Wir haben am iShares Edge MSCI World Momentum ETF getestet, ob die Momentumstrategie tatsächlich eine Überrendite gegenüber dem Vergleichsindex liefert.
Die Beobachtungen des Wirtschaftswissenschaftlers und Nobelpreisträgers Eugene Fama Mitte der 1970er-Jahre legen nahe, dass Aktienpreise unter anderem vom Momentumeffekt getrieben werden. Allerdings, so seine Einschränkung, erzielt eine Strategie, die versucht, diese Effekte auszunutzen, nach Transaktionskosten keinen signifikanten Mehrertrag.
Definition von Momentum
Unter Momentumstrategie versteht man den Ansatz, Finanztitel zu kaufen, die bereits gestiegen sind, und diese dann zu verkaufen, wenn sie sich bereits in einem Abwärtstrend befinden. Momentum ist sozusagen das Gegenteil einer „Mean-Reversion“-Strategie, bei der ein Anleger nach einer erfolgten Preisbewegung auf eine Gegenbewegung und damit eine Rückkehr zum vorherigen Durchschnitt setzt.
Die Momentumtrader wetten de facto auf eine große, ausgeprägte Preisbewegung, nehmen dafür aber viele kleine Verluste bei falschen Signalen in Kauf. Einheitlich lässt sich Momentum hingegen nicht definieren. Dem Effekt zuzuordnen sind aber prinzipiell Händler mit einer Trendfolgephilosophie. Beispielsweise handelten die berühmten „Turtle-Trader“ der Legende nach mit einem Trendfolgemodell in den Future-Märkten Chicagos der 1990er-Jahre. Sie kauften angeblich meist 55-Tages-Hochs und stellten die Long-Positionen nach einem Schlusskurs unter dem 20-Tages-Tief glatt.
Momentum ohne Überrendite
Ein Indexfonds des Emittenten iShares verfolgt eine andere Momentumstrategie. Seine Benchmark und das Anlageuniversum entsprechen dem des MSCI World Index. Die gehaltenen 350 Aktienpositionen müssen sich zusätzlich noch durch Momentum qualifizieren. Da in manchen Marktphasen aber mehr oder weniger alle Aktien unter Druck geraten, reicht zur Auswahl auch „Relative Stärke“. Das bedeutet, die für den ETF ausgewählten Aktien können sich zwar ebenfalls in einem Abwärtstrend befinden, verlieren aber weniger als der Markt und zeigen somit auch eine Art positives Momentum.
Der Performancevergleich zeigt letztlich aber, dass der ETF über die letzten fünf Jahre etwas schwächer als seine Benchmark, der MSCI World, abschnitt, wenn auch nicht in allen Marktphasen. Aufschlussreich sind die auf der Website des Fondsadministrators angegebenen Kennzahlen. Das 3-Jahres-Beta zur Benchmark wird dort mit 1,00 ausgewiesen, die Volatilität des ETFs entspricht also der des Vergleichsindex. Gleichzeitig liegt das durchschnittliche KGV bei etwa 25. Der Fonds investiert also tendenziell eher in Wachstumsunternehmen mit höheren Gewinnmultiples, ohne dabei gleichzeitig stärkeren Kursschwankungen in beide Richtungen zu unterliegen. Da aber keine Überrenditen erzielt werden, sollten konservative Anleger in diesem Fall eher in einen ETF investieren, der den MSCI World abbildet und breiter aufgestellt ist.
Die akademische Literatur stützt trotzdem die Philosophie des Momentum-ETFs. Auf die Arbeit von Eugene Fama sind wir schon eingegangen. Aber auch ein bekanntes Paper mit dem Titel „Momentum“ von Narasimhan Jegadeesh und Sheridan Titman (im Internet frei verfügbar) belegt, dass Momentum ein Faktor ist, der über verschiedene Länder und Jahrzehnte hinweg Aktienrenditen mitbestimmt.
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