. Die Aktienrente sieht sie aber kritisch. Ihrer Meinung nach sei ein nennenswerter Kapitalaufbau und damit eine spürbare Entlastung bei dem relativ kurzen Zeithorizont kaum zu erwarten. Ab dem Jahr 2036 sollen Erträge des Generationenkapitals in Höhe von durchschnittlich 10 Mrd. Euro jährlich an die gesetzliche Rentenversicherung ausgeschüttet werden. Na ja, besser als nichts, würde ich meinen.
In seiner aktuellen Ausgestaltung (Höhe und Finanzierung) ist das Generationenkapital nicht der große Wurf. Aber es ist endlich der „Baubeginn“ für ein zweites Standbein der Rentenversicherung. Wer an dem Konstrukt kritisiert, dass die Risiken von den Steuerzahlern getragen werden, dem sei gesagt, die Risiken liegen schon jetzt nur auf Seite der Steuerzahler. Denn ohne Gegensteuern in der Rentenversicherung werden die späteren Rentenauszahlungen sinken und die Beitragssätze weiter steigen. Es bleibt dann weniger Netto vom Brutto und noch mehr Unternehmen wandern ab an günstigere Produktionsstandorte. Das hilft niemandem, am wenigsten der Rentenkasse.
Die Kapital Medien GmbH, der Verlag der Finanzzeitschriften AnlegerPlus, AnlegerPlus News und AnlegerLand ist eine 100-%-Tochter der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
Foto: © Wilfried Pohnke auf Pixabay