Emittent / Herausgeber: Savills Immobilien Beratungs-GmbH / Schlagwort(e): Immobilien/Research Update 09.01.2023 / 08:30 CET/CEST Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber verantwortlich. 09. Januar 2023 Wohnimmobilienmarkt Deutschland: trotz robuster Fundamentaldaten dürfte der Investmentmarkt vorerst hinter dem Vor-Krisen-Niveau zurückbleiben Mehr Angebot trifft auf zurückhaltende Investoren
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland Wohnimmobilien mit etwa 67.000 Wohnungen und für rund 12,3 Mrd. Euro gehandelt (Transaktionen ab 50 Wohnungen). Das entspricht nicht einmal einem Viertel des Rekordtransaktionsvolumens aus dem Jahr 2021 (52,1 Mrd. Euro). Auch unter Herausrechnung der Übernahme der Deutschen Wohnen im Herbst 2021 stünde ein Umsatzrückgang von 53 % in den Büchern. Karsten Nemecek, Managing Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Germany, konstatiert: „Die Verkaufsprozesse der mittlerweile zahlreicher vorhandenen großvolumigen Produkte ziehen sich oftmals in die Länge oder werden sogar abgebrochen. Dies spiegelt die deutliche Zurückhaltung unter den Investoren wider. Angesichts der Zinswende erwarten die Bieter eine deutliche Preiskorrektur, zu der bislang die wenigstens Eigentümer bereit sind. Ein jetziger Einstieg in den Markt ist aus Investorensicht somit herausfordernd. Dass an den Mietmärkten das Leerstandsrisiko weiter gesunken ist und mit weiter steigenden Mieten gerechnet werden kann, spielt indes den Eigentümern in die Hände. Wer nicht verkaufen muss, dürfte auch zukünftig kaum dazu bereit sein.“ Überdurchschnittliche Volumina bei Mikrowohnen und gefördertem Wohnen Während der Umsatz am gesamten Wohninvestmentmarkt rund 50 % unter dem Fünf-Jahres-Mittel blieb, erwiesen sich einige Teilsegmente als relativ robust. So belief sich das Transaktionsvolumen von Studierenden- und Mikrowohnanlagen auf etwa 1,2 Mrd. Euro und lag somit um 16 % über dem Fünf-Jahres-Mittel. Es ist das zweithöchste bislang erfasste Volumen. Matti Schenk, Associate Research bei Savills Germany kommentiert: „Studierenden- und Mikrowohnanlagen erfahren mit dem Auslaufen der Pandemie hierzulande wieder eine starke Nutzernachfrage. Angesichts der weiteren Verschärfung der Lage an den Mietwohnungsmärkten dürften diese flexibel und hürdenfrei mietbaren Wohnkonzepte auch zukünftig stark nachgefragt werden. Weil die überdurchschnittliche Fluktuation den Eigentümern zudem eine regelmäßige Mietanpassung ermöglicht, erwarten wir vor dem Hintergrund der hohen Inflationsrate ein großes Interesse seitens der Investoren.“ Bei Transaktionen, die ausschließlich oder teils geförderte Wohnungen beinhalten, wurde laut Savills das Fünf-Jahres-Mittel beim Umsatz um 12 % übertroffen. Das Transaktionsvolumen belief sich im Jahr 2022 auf knapp 1,5 Mrd. Euro. Nemecek berichtet: „Wir erwarten eine steigende Nachfrage nach geförderten Wohnanlagen, denn durch günstige Finanzierungsbedingungen ist die Attraktivität dieser Immobilien zuletzt merklich gestiegen. Auch der Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit, also das S in ESG, trägt dazu bei, dass wir für 2023 mit einem stärkeren Investorenfokus auf gefördertes Wohnen rechnen.“ Erheblich weniger Transaktionen – Private-Equity-Käufer auf dem Vormarsch Weil die Anfangsrenditen bei klassischen Mehrfamilienhäusern vor Beginn der Zinswende zu den niedrigsten am deutschen Immobilienmarkt gehörten, wurde das Segment besonders empfindlich von dem veränderten Finanzmarktumfeld getroffen. Viele Käufer erwarten vor diesem Hintergrund deutlich niedrigere Multiplikatoren, während viele Eigentümer bislang nur zu moderaten oder gar keinen Preisnachlässen bereit sind. Aufgrund dieser Gemengelage ist die Zahl der Transaktionen im Jahr 2022 um rund 60 % zurückgegangen und entsprach dem Niveau des Jahres 2009. Eine Zunahme der Transaktionsaktivität war auch im vierten Quartal nicht zu beobachten. Aus der Zurückhaltung einer Vielzahl der Akteure ergeben sich Chancen für die Investoren, die aktuell zu Ankäufen bereit sind. Im letzten Jahr waren Offene Spezialfonds und sonstige Fonds- und Assetmanager mit Volumenanteilen von 29 % bzw. 18 % die beiden aktivsten Käufergruppen. Auf den Rängen drei und vier kamen Private-Equity-Fonds und Offene Publikumsfonds mit Anteilen von jeweils rund 10 %. Während fast alle Investorengruppen ihr Ankaufsvolumen reduzierten, kauften Private-Equity-Fonds und Offene Publikumsfonds jeweils so viel direkt an wie seit Beginn des letzten Marktzyklus im Jahr 2009 nicht mehr. Nemecek berichtet: „Die offenen Wohnimmobilien-Publikumsfonds haben noch einen hohen Anlagedruck und gehören zu den eigenkapitalstarken Akteuren, die das momentan ausgedünnte Bieterfeld ausnutzen, um ihr Portfolio auszubauen. Die Private-Equity-Investoren stehen seit Beginn der Zinswende in den Startlöchern und hoffen auf deutliche Preisrückgänge und einen günstigen Wiedereinstieg in den deutschen Wohnimmobilienmarkt. Ihr gesteigertes Ankaufsvolumen zeigt, dass sie bei einzelnen Portfolios bereits zum Zuge kamen.“ Es droht eine massive Wohnungsknappheit – Politik könnte mit neuen Regulierungen reagieren Die immer noch zu beobachtende Zurückhaltung vieler Investoren ist laut Savills fast ausnahmslos der Zinswende geschuldet. An der Stabilität und Attraktivität des Mietwohnungsmarktes zweifeln nur die wenigsten Akteure. In der Tat bleiben die fundamentalen Rahmenbedingungen aus Sicht von Vermietern nicht nur vorteilhaft, der Ausblick hat sich laut Savills gegenüber letztem Jahr sogar verbessert. Die Nachfrage nach Mietwohnungen ist spürbar gestiegen, unter anderem durch eine stark gewachsene Bevölkerung und weil sich viele Haushalte momentan keinen Eigenheimerwerb mehr leisten können und daher Mieter bleiben. Gleichzeitig werden die Baufertigstellungszahlen voraussichtlich signifikant zurückgehen. Schenk sagt: „In den nächsten Jahren gehen wir davon aus, dass die ohnehin schon sehr niedrigen Leerstandsquoten an den meisten Mietwohnungsmärkten weiter fallen und die Mieten steigen.“ Auf diese Situation dürfte die Politik mit zusätzlichen finanziellen Anreizen zur Ankurbelung des Wohnungsbaus, aber womöglich auch mit zusätzlichen Regulierungen reagieren. Da eine stärkere Regulierung als Markteintrittsbarriere wirkt, würden regulatorische Eingriffe den defensiven Anlagecharakter von Wohnimmobilien aber sogar noch verstärken. Sie kappen das Mietwachstumspotenzial, wirken dadurch angebotsverknappend und sorgen so für sehr sichere und stabile Erträge. Für risikoaverse Investoren bleibt der Markt damit laut Savills auch im Falle neuer Regulierungen prinzipiell attraktiv. Für risikoaverse Investoren verengt sich der Markt Neben der Überwindung der Wohnungsknappheit wird in den nächsten Jahren auch die Erreichung der anvisierten Klimaziele im Gebäudebestand ein elementares Thema am Wohnungsmarkt sein. Schenk erwartet: „Wie in anderen Ländern Europas bereits geschehen, könnte auch hierzulande der regulatorische Druck auf Eigentümer von unsanierten Bestandsbauten wachsen, denn bislang verfehlt der Gebäudesektor die gesteckten Klimaziele. Regulierungen, die auf mehr Sanierungen abstellen, betreffen nicht mehr nur die Ertrags-, sondern auch die Kostenseite und stellen damit eine völlig andere Art von Risiko für Investoren dar. Eliminieren lässt sich dieses Risiko nur mit dem Kauf von Neubauten oder energetisch sanierten Bestandsgebäuden. Wir gehen davon aus, dass risikoaverse Investoren fast ausschließlich auf diesen Teil des Marktes setzen, wodurch sich aber ihr Anlagespektrum am Wohnungsmarkt verengt – erst recht in Anbetracht der derzeit rückläufigen Neubautätigkeit.“ Der Markt dürfte sich somit zunehmend zwischen unsanierten und sanierten bzw. neugebauten Immobilien zweiteilen. Neue Phase am Investmentmarkt eingeleitet Im Verlauf des Jahres 2023 erwartet Savills, dass der Wohninvestmentmarkt zwar wieder etwas an Dynamik gewinnt, jedoch bis auf weiteres nicht an das Niveau vor der Zinswende anknüpfen kann. Nemecek kommentiert: „Die Rallye am Wohninvestmentmarkt der letzten Jahre war maßgeblich getrieben von Kapital, das nach Alternativen zu Anleihen suchte. Wohnimmobilien waren vor diesem Hintergrund eine der besten Optionen. Angesichts aufkommender Risiken in Form möglicher zusätzlicher Regulierungen und Unwägbarkeiten bei Bestandsgebäuden erfüllt allerdings nur noch ein Teil des Marktes die Voraussetzungen als Anleihesurrogat. Dadurch dürfte eine neue Phase am Investmentmarkt mit geringeren Transaktionsvolumina und weniger Transaktionen eingeleitet worden sein.“ Grundsätzlich sprechen die sehr guten Fundamentaldaten nach wie vor für Investitionen in den deutschen Wohnungsmarkt, und die in den kommenden Dekaden zu erwartende Sanierungswelle schafft vielfältige Potenziale für Bestandsentwickler. Nemecek blickt voraus: „Sollten sich die Rahmenbedingungen bei Sanierungen dahingehend ändern, dass diese aus Eigentümersicht wieder profitabler werden, gäbe es wieder eine zentrale Story für in- und ausländische Investoren und der Markt könnte erneut eine Investmentrallye erleben. Ob und wann sich die Rahmenbedingungen bei Finanzierungen, Baukosten und vor allem auch bei der Umlegbarkeit der Sanierungskosten zu Gunsten der Eigentümer entwickeln, bleibt abzuwarten. Für opportunistische Akteure, die auf ein solches Szenario setzen, dürfte im Jahr 2023 zumindest genug Produkt am Markt vorhanden sein, um die Umsetzung ihrer Strategie zu starten.“ Alle Daten und Fakten in unserem aktuellen Market in Minutes: Wohnimmobilienmarkt Deutschland
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