Die „Big Three“ der Ratingagenturen

Ratingagenturen Big Three

Der Einfluss der drei bekanntesten Ratingagenturen auf die Weltwirtschaft sowie auf die Refinanzierung von Unternehmen und Staaten ist unumstritten. Was man von den abgegebenen Ratings nicht immer behaupten kann, wie die Finanzkrise um verbriefte Hypothekendarlehen im Jahr 2008 oder aktuelle Länderratings zeigen. Aber was steckt hinter den Namen S&P, Moody’s und Fitch? Wir bringen Licht ins Dunkel.

Diese Namen hat wohl jeder schon einmal gehört: Moody’s, Fitch und Standard & Poor’s (kurz: S&P) sind zurzeit in aller Munde. S&P sorgte, indem sie das Rating der USA kürzlich von der Bestnote AAA auf AA+ herabstufte an den Börsen für Unruhe. Die Börsen werden seither neben der Schuldenkrise im Euroraum nun auch noch durch den Druck auf die amerikanische Wirtschaft belastet. War die Supermacht seit jeher ein strahlender Garant für Kreditwürdigkeit, zeigen sich nun deutliche Kratzer an diesem Image unter dem prüfenden Blick von S&P. Was aber verleiht den Ratingagenturen ihren Einfluss? Warum beugen sich ganze Staaten ihrem Urteil? Darüber und weshalb die „Big Three“ immer misstrauischer beäugt werden, wollen wir Ihnen einen kleinen Einblick geben.

Die Geschichte der „Big Three“

1909 von John Moody gegründet, ist Moody’s Investors Service die älteste der drei großen Ratingagenturen. Gemeinsam mit dem Anbieter von Risikomanagement-Software Moody’s Analytics ist die Agentur unter der Dachgesellschaft Moody’s an der Wall Street gelistet. 

1913 gründete John Knowles Fitch die Fitch Publishing Company. 1997 fusionierte das Unternehmen mit der Londoner IBCA Limited. So ergaben sich die zwei Hauptsitze New York und London der Agentur Fitch Ratings. 

Die Standard and Poor’s Corporation (S&P) entstand 1941 aus der Verschmelzung der US-amerikanischen Firmen H.V. & H.W. Poor Co. und Standard Statistics Bureau. Seit 1966 ist S&P eine Tochtergesellschaft von McGraw-Hill. 

1975 wurden die „Big Three“ als erste Ratingagenturen von der US-amerikanischen Finanzaufsicht SEC anerkannt. Weltweit gibt es, mit Stand April 2011, insgesamt zehn Agenturen, die sich mit der Bezeichnung NRSRO (Nationally Recognized Statistical Rating Organization) schmücken können. Damit kennzeichnet die SEC Firmen, welche in den Vereinigten Staaten zur Bewertung für Kapitalmarktzwecke herangezogen werden dürfen. S&P, Moody’s und Fitch sind die bekanntesten unter ihnen.

Die Aufgabe einer Ratingagentur

Ziel einer Ratingagentur ist es, ihrem Auftraggeber eine ausführliche Bonitätsauskunft über den gewünschten Schuldner oder dessen Finanzprodukte zu geben. Als Auftraggeber kann sowohl ein Emittent oder Kreditnehmer als auch ein Investor oder Kreditgeber auftreten. Die Bonität wird von der Agentur aufgrund von öffentlichen Informationen sowie nicht öffentlich zugänglichen Unternehmensinterna geprüft. Danach werden agenturintern die quantitativen und qualitativen Faktoren analysiert. Im Anschluss wird eine Ratingempfehlung abgegeben, die von einem Komitee dem Auftraggeber zur Freigabe vorgelegt wird.

Zu den quantitativen Faktoren der agenturinternen Analyse gehört die Bewertung der wirtschaftlichen Verhältnisse, welche anhand von Bilanzkennziffern wie Gewinn, Eigenkapitalquote und Liquidität durchgeführt wird. Unter die qualitativen Faktoren fallen Merkmale wie Managementqualität, Organisationsstruktur und Risikomanagement. 

Neben Unternehmen können durch die Ratingagenturen auch Staaten unter die Lupe genommen werden. Hier gestaltet sich die Analyse weit schwieriger, denn neben den wirtschaftlichen Risiken (Bonität) spielen auch die politischen Risiken eine große Rolle. Ein unvorhergesehener Regimewechsel kann zum Beispiel zu erheblichen Bonitätseinschränkungen führen. Bei der Länderanalyse beziehen sich die qualitativen Faktoren dementsprechend auf die politische Lage, während die quantitativen Risikofaktoren die volkswirtschaftlichen Kennzahlen abbilden. 

Die Auswirkungen eines Ratings

In der Regel gilt, dass sich ein Schuldner mit gutem Rating zu besseren Konditionen, also niedrigeren Zinsen, Kapital verschaffen kann als ein Schuldner mit schlechterem Rating. Dieser wird aufgrund des dadurch zum Ausdruck kommenden größeren Bonitätsrisikos einen höheren Zinssatz zahlen müssen. Einmal pro Jahr werden die Ratings unabhängig vom Auftraggeber kontrolliert. Hat sich zwischenzeitlich die Situation des Unternehmens oder Staates geändert, kann das Rating in beide Richtungen angepasst werden. Diese sogenannten Up- oder Downgrades können weitreichende Folgen haben. Ersichtlich wird dies aktuell am Downgrade der USA. Seit jeher waren die Vereinigten Staaten unter den Spitzenreitern mit der Bestnote „Triple A“ (AAA). S&P hat nun erstmals das Rating auf AA+ abgesenkt.

J.P. Morgan schätzt laut Angabe der Financial Times, dass die Kosten für Kredite der USA durch den Downgrade um 100 Mrd. Euro pro Jahr ansteigen dürften. S&P begründet seine Entscheidung unter anderem mit dem herrschenden politischen Wirrwarr in Sachen der Haushaltskonsolidierung. Zwar behalten die USA ihre Bestnoten bei den anderen großen Ratingagenturen bei, aber Moody’s hat seinem Rating bereits einen negativen Ausblick hinzugefügt und Fitch will den Haushaltsplan der USA weiter prüfen. Die Bekanntgabe des Downgrades löste an den Börsen weltweit einen weiteren Kursrutsch aus, an den sich dann Panikverkäufe anschlossen.

Die Geister, die ich rief …

Solche Kursstürze machen den immensen Einfluss der Ratingagenturen auch auf die Börsen deutlich. Doch letztlich haben die Ratingagenturen nur genau so viel Einfluss, wie die Finanzmarktteilnehmer ihnen zubilligen! Und im Endeffekt wurden die Ratingagenturen von den Finanzmarktteilnehmern und Politikern auf den Thron gehoben, von dem sie nun gestürzt werden sollen. Keiner ist dazu verpflichtet, sich bei Investments oder Zinskonditionen an den vergebenen Ratings zu orientieren. Und doch knüpfen beispielsweise institutionelle Investoren ihre Anlageentscheidungen an die Vergabe gewisser Ratings. Unternehmen versuchen ihre Finanzprodukte durch eingekaufte Ratings an den Mann oder die Frau zu bringen. Und Politiker forderten im Rahmen der ersten Finanzkrise, die 2008 noch eine reine Bankenkrise zu sein schien, von den Ratingagenturen ein härteres und schnelleres Eingreifen, nachdem die Agenturen bei der Bewertung sogenannter ABS-Papiere (verbriefte Hypothekendarlehen) völlig danebenlagen. 

In welchem spannungsgeladenen Umfeld sich die Agenturen befinden, zeigt die aktuelle Staatsschuldenkrise. Denn nun fordern dieselben Politiker, die 2008 die Agenturen wegen ihrer Zurückhaltung kritisierten, mit den Staaten doch bitte bedächtiger umzugehen. Klar, wenn es um die eigene Haut geht, will man die Wahrheit nicht unbedingt wahrhaben. Und wenn man jetzt noch berücksichtigt, von wem die Ratingagenturen in aller Regel bezahlt werden, nämlich von denen, die sie raten sollen, dann muss man letztlich erkennen, dass es sich um ein grundsätzlich verkorkstes System handelt. 

Wie wird man die Geister nun wieder los, die man selbst gerufen hat? Man könnte regulatorisch eingreifen und sie durch staatliche Agenturen ersetzen. Der Vorschlag wird bereits heftig diskutiert, doch er wird nichts am System ändern. Die andere Möglichkeit ist, den Agenturen und ihrem Urteil einfach weniger Gewicht beizumessen und ihre Ratings nur flankierend für Anlageentscheidungen und Kreditvergaben zu nutzen. Das erfordert Mut, eigene Recherchearbeit und Entscheidungskraft. Aber es geht, wie einige Beispiele zeigen. Der Anlagenbauer Dürr beispielsweise trennte sich 2010 von den Ratingagenturen. Und im Bereich der verbrieften Immobiliendarlehen vertrauen die Anleger ebenfalls nicht mehr uneingeschränkt auf das Urteil der Agenturen, sondern bilden sich selbst eine Meinung. Das zeigt sich an vielen Notierungen erstklassig gerateter Papiere, die deutlich unter ihrem Nominalwert notieren.

Und die „Big Three“ selbst? Sie stehen ebenfalls vor der Herausforderung, zu ihren Wurzeln zurückzukehren. Und ihre Bewertungen objektiv und sauber recherchiert abzugeben ohne Rücksicht auf etwaige Folgen und Befindlichkeiten. Dafür wurden sie schließlich ins Leben gerufen.

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