Roadshow für Bedingungsloses Grundeinkommen

Börsenbär und Bulle

Wien (pte002/01.06.2021/06:05) – Die Organisatoren des Volksbegehrens für ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) haben vor einer Woche eine Roadshow gestartet. Bis 3. Juli werden drei Mitglieder des Vereins Generation Grundeinkommen http://fuereinander.jetzt mit zwei Wohnmobilen alle Landeshauptstädte Österreichs und viele Bezirksstädte besuchen. Mit im Gepäck: zahlreiche Broschüren, Folder, Filme, Plakate, sowie das neue Buch der Politologin Barbara Prainsack, das erklärt „warum wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen brauchen“. Der „Reiseleiter“ Helmo Pape berichtet im pressetext-Interview über die erste Woche.

pressetext: Die erste Station war Baden – die Stadt der Pensionisten. Das ist die Bevölkerungsgruppe, die eigentlich schon ein Grundeinkommen bezieht, wenn auch nicht bedingungslos. Wie kann man Pensionisten erklären, dass sie auf Grundeinkommen umstellen sollen?

Pape: Die Pensionisten haben durch die unbedingte Zahlung ihrer Pension tatsächlich ein Grundeinkommen. Allerdings ist es oft für Frauen nicht hoch genug, weswegen es mittels der Ausgleichszulage auf knapp tausend Euro aufgestockt wird. Damit zeigt sich, dass bereits heute das Pensionsversicherungssystem nicht viel mit der persönlichen Sparleistung zu tun hat, sondern eine Umverteilung durchführt. Das Grundeinkommen wäre in der Hinsicht nicht anders, allerdings unter dem Aspekt der Bedingungslosigkeit müsste nicht erst auf die Pension gewartet werden. Für die Pensionisten würde sich wenig ändern, die Pension würde sich lediglich aus Grundeinkommen und Pension neu in gleicher Gesamthöhe zusammensetzen. Keine Pension würde gekürzt werden.

pressetext: Nächste Station Wiener Neustadt – Sitz zweier Hightech-Unternehmen: der Drohnen-Hersteller Schiebel und der Flugzeughersteller Diamond Aircraft. Warum sollte ein hochqualifizierter Techniker Interesse am BGE haben?

Pape: Für unselbstständige Arbeitnehmer, die heute sehr starke Verhandlungspositionen am Arbeitsmarkt innehaben, bringt das Grundeinkommen in unserem Modell keine Nachteile, da wir keine Finanzierung über Erwerbsarbeit, sondern über Verbrauchsbesteuerung vorschlagen. Wir würden mit einem BGE in einem Land leben, in dem wir Wohlstand ohne das Vorhandensein von Armut, mit großen sozialen Zusammenhalt und hoher Lebenszufriedenheit genießen können.

pressetext: Dann St. Pölten, Landeshauptstadt des Bundeslandes mit den meisten Beamten: 53.000. Wien hat nur 39.000. Die Beamten haben einen sicheren Arbeitsplatz, ein sicheres Einkommen und eine höhere Pension als die meisten Privatangestellten. Wieder die Frage: Wozu BGE für Beamte?

Pape: Es ist wohl ein großer kultureller Wandel, ein Einkommen nicht mit einer Gegenleistung oder einer Bedürftigkeitsprüfung zu koppeln. Die Grundidee ist Sicherheit durch Bedingungslosigkeit mit Freiheit zu verbinden. Sicherheit ist etwas, was Beamte suchen und schätzen. Mit mehr Freiheit leichter einen anderen Lebensentwurf zu wählen, würden vielleicht auch einige Beamte in Erwägung ziehen. Manche würden sogar selbst kündigen, wenn eine Veränderung ohne Risiko möglich ist.

pressetext: Aufklärung wiegt schwer. Sie haben Tausende Folder, Broschüren und Bücher dabei, auch das neue Buch von Barbara Prainsack, die Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Wien ist. Ihr Buch ist eigentlich populärwissenschaftlich und für jeden verständlich. Gibt es auch schon einen akademischen Diskurs darüber oder sind wissenschaftliche Konferenzen beziehungsweise Seminare geplant?

Pape: Es freut mich, dass immer mehr akademisches Interesse an dem Thema entsteht. Ich habe bereits einige Anfragen für die Beteiligung an Diplom- oder Masterarbeiten erhalten, die das BGE zum Thema haben. In Deutschland wird zu Verhaltensänderungen durch Grundeinkommen mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung geforscht und gerade ein dreijähriger Pilotversuch gemeinsam mit dem Verein Mein-Grundeinkommen begonnen. Das Institut von Frau Prainsack hat bezüglich Grundeinkommen 2020 zwei Umfragen mit je 1.500 Teilnehmerinnen ausgewertet und festgestellt, dass durch die Corona-Pandemie die Mehrheit der Bevölkerung von einer Ablehnung nun zu einer Zustimmung verschoben wurde. Nächstes Jahr ist eine Tagung in Wien zum Grundeinkommen aus steuerlichen Gesichtspunkten unter der Leitung der JKU Linz und Friedrich Schneider angedacht.

pressetext: Das Buch von Prainsack heißt „Vom Wert des Menschen“ – das klingt mehr nach Moral als nach einer soziologischen oder politologischen Sichtweise. Was genau meint sie?

Pape: Sie meint in ihrem Buch die Würde des Menschen. Diese wäre durch die Bedingungslosigkeit eines ausreichend hohen Einkommens wiederhergestellt, da dann der heutige Zustand sich anderen Menschen unterwerfen zu müssen, um überleben zu können, beendet würde. Zusätzlich ist es eine immer öfter gestellte Frage, ob sich Menschen im Vergleich zu immer billigeren und schnelleren Maschinen wirtschaftlich noch rechnen.

pressetext: Ist das Grundeinkommen angesichts des drohenden Anstiegs der Arbeitslosigkeit die ideale Lösung?

Pape: Ja, das Grundeinkommen könnte Arbeitslosigkeit, wie wir sie heute messen, schlagartig zum Verschwinden bringen. Wen oder was zählt die Arbeitslosigkeit? Die Anzahl der Menschen, die sich beim AMS gemeldet haben, weil sie keine andere Einkommensquelle haben. Wie viele davon würden sich aus dieser Zählung selbst herausnehmen, wenn das Einkommen nicht mehr mit Auflagen des AMS verbunden wäre, sondern bedingungslos käme? Endlich würde Zuverdienst problemlos möglich, keine Kürzungen mehr. Teilzeit wäre ohne Armut möglich und könnte die neue Normalarbeitszeit werden, wobei ich erwähnen möchte, dass wir in Wahrheit alle Vollzeit arbeiten, aber nur für einen Teil unserer Arbeit in bestimmten Phasen unseres Lebens bekommen wir für unsere Arbeit auch Geld.

pressetext: Die ewige Frage: Wer wird das bezahlen? Was sagt Prainsack dazu?

Pape: Die Frage, wie sich ein Grundeinkommen bezahlen lässt, ist sehr trivial zu beantworten. Der Staat nimmt die Aufgabe das Grundeinkommen zu verteilen in die Hand und hat natürlich auch die Aufgabe, das dafür nötige Steueraufkommen zu generieren. Das Grundeinkommen lässt sich über viele Arten finanzieren, denn das Geld ist ja bereits vorhanden, es fehlt ihm nur die Bedingungslosigkeit. Allen Finanzierungsvorschlägen ist jedoch gemein, dass sie letztlich eine Verteilungsfrage beantworten müssen, welche Teile der Bevölkerung wie viel zum Gelingen des Grundeinkommens beitragen werden.

pressetext: Der Frage, wie die Einführung des BGE gelingen kann, ist das letzte Kapitel des Buches gewidmet. Welche Vorschläge macht Prainsack?

Pape: Ganz akademisch geht Frau Prainsack einen vorsichtigen, schrittweisen und damit forschenden Weg, um bei der Einführung blinde Flecken zu vermeiden. Ich halte das Grundeinkommen für ähnlich gefährlich wie eine Steuererleichterung für die breite Mittelschicht. Mir wäre nach dieser Betrachtung dann auch recht, wenn wir Steuererleichterungen für Reiche erst testen, bevor wir sie durchführen.

Details über das Buch:

Barbara Prainsack: „Vom Wert des Menschen – Warum wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen brauchen“. Brandstätter Verlag, Wien 2020. ISBN: 978-3-7106-0464-5. http://brandstaetterverlag.com/buch/vom-wert-des-menschen

(Ende)

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