Über einen Börsengang des Sportwagenherstellers Porsche wird bereits seit einiger Zeit spekuliert, jetzt scheinen die beteiligten Akteure ihre Pläne zu konkretisieren. Die Volkswagen AG, Muttergesellschaft der Porsche AG, und die Porsche Automobil Holding SE führen nach eigenen Angaben „fortgeschrittene Gespräche“ zu möglichen Details einer Börsennotierung.
Medienberichten zur Folge könnten in einem ersten Schritt 20 bis 25 % der Porsche-AG-Aktien im Rahmen eines Börsengangs auf den Markt kommen. Die Mehrheit würde weiterhin bei Volkswagen liegen. Der Porsche-Familienclan will den Börsengang nutzen, um die Kontrolle über das einstige Familienunternehmen zurückzuerlangen.
Porsche SE & Porsche AG
Um die Vorgänge besser zu verstehen, muss man zunächst das Konzerngeflecht um die VW AG etwas entwirren. Aktuell existieren zwei Aktiengesellschaften mit dem Namen Porsche: Die Porsche AG, die nach einer Übernahmeschlacht 2009 (die ehemalige Porsche SE wollte damals VW übernehmen, s. u.) eine Tochter der Volkswagen AG wurde und die Porsche Automobil Holding SE. Bei letzterer handelt es sich um die Beteiligungsgesellschaft der Familien Piëch und Porsche, den Nachfahren Ferdinand Porsches und ursprünglichen Eigentümern der Porsche AG.
Die Porsche Automobil Holding SE (Porsche SE) wurde 2007 gegründet, um das operative Geschäft der Porsche AG – damals noch unabhängig – von der Beteiligungsverwaltung zu trennen. Die Holding erwarb dann in kürzester Zeit 30,9 % der Stammaktien des VW-Konzerns, am 5. Januar 2009 waren es bereits 50,76 %. Der damalige Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking und sein Vertreter Holger Härter hatten vor, die Kontrolle über die Volkswagen AG zu erlangen. Um die Aktienkäufe finanzieren zu können, musste die Porsche SE allerdings Bankkredite in Höhe von etwa 10 Mrd. Euro aufnehmen. Als die Kredite auf dem Höhepunkt der Finanzkrise nicht mehr finanziert werden konnten, war die Porsche Holding gezwungen, 49,9 % der Porsche AG an Volkswagen zu verkaufen. Am 1. August 2012 wurden schließlich die restlichen Anteile an Volkswagen übertragen. Seitdem ist der Autobauer Porsche AG eine hundertprozentige VW-Tochter.
Die Porsche SE kaufte nach dem Verlust der Porsche AG weiterhin VW-Anteile hinzu. Aktuell hält sie 53,3 % der Volkswagen-Stammaktien. Sie ist damit der größte Anteilseigner der Volkswagen AG – vor dem Land Niedersachsen mit 20 % und dem Emirat Katar mit 17 %. 9,9 % befinden sich im Streubesitz. Die Anteile der Porsche SE werden an der Börse gehandelt, das Unternehmen ist seit dem 20. September 2021 Teil des DAX, auf Grund überdurchschnittlicher Dividendenrendite außerdem des DivDAX. Die Porsche AG wiederum ist eine reine VW-Tochter, die Papiere sind aktuell nicht an der Börse notiert.
Eine Chance für die Anleger?
Die verschiedenen Akteure erhoffen sich von einem Börsengang eigene Vorteile. Porsche ist mit großem Abstand die wertvollste Marke der VW AG. Der Börsengang würde Kapital in die Volkswagen-Kassen spülen. Kapital, das VW gut gebrauchen kann, um den Umbau hin zur E-Mobilität zu stemmen. Der damit einhergehende Ausbau der Fertigung – gerade im Bereich der Batteriezellen – wäre wiederum für das Land Niedersachsen von Vorteil.
Die Familien Piëch und Porsche planen, bei einem Börsengang mindestens 25,1 % der Aktien der Porsche AG zu übernehmen. Die 2009 erlittene Niederlage im Rahmen der Übernahmeschlacht ließe sich so für den Porsche-Clan zumindest teilweise rückgängig machen. Allerdings sind die personellen Verflechtungen zwischen Porsche SE und Volkswagen AG hierbei nicht unproblematisch. Hans Dietrich Pötsch ist beispielsweise gleichzeitig Aufsichtsrat-Chef bei VW und Vorstand bei der Porsche SE. Ein weiterer Porsche-Vorstand, Manfred Döss, ist der Rechtsvorstand des Volkswagenkonzerns.
Chancen bietet die Ausgliederung möglicherweise auch für Anleger. Im aktuellen Unternehmensgeflecht ist eine faire Bewertung des Sportwagenherstellers nicht möglich. Dabei hat Porsche einiges zu bieten: Das Unternehmen ist umsatzstark und bietet mit dem Taycan einen beliebten elektrischen Sportwagen an, der 2021 bereits 13,7 % aller Auslieferungen ausmachte. Analysten gehen von einer Marktkapitalisierung von bis zu 150 Mrd. Euro für Porsche aus.
Foto: © unsplash