Wer wissen möchte, wie Großaktionäre rechtliche Möglichkeiten nutzen können, um Minderheitsaktionäre zu benachteiligen und rauszudrängen, der sollte sich den Fall MyHammer zu Gemüte führen. Ein Lehrstück negativer Art.
Heutzutage einen Handwerker zu finden, ist ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Onlineplattformen wie MyHammer, über die private und gewerbliche Nutzer Handwerks- und Dienstleistungsaufträge unkompliziert ausschreiben und vergeben können, sind daher sehr beliebt.
Für die Aktionäre der MyHammer Holding AG schien daher Anfang 2022 alles in bester Ordnung. Das operative Geschäft hatte sich in den Vorjahren hervorragend entwickelt. Und die Aussichten? Dank des skalierbaren Geschäftsmodells und des erwarteten weiteren Wachstums schien eine kontinuierliche Steigerung der Ergebnisse wahrscheinlich. Der Aktienkurs haussierte: Von etwa 5 Euro Anfang 2017 stieg die Notierung auf über 23 Euro im Jahr 2022.
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Wer einmal „lügt“ …
Nur einem schien die erfolgreiche Entwicklung von MyHammer nicht zu gefallen: dem Großaktionär Angi. Über die Zwischenholding Instapro II AG (IP II) hielt er rund 80 % des Grundkapitals und verfolgte ein Ziel, das in solchen Konstellationen nicht ungewöhnlich ist – den Streubesitz komplett rauszukaufen. Der übliche Weg wäre der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags, gefolgt von Aktienzukäufen und schließlich einem Squeeze-out des Streubesitzes gegen Barabfindung.
Angi wählte jedoch 2022 eine für ihn vorerst günstigere Variante. MyHammer wurde zunächst auf die IP II verschmolzen und die Aktionäre erhielten IP-II-Aktien im Tausch. Eine Barabfindung hatte man sich so erst mal gespart. Und um möglichst wenige IP-II-Aktien eintauschen zu müssen, wurde der Wert der MyHammer-Aktien deutlich heruntergerechnet. Denn für MyHammer wurden plötzlich geringere Wachstumsraten angesetzt als für die anderen, defizitären Tochtergesellschaften der IP II mit vergleichbarem Geschäftsmodell in anderen Ländern (siehe Tabelle). Diese Planannahme war bereits 2022 aufgrund der Positionierung der Tochtergesellschaften in den jeweiligen Landesmärkten höchst fragwürdig.
… glaubt sich selbst nicht mehr
Und dann wiederholte sich das Schauspiel 2024 erneut. Diesmal wurde von der Muttergesellschaft Instapro I AG (IP I) der verschmelzungsrechtliche Squeeze-out der Streubesitzaktionäre der IP II AG beantragt. Jetzt wollte man also die früheren MyHammer-Aktionäre komplett loswerden. Dazu musste nun die Bewertung IP II AG heruntergerechnet werden. Und genau das geschah. Im neuen 2024er-Bewertungsgutachten für IP II wurde deutlich weniger optimistisch geplant als noch im Jahr 2022 (siehe Tabelle). Und, oh Wunder, plötzlich war die IP-II-Aktie nicht mehr 31,50 Euro (2022) wert, sondern nur noch 20,63 Euro.
Die MyHammer-Aktionäre wurden letztlich doppelt übervorteilt. Bezogen auf die beiden Abfindungsvorgänge, einmal in Aktien (2022) und einmal in bar (2024), wurde eine MyHammer-Aktie letztlich zu 13,26 Euro abgefunden. Der Börsenkurs vor der Verschmelzung 2002 lag bei rund 22 Euro und damit 66 % höher.
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Foto: © Anna Waldl