Nachhaltigkeit vs. Rendite: kein Aktien-Shaming

Nachhaltigkeit Rendite

Beim Geld hört der Spaß auf, sagt der Volksmund. Und Anlegern scheint offenbar hinsichtlich nachhaltiger Investments der Spaß vergangen zu sein. In den USA haben 2023 Investoren rund 13 Mrd. US-Dollar aus US-Nachhaltigkeitsfonds abgezogen. Ein sehr ähnliches Bild zeigt sich in Deutschland. Anleger hierzulande haben laut dem Branchenverband BVI im 3. Quartal 2023 (netto) nachhaltige Publikumsfonds im Wert von 4,2 Mrd. Euro abgezogen, 5,8 Mrd. Euro im 4. Quartal 2023 und weitere 3,3 Mrd. Euro von Januar bis März 2024. In Summe rund 13 Mrd. Euro. 

Außerdem haben 60 % der deutschen Anleger in einer Studie des Vermögensverwalters AXA IM angegeben, überhaupt kein Interesse an Investitionen in sogenannte ESG-Fonds zu haben. Nur 26 % halten ESG-Produkte in ihrem Portfolio und die Daten sollen sich weitgehend mit den europäischen Werten decken. Und schließlich, laut Umfragen des deutschen Bankenverbands aus 2023, ist nur 10 % der deutschen Privatanleger das Thema Nachhaltigkeit beim Abschluss einer Geldanlage wichtig.

In der Börsenzeitung wurde dieser Trend mit „erschreckenden Zahlen“ kommentiert, wichtiger als ESG, als der guten Sache, sei den Anlegern der Ertrag. Ich kann da nur für mich sprechen und sagen, ja selbstverständlich steht bei einem Investment an erster Stelle die Rendite. Schließlich muss das investierte Geld den zuvor erlittenen Steuerabschlag über die Zeit wieder aufholen, die Inflation ausgleichen und einen auskömmlichen Beitrag für das Rentenalter erwirtschaften. Da zählt jedes Prozent Rendite über die Jahre. Rendite, die so einige ESG-Fonds wie beispielsweise Clean-Energy-Fonds mit einer Kursperformance von fast -50 % in den letzten drei Jahren haben liegen lassen.

Dazu ist das Thema inzwischen überstrapaziert und führt zu einer gewissen Abstumpfung. Wenn gefühlt beinahe jedes Fondsprodukt einen Nachhaltigkeitsstempel aufgedrückt bekommt, fehlt die Abgrenzung zu den wirklichen ESG-Produkten, in die man als Anleger vielleicht gerne diversifizieren würde. Und dann gibt es da sicher auch noch eine Art Anit-ESG-Trotz-Bewegung. Diese bringt der EU-Rechnungshof zum Ausdruck, wenn er die EU-Kommission davor warnt, es mit den Klimazielen nicht auf die Spitze zu treiben und dadurch die industrielle Souveränität Europas aufs Spiel zu setzen.

Und ganz unabhängig von der Geldanlage, jeder leistet trotzdem seinen Beitrag zum nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft und Gesellschaft, sei es direkt über Steuern oder indirekt über höhere Konsumentenpreise und staatliche Leistungen: Ökosteuern, CO2-Steuern, Subventionen und Förderprogramme für erneuerbaren Energien und Energieeffizienz, öffentliche Investitionen in grüne Technologien, Forschung und Entwicklung oder Steuererleichterungen für Solaranlagen und E-Fahrzeuge, Bildungs- und Aufklärungskampagnen, um nur einige zu nennen.

Dennoch, ohne private Investitionen ist eine notwendige nachhaltige Transformation nicht zu bewerkstelligen. Wenn die Rendite Privatanleger nicht überzeugen kann, dann muss der Staat seine Lenkungsfunktion wahrnehmen, zum Beispiel über Steuerbefreiungen, Investitionszuschüsse für bestimmte Projekte ähnlich der Riesterförderung oder grüne Anleihen mit staatlichen Garantien und attraktiver Verzinsung. In keinem Fall sollten wir Anleger uns aber ein schlechtes Gewissen einreden lassen. Am Ende des Tages leben wir nun mal von dem, was unter dem Strich steht.

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Foto: © Towfiqu barbhuiya auf Unsplash

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