VW-Skandal: BGH stärkt Aktionärsrechte

VW Aktionärsrechte

Der Bundesgerichtshof kippt zentrale Hauptversammlungsbeschlüsse im Volkswagen-Dieselskandal. Aktionäre wurden demnach unzureichend informiert. Das Urteil im Prozess gegen VW dürfte Aktionärsrechte nachhaltig stärken.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Zustimmungsbeschlüsse der Volkswagen-Hauptversammlung zu den Haftungsvergleichen mit den ehemaligen Vorständen Martin Winterkorn und Rupert Stadler aus dem Jahr 2021 aufgehoben. Der für Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat sieht in der unzureichenden Information der Aktionäre eine mögliche Verletzung ihrer Rechte.

Besonders schwer wiegt aus Sicht des Gerichts die fehlende Auskunft über die Vermögensverhältnisse der beiden Ex-Manager. Diese seien entscheidend gewesen, um die Begründung von Vorstand und Aufsichtsrat für die Vergleiche nachvollziehen zu können. Tatsächlich war der Vergleich mit den Ex-Vorständen wohl geschlossen worden, ohne überhaupt deren Vermögensverhältnisse zu überprüfen.

Im Kern ging es darum, ob die in den Vergleichen von Winterkorn und Stadler zugesagten Eigenbeiträge tatsächlich der wirtschaftlichen Realität entsprachen. Laut dem Bericht von Vorstand und Aufsichtsrat sollten diese Beiträge einen Teil des Schadens aus dem Dieselskandal ausgleichen. Doch der BGH hält fest, dass ohne genaue Informationen über die finanzielle Lage der Betroffenen keine fundierte Entscheidung der Aktionäre möglich war. 

Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V., die die Klage erhoben hatte, sieht sich bestätigt. SdK Rechtsvorstand Markus Kienle sprach im Zusammenhang mit VW von einem wichtigen Schritt für die Stärkung der Aktionärsrechte. Nur wer umfassend informiert werde, könne über zentrale Fragen wie die Entlastung oder Haftung des Managements sachgerecht entscheiden. Besonders kritisch bewertet Kienle, dass die Eigenbeiträge der früheren Vorstände im Verhältnis zum Gesamtschaden verschwindend gering seien. Ohne genaue Prüfung bleibe die Vorstandshaftung im deutschen Aktienrecht eine reine Farce, so Kienle.

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Fehlende Information in der Einladung

Auch beim sogenannten Deckungsvergleich mit den D&O-Versicherern bemängelte der BGH mangelnde Transparenz. In der Einladung zur Hauptversammlung sei nicht offengelegt worden, dass der Vergleich einen weitreichenden Verzicht auf Ansprüche gegenüber bis zu 170 aktuellen und ehemaligen Organmitgliedern enthalte. Damit, so das Gericht, sei den Aktionären die Möglichkeit genommen worden, sich ein vollständiges Bild über die Tragweite des Beschlusses zu machen.

Für Kienle ist die Entscheidung des BGH ein deutliches Signal. Sie mache klar, dass Transparenz kein optionaler Zusatz, sondern eine zentrale Voraussetzung für funktionierende Aktionärsrechte sei. Der BGH habe, so Kienle, den Aktionären ein Stück Handlungsmacht zurückgegeben. 

Die Kapital Medien GmbH, der Verlag der Finanzzeitschriften AnlegerPlusAnlegerPlus News und AnlegerLand ist eine 100-%-Tochter der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

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