Geht es in der Raumfahrttechnologie nur darum, Millionäre als Weltraumtouristen ins All zu befördern und noch mehr TV-Satelliten für noch mehr Programmkanäle in den Orbit zu bringen? Oder geht es doch um mehr? Sicher ist, dass die Menschheit schon immer nach den Sternen greift. Die dabei entwickelten innovativen Technologien bringen große Fortschritte nicht nur für Wissenschaft und Militär, sondern auch für die zivile Nutzung. Bieten sich kommerzielle Opportunitäten für Investoren?
Es sorgte weltweit für Schlagzeilen und war ein gelungener Marketing-Gag für den neuzeitlichen Chef-Astronauten Jeff Bezos, als William Shatner, alias Captain James T. Kirk, Ende 2021 mit 90 Jahren doch noch als Passagier von Blue Origin ins All flog.
Im Weltraumtourismus konkurriert der Gründer von Amazon und Blue Origin mit SpaceX von Tesla-Gründer Elon Musk und Virgin Galactic von Milliardär und Unternehmer Richard Branson. Bis November 2021 hat Branson bereits 700 Weltall-Flugtickets verkauft. Astronomisch auch die Preisentwicklung. Der Preis für einen 2,5-Stunden-Flug wurde von 250.000 US-Dollar auf nun 450.000 US-Dollar angehoben.
Musk und Branson kooperierten sogar, um Weltraumpassagiere zur „Aurora Station“, dem ersten sub-orbitalen Hotel, zu transportieren. Geplant war die Eröffnung für 2021. Ein Aufenthalt für zwölf Tage sollte 9,5 Mio. US-Dollar kosten. Doch vor einem Jahr wurde das Projekt eingestellt.
Von Star Wars zu New Space
Das wirklich Neue an „New Space“ ist, dass erstmals in der Geschichte der Raumfahrt der größere Teil des Kapitals von Privatinvestoren kommt. Denn bislang finanzierten vor allem nationale und supranationale Raumfahrtbehörden wie NASA und ESA die Erforschung des Alls. In Erinnerung geblieben sind Juri Gagarin, der von der Sowjetunion 1962 als erster Mensch in den Weltraum gebracht wurde, die Apollo-Missionen, die Voyager-Sonden I und II oder das legendäre Hubble Weltraumteleskop, das 1990 seine Arbeit aufnahm.
Diese Stationen umreißen auch schon die wechselhaften politischen Einflüsse, denen die Raumfahrt in der Vergangenheit unterlag. Erst ging es während des „Kalten Krieges“ darum, der Sowjetunion die klare Führung auf diesem Gebiet zu entreißen. Doch kaum war die erste Landung der USA auf dem Mond gelungen, wurden die Budgets wieder gekürzt.
Ein neuer Anlauf folgte erst unter US-Präsident Ronald Reagan ab 1983. Unter dem Eindruck der Science-Fiction-Klassiker „Star Wars“ und „Star Trek“ wurde die „Strategic Defense Initiative“, kurz SDI, gestartet. Diese löste einen für die Sowjetunion ruinösen Rüstungswettlauf (auch im Weltall) aus, an dessen Ende ab 1989 der Warschauer Pakt und die Sowjetunion zusammenbrachen. Als „Friedensdividende“ wurden danach die Rüstungsausgaben und damit auch die Weltraumforschung weltweit zurückgefahren.
Die „kommerzielle“ Raumfahrtindustrie
Spionage und die Überlegenheit der Waffensysteme waren von Beginn an die Hauptgründe für die Entwicklung von Raumfahrttechnologie. Satelliten sollten sich dabei als essenziell erweisen. Mit dem sowjetischen Sputnik-1-Satelliten hatte 1957 der Wettlauf ins All (Space Race) der Supermächte begonnen.
Doch bereits 1962 wurde mit Telstar die Ära des Satelliten-TV eingeläutet. Bis heute sind TV- und Telekommunikations-Satelliten die wichtigsten kommerziellen Anwendungen der Space Technologies geblieben. Allein SpaceX will 12.000 Mini-Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn bringen, jeweils 60 pro Flug. Derzeit bewegen sich ca. 23.000 Satelliten auf unterschiedlichen Orbits (Umlaufbahnen) um die Erde.
Hauptanwendungsgebiet Satelliten
Ein wesentlicher Vorteil von Satelliten gegenüber anderen Kommunikationstechnologien ist die Schnelligkeit der Signalübermittlung. Der Zeitvorteil ist essenziell. Denn erdgebundene Systeme müssen zur Überwindung der Oberflächenkrümmung des Planeten von Antenne zu Antenne oder über Knotenpunkte geleitet werden. Ein Satellit kommt dagegen mit der direkten einmaligen Informationsübermittlung ohne Umwege aus.
Je nach Aufgabe, die dem Satelliten zugedacht ist, ist Erdnähe erwünscht. Wie bei den Mini-Satelliten, die beispielsweise der GPS-Navigation dienen oder inzwischen auch in entfernten Regionen Zugang zum Internet schaffen. Ein weit entfernter Orbit ist dagegen bei Wettersatelliten erforderlich. Geht es um lokale Datendienste, braucht es eine geo-stationäre Umlaufbahn, d. h., der Satellit dreht sich mit dem Planeten um seine eigene Achse und bleibt somit stets beispielsweise über den Alpen.
Investitionen in private Raumfahrtunternehmen
Andere Anforderungen verlangen die Erdumrundung in zum Beispiel 2 oder 4 Std. Die bekannte Weltraumstation ISS, ebenfalls ein Satellit, benötigt für die Erdumrundung 107 Min. Für astronomische Forschungssatelliten kommen elliptische Umlaufbahnen zum Einsatz. So gewann die Menschheit beispielsweise die Erkenntnis, dass die tödliche kosmische Strahlung am elektromagnetischen Schutzschild der Erde abprallt, was Leben erst ermöglicht.
Viele weitere wissenschaftliche Erkenntnisse, die im All gewonnen wurden, fließen in ganz unterschiedliche Industrien wie Pharma- und Biotechnologie, Metallurgie oder Engineering ein. Sie kommen aber auch in hochpräzisen Navigationssystemen für den Transport zu Land, zu Wasser und in der Luft zur Anwendung. In der Welt des autonomen Fahrens bietet das Satellitennetzwerk von SpaceX womöglich einen unschlagbaren Wettbewerbsvorteil für Tesla gegenüber anderen Automobilherstellern. Ohne Satelliten sind außerdem Präzisions-Landwirtschaft, Umweltmonitoring, Wiederaufforstungsprojekte oder moderne Hochseefischerei undenkbar.
Distanzen, Zeit und Kosten limitieren Ambitionen
Ambitioniertere Projekte scheitern jedoch nach wie vor an den verfügbaren Antriebstechnologien. Die Menschheit kann zwar zum Mond und zum Mars fliegen und diese vielleicht sogar besiedeln, wie Bezos und Musk das planen. Doch viel weiter kann die Reise ins Weltall bislang nicht gehen. Der Flug zu anderen Sonnensystemen oder gar Galaxien ist noch illusorisch. Nicht-chemische Antriebssysteme wie Photonen-Raketen, nano-elektrokinetische Schubdüsen oder Quanten-Vakuum-Schubdüsen sind zwar theoretisch möglich, doch noch sehr weit von der Realisierung entfernt.
Insofern sind Pläne zum Abbau von Rohstoffen auf anderen Himmelskörpern angesichts der von Zeit und Distanz auferlegten Beschränkungen derzeit kaum umsetzbar. Die Kosten der benötigten Energie machen solche Projekte bislang unwirtschaftlich. Als ökonomischer Maßstab kann die Gewinnung von Metallen aus Meerwasser gelten. Die ist zwar möglich, aber noch unsinnig teuer.
Nach der ersten Phase der staatlichen Finanzierung von Grundlagenforschung und militärischen Anwendungen ist inzwischen, wie so oft in der Wirtschaftsgeschichte, die Zeit für private Investoren gekommen. Nur visionäre Milliardäre und chancenorientierte Investoren sind bereit, die enormen Risiken dieser Unternehmungen zu tragen. Viele Projekte scheitern, doch manche bieten auch phänomenale Chancen.
Für Privatanleger bieten sich diverse Anlageoptionen. Doch bei vielen der Unternehmen, die mit dem Thema Raumfahrttechnologie in Verbindung gebracht werden, handelt es sich eigentlich schwerpunktmäßig um Flugzeug- und Rüstungshersteller. Bei den etablierten Space-Unternehmen wie Eutelsat, Thales, Iridium sprechen dagegen aus unserer Sicht die Geschäftsentwicklung und zunehmender Wettbewerb für nur wenig Kurspotenzial. Wir haben dennoch drei interessante Unternehmen zum Thema Raumfahrttechnologie ausfindig gemacht, die wir in der kommenden Ausgabe AnlegerPlus vorstellen werden.
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