Ausblick 2026: Kurs halten in unruhigen Zeiten

Ein Sextant, der auf einer Karte liegt.

Von Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg

Nach dem Kursfeuerwerk 2025 ist der Ausblick auf 2026 verhalten. Aber es drohen weder Rezession noch hohe Inflation. Für die Welt zeichnet sich ein annähernd normales Wachstum ab. Das begrenzt das Rückschlagpotenzial. 

💡 Key Takeaways: Ausblick 2026
  • Wachstums-Update USA: Aufgrund von Handelsbarrieren und Arbeitskräftemangel sinkt die Prognose für das US-Trendwachstum von 2,0 % auf 1,5 %.
  • Stabilität in Europa: Die Euro-Wirtschaft stützt sich auf eine Trendrate von 1,2 %, getrieben durch sinkende EZB-Leitzinsen und deutsche Staatsausgaben.
  • Limitierte Zinswende: Langfristige Inflationsrisiken begrenzen den Spielraum für weitere Zinssenkungen stärker als vom Markt derzeit eingepreist.
  • China unter Druck: Trotz Erfolgen in der Hochtechnologie pendelt sich das Wachstum bei unter 5 % ein, belastet durch schwache Binnennachfrage.

Trotz des kräftigen Börsenhochs im Jahr 2025 zeigen sich die Erwartungen für 2026 gedämpft. Der Welt drohen zwar weder eine echte Rezession noch hohe Inflation. Aber für mehr als eine normale Wachstumsrate dürfte es nicht reichen. Dieses Szenario haben die Märkte schon weitgehend eingepreist. 

Zudem dürfte der Spielraum für noch niedrigere Notenbankzinsen angesichts einiger langfristiger Inflationsrisiken geringer sein, als viele Anleger das derzeit erwarten. Auf Dauer werden ein demografisch bedingter Mangel an Arbeitskräften, höhere Zölle und übermäßige Staatsdefizite zu etwas mehr Inflation und damit auch zu höheren Zinsen beitragen. 

Technologische Fortschritte, die nicht auf den Bereich der künstlichen Intelligenz beschränkt sind, können die Bewertungen an den Märkten allerdings weiter stützen, auch wenn die Gefahr von zeitweiligen Rückschlägen erheblich ist.

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Trump = höhere Preise und weniger Wachstum

Mit ihrem flexiblen Arbeitsmarkt, einem anhaltenden Fiskalimpuls und dem Investitionsboom rund um künstliche Intelligenz können die USA wieder ein Wachstum von knapp 2 % erreichen. 

Aber der langfristige Trend weist auf ein geringeres Tempo hin. Trumps Zölle wirken wie eine Steuer auf einheimische Verbraucher, während sie gleichzeitig Kapital und Arbeitskräfte in wenig produktive Bereiche lenken. Zudem schadet sein hartes Vorgehen gegen Einwanderer dem Land, dem es sowohl an günstigen Arbeitskräften als auch an Top-Ingenieuren und Innovatoren aus dem Ausland fehlen wird. 

Das Ergebnis ist auf Dauer ein höherer Lohn- und Preisdruck bei geringerer Wachstumsdynamik. Wir haben unsere Vorhersage für das Trendwachstum der USA deshalb von 2 % auf 1,5 % gesenkt, auch wenn der KI-Boom die Konjunktur 2026 noch etwas darüber halten könnte. 

China kommt auf keinen grünen Zweig. Den staatlich subventionierten Erfolgen in der Hochtechnologie steht eine hohe Jugendarbeitslosigkeit gegenüber. Das Geld, mit dem China seine industriellen Überkapazitäten aufbaut, fehlt anderswo im Land. Bei schwächelnder Binnenwirtschaft dürfte sich trotz der Ausfuhrerfolge die offiziell ausgewiesene Wachstumsrate bei unter 5 % einpendeln. 

Gegenwind aus Übersee, Rückenwind daheim

Der europäischen Industrie weht der Wind aus Übersee scharf ins Gesicht. Bei rückläufigen Ausfuhren in die USA und China muss das Wachstum aus der Binnenwirtschaft kommen. Zwei Gründe sprechen dafür, dass die Euro-Wirtschaft 2026 in etwa mit ihrer Trendrate von 1,2 % zulegen kann. 

Erstens werden die niedrigen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank im Zeitablauf ihre belebende Wirkung entfalten, unter anderem aber nicht nur im Wohnungsbau. Zweitens werden Deutschlands steigende Staatsausgaben die Konjunktur im größten Euro-Land anschieben. Dies dürfte eine leicht nachlassende Dynamik in Spanien (weniger Einwanderer aus Lateinamerika) und die Folgen der politischen Risiken in Frankreich weitgehend ausgleichen. Alles in allem ist der Ausblick somit moderat, aber auch nicht schlecht.

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Über den Autor

Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg

Dr. Holger Schmieding ist Chefvolkswirt bei Berenberg. Bevor er 2010 zu Deutschlands ältester Privatbank wechselte, war er als Chefvolkswirt Europa für Merrill Lynch und Bank of America in London tätig. Er ist Co-Autor des 1992 erschienenen Buches „The Fading Miracle“ zur deutschen Wirtschaftsgeschichte seit 1945 und veröffentlichte 2014 das Buch „Unser gutes Geld – warum wir den Euro brauchen“.

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