Fresach/Wien (pte001/04.06.2020/06:00) – „Wenn Manager scheitern, liegt das oft an grundlegenden Charaktereigenschaften. Diese Personen versagen als Führungskräfte, weil sie Mitarbeiter ungenügend einbinden, kein positives Arbeitsklima schaffen und viele Dinge somit falsch analysieren und interpretieren.“ Mit dieser Einschätzung sorgte Herbert Unterköfler, Managing Director bei Korn Ferry http://kornferry.com , beim Abschlusspanel des Wirtschaftsforums der Europäischen Toleranzgespräche in Fresach http://fresach.org für eine rege Diskussion. Gerade die Corona-Krise sei für die Beziehung zwischen Arbeitgebern und -nehmern „wie eine biblische Prüfung“ und stellt die Loyalität auf eine harte Probe.
Strenge Selektion in Unternehmen
„Nicht jedes Misslingen ist auch ein Scheitern“, stellte Unterköfler gleich zu Beginn seines einleitenden Statements klar. Während das Misslingen einfach zum Leben und Lernen gehört, sei unter dem Scheitern ein wirklich einschneidendes, zum Teil irreversibles, nachhaltiges Ereignis zu verstehen, das einen Menschen aus der Bahn werfen kann. „Nur weil man mit seiner Bewerbung den Job nicht bekommen hat, ist man nicht gleich gescheitert. Das Leben geht auch danach weiter“, erläuterte der Unternehmens- und Personalberater seine Sichtweise: „Wir sollten deshalb aufpassen, den Begriff des Scheiterns nicht zu inflationär zu verwenden.“
Bei Positionen im Top-Management habe schon eine Studie aus dem Jahr 2010 gezeigt, dass vielfach die Persönlichkeit einer Führungskraft über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann. „Wir haben damals 200 CEOs von großen Firmen in England befragt. Als häufigste Ursache für Versagen wurden Unaufgeschlossenheit, politische Unsensibilität und Mikromanagement genannt“, fasste Unterköfler zusammen. Im Prinzip seien das alles Eigenschaften, die man in einem tiefergehenden persönlichen Interview recht gut diagnostizieren könne. „Gerade bei Führungskräften sind die Selektionsmechanismen in den Unternehmen sehr streng“, versicherte der Headhunter den Diskussionsteilnehmern.
Scheitern könne aber auch in gewisser Weise faszinierend sein, weil „immer auch die Möglichkeit des Erfolgs durchschimmert“, wie Unterköfler unter Verweis auf die griechische und nordische Mythologiewelt festhielt: „Die strahlenden Helden sind dort immer auch gescheiterte Figuren. In der Wirtschaft und im Leben ist das allerdings nicht der Fall. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Scheitern mit einem Makel gleichgesetzt wird. Ich habe oft den Eindruck, dass Risikofreude als schwere Sünde angesehen wird. Wenn jemand an die Grenzen geht und dabei scheitert, müsste man ihm eigentlich Respekt zollen. Eine Gesellschaft, die über keine wagemutigen Elemente verfügt, wird aber nicht weiterkommen.“
Ex-Mercedes-Manager als Beispiel
Dass man das Phänomen des Scheiterns durchaus differenziert betrachten muss, zeigte der Psychotherapeut Wolfgang Martin Roth vom Österreichischen Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (ÖAGG) http://oeagg.at anhand eines sehr prominenten Beispiels auf. „Bei Mercedes hatte man sich in den 1990er-Jahren mit Edzard Reuter einen neuen Manager geholt, der die Vision hatte, Daimler-Benz zu einem integrierten Technologie-Unternehmen und Weltkonzern auszubauen. Doch letztendlich ist er damit grandios gescheitert“, blickte der Autor zurück.
Doch obwohl das hohe Risiko, das Reuter eingegangen ist, dem Autokonzern zum Schluss einen satten wirtschaftlichen Verlust von über 36 Mrd. D-Mark eingebracht hatte – immerhin die „massivste Kapitalvernichtung in Deutschland in Friedenszeiten“ – habe das der weiteren Karriere des Managers doch wenig bis gar nicht schaden können. „Nachdem er Daimler verlassen hatte, gründete er mehrere erfolgreiche Stiftungen, schrieb Bücher und wurde sogar zum Ehrenbürger von Berlin ernannt“, merkte Roth an.
Home Office verändert Arbeitswelt
„Ich glaube, dass es ein falsches Klischeebild ist, dass es gerade in der Top-Führungsetage viele Personen mit charakterlichen Problemen gibt“, stellte Gabriele Semmelrock-Werzer, Vorstandsvorsitzende der Kärntner Sparkasse AG http://sparkasse.at , klar. Wie auch in jedem anderen Bereich einer Gesellschaft sei nämlich immer auch das Management einer Firma ein Querschnitt an Menschen, die man überall antrifft. „Man kann natürlich schon sagen, dass Personen, die in der Karriereleiter derart weit nach oben geklettert sind, eine gewisse Zielstrebigkeit besitzen und eher selbstbewusster und manchmal vielleicht auch egoistisch wirken“, so die Managerin.
Gleichzeitig müsse man aber auch in höheren Positionen stets selbstkritisch und offen für neue Ideen bleiben, wenn man Erfolg haben will. „Wie wichtig das ist, hat nicht zuletzt die gegenwärtige Corona-Krise aufgezeigt. Wir haben es innerhalb von nur acht Wochen geschafft, sowohl unsere Mitarbeiter als auch unsere Kunden auf die digitale Welt umzustellen. Das hat so gut funktioniert, dass wir nun bereits an einem weiteren Ausbau der Möglichkeiten in Bezug auf Remote Working arbeiten“, schilderte Semmelrock-Werzer.
„Im Home Office hat man als Mitarbeiter zwar einerseits mehr Freiheit, sich die Zeit selbst einzuteilen, ist aber andererseits auch immer erreichbar. Es gibt keine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit mehr – das ist aber für die seelische Gesundheit ein wichtiger Punkt“, gab ÖAGG-Psychotherapeut Roth abschließend zu bedenken. „Eines steht fest: Die Arbeitswelt wird sich verändern. Ob man dann im Büro oder zuhause sitzt, ist gar nicht so wichtig. Entscheidend ist, dass man einen Sinn in seiner Arbeit sieht. Geld allein ist heute nicht mehr alles. Das muss man als gute Führungskraft vermitteln können“, resümierte Unterköfler.
Fotos zum Wirtschaftsforum der Europäischen Toleranzgespräche 2020 in Fresach stehen unter
http://fotodienst.pressetext.com/album/3745 kostenfrei als Download zur Verfügung.
Die ganze Session kann auf auf YouTube nachgeschaut werden.
http://youtube.com/watch?v=WIFS3SQtCAA
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