Ohne Halbleiter läuft heute nichts mehr, kein Auto, kein Flugzeug, und schon gar kein Rechenzentrum oder Verteidigungstechnologie. Die Chipindustrie insgesamt und ASML, weltgrößter Hersteller von Lithografiesystemen für die Halbleiterindustrie, im Besonderen stehen dabei im Zentrum der globalen Aufmerksamkeit. Für Anleger lohnt sich deshalb ein Blick auf die ASML-Aktie.
Gerade weil die Halbleiterindustrie für fortgeschrittene Technologien unverzichtbar ist, sieht sie sich plötzlich im Nexus der verschiedenen globalen Konflikte. Es ist kein Geheimnis, dass die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie inklusive der Cyber-Kriegsführung von KI-basierten Systemen gestützt und auch angetrieben werden. Für die praktische Anwendung sind gigantische Rechenkapazitäten erforderlich. Und diese wiederum benötigen fortgeschrittene Computerchips, die nur wenige Produzenten herstellen können.
Die KI-Revolution treibt also nicht nur die Nachfrage aus der zivilen Wirtschaft an, sondern auch die militärische. Damit bekommt die Halbleiterindustrie zunehmend auch eine strategische Dimension. Entsprechend rückten sicherheitsrelevante Überlegungen im letzten Jahrzehnt immer stärker auf die Agenda westlicher Regierungen. Die kalte Annexion Hongkongs durch China inmitten der weltweiten Covid-Schockstarre sowie der Beginn des Krieges in der Ukraine waren einschneidende Erfahrungen. Sie machten deutlich, dass Schlüsseltechnologien nicht in gegnerische Hände gelangen, sondern die eigene Vormachtstellung sichern sollten.
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Politisierung durch Exportrestriktionen
In den USA wurden bereits vor dem erneuten Amtsantritt von Präsident Donald Trump im Januar deshalb entsprechende Maßnahmen ergriffen, die sich vor allem gegen China richteten. Der chinesische Telekomausrüster Huawei wurde aus dem US-Markt gedrängt, während gleichzeitig auf europäische Partner Druck ausgeübt wurde, den Konzern wegen Sicherheitsbedenken ebenfalls auszuschließen.
Parallel dazu schränkten die USA die Ausfuhr sicherheitsrelevanter Technologien nach China ein. Dieser Schritt traf auch mehrere westliche Technologielieferanten, allen voran den niederländischen Weltmarktführer ASML. Innerhalb der EU gab es zwar Widerstand gegen die von Washington geforderten Exportrestriktionen, doch am Ende wurden sie umgesetzt.
ASML steht für Advanced Semiconductor Materials Lithography. Der niederländische Konzern ist mit einem Marktanteil von 80 bis 90 % klarer Weltmarktführer bei High-End-Lithografiesystemen. Auf diese Investitionsgüter können Chipproduzenten nicht verzichten.
Vorsprung durch Innovation
Kontinuierlich hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung haben ASML einen technologischen Vorsprung verschafft, der bislang unerreicht bleibt. Doch die Halbleiterindustrie ist von ständiger Miniaturisierung geprägt, was den Wettbewerb zu einem Wettlauf gegen die Zeit macht.
Einen wichtigen Schritt machte ASML 2011 mit der Entwicklung der Extreme Ultraviolet Lithography (EUV). Die ersten Maschinen wurden 2016 ausgeliefert. Geopolitische Unsicherheiten führten 2024 allerdings zu einem Umsatzrückgang in diesem Segment um 14 %, was seit Sommer 2024 eine Kurskorrektur der Aktie nach sich zog. Für 2025 erwarten Analysten jedoch ein Comeback, der EUV-Umsatz soll um 40 % auf 11 Mrd. Euro steigen. Die Anlagen, die im Schnitt mehr als 260 Mio. Euro kosten, zählen gemeinsam mit weiteren Innovationen zu den zentralen Wachstumstreibern der kommenden Jahre. Angeheizt wird die Nachfrage von KI-Anwendungen, High-Performance-Computing und mobilen Prozessoren der nächsten Generation.
Und langfristig zeichnen sich erhebliche Wachstumsperspektiven ab. Analysten prognostizieren, dass ASML den Jahresumsatz von 28,3 Mrd. Euro im Jahr 2024 bis 2030 auf über 50 Mrd. Euro steigern könnte. Zum Vergleich: 2020 lag der Umsatz noch bei 14 Mrd. Euro. Das zeigt, dass dieses Szenario durchaus realistisch ist. Für 2025 kalkuliert das Unternehmen mit einem Anstieg um 15 % auf über 32 Mrd. Euro bei einer stabilen Bruttomarge von 52 %. Belastend wirken nur die Exportrestriktionen gegenüber China. Dort rechnen Analysten mit einem Rückgang der Erlöse um 36 % auf rund 5,7 Mrd. Euro.
Was ASML für Anleger besonders macht, ist die nachhaltig hohe Profitabilität. Der Jahresgewinn hat sich seit 2020 auf 7,6 Mrd. Euro mehr als verdoppelt. Und die Nettogewinnmarge lag zuletzt bei starken 26,8 %.
Nächster Halt: ASML-Aktie bei 1.000 Euro?
Die Aktie erreichte im Juli 2024 ein Zwischenhoch von über 1.000 Euro, fiel dann bis April 2025 jedoch auf 550 Euro zurück. Der Markt nahm damit die temporäre Nachfrageschwäche in der hochgradig zyklischen Halbleiterindustrie vorweg. ASML spürt dies im Auftragseingang. Doch der Auftragsbestand ist so hoch, dass die Auswirkungen auf das laufende Geschäft bislang überschaubar bleiben.
Bessern sich die Nachfrageimpulse, wie zuletzt, werden die Investoren wieder verstärkt auf den nächsten Boom setzen. Die Tiefs scheint die Aktie damit hinter sich gelassen zu haben. Mitte September wurde unter hoher Volatilität erneut der Widerstandsbereich bei 700 Euro überwunden. Der nächste Meilenstein ist das historische Hoch bei 1.000 Euro.
Trotz der einzigartigen Marktstellung als Zulieferer der Chipindustrie und der überzeugenden Wachstums- wie Profitabilitätskennzahlen bleibt ein Risiko: die politische Einflussnahme. Ein Beispiel hierfür ist die staatliche Beteiligung am US-Konzern Intel. Das Urgestein der Branche war als Massenhersteller zuletzt von Konkurrenten wie Samsung abgehängt worden. Durch den Trump-Deal soll sich das nun ändern. Staatlicher Dirigismus ist jedoch das Letzte, was sich die Halbleiterindustrie wünscht.
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