So funktioniert der EU-Emissionshandel – einfach erklärt

Emissionshandel EU

Der Emissionshandel ist ein marktwirtschaftliches Instrument, um klimaschädliche Gase möglichst kostengünstig und punktgenau zu reduzieren. Den Grundstein dazu legte das internationale Klimaschutzabkommen von Kyoto. Inzwischen bewegt der europäische Emissionshandel hohe Geldsummen.

Inhalt

  1. Wie läuft der Emissionshandel ab?
  2. Überschuss an Emissionsberechtigungen
  3. Wie effektiv ist der Emissionshandel?
  4. Noch nicht am Ziel

Wie läuft der Emissionshandel ab?

Mit dem Kyoto-Protokoll, das 2005 in Kraft trat, verpflichteten sich die unterzeichnenden Industriestaaten dazu, ihre jährlichen Treibhausgasemissionen zwischen 2008 und 2012 um durchschnittlich 5,2 % gegenüber den Emissionen im Jahr 1990 zu senken. Die gesamte EU sagte eine Reduktion um 8 % – Deutschland um 21 % – für den gleichen Zeitraum zu. 

Zu diesem Zweck führte die EU ein Emissionshandelssystem (EU-ETS) ein. Eine Obergrenze (Cap) deckelt seitdem den insgesamt erlaubten Ausstoß an klimaschädlichen Gasen emissionshandelspflichtiger Anlagen. Die Mitgliedstaaten teilen einem Teil der Unternehmen aus dem Cap eine begrenzte Anzahl an Emissionsberechtigungen nach europaweit festgelegten Regeln kostenlos zu. 

Diejenigen Unternehmen, die keine kostenlosen Emissionsberechtigungen erhalten oder deren Zuteilung nicht ausreicht, müssen diese in den regelmäßig stattfindenden Auktionen ersteigern oder von anderen Unternehmen, die zu viele Emissionsberechtigungen besitzen, kaufen. Hierdurch bildet sich ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen.

Eine Berechtigung – auch Zertifikat oder EAU (EU-Allowence) genannt – erlaubt, eine Tonne Kohlendioxid-Äquivalent auszustoßen. Emissionen anderer Treibhausgase werden in Kohlendioxid-Äquivalente umgerechnet. Die Auktionen finden vorwiegend an den Energiebörsen in Leipzig (EEX) und London (ICE) statt. Aus dem Angebot und der Nachfrage nach den Rechten bildet sich ein Marktpreis für den Ausstoß von Treibhausgasen.

Die Unternehmen haben also die Wahl, ihre Emissionen zu reduzieren oder eine Emissionsberechtigung zu kaufen. Sie werden sich in der Regel für die kostengünstigste Maßnahme entscheiden. Im Gegensatz zu einer Besteuerung klimaschädlicher Gase kann mit solch einer Obergrenze politisch genau festgelegt werden, wie viel klimaschädliche Gase ausgestoßen werden. 

Mithilfe des EU-Unionsregisters wird über die Einhaltung gewacht und Verstöße inflationsbereinigt (Basis 2012) mit 100 Euro für jedes fehlende Zertifikat sanktioniert. 

Überschuss an Emissionsberechtigungen

In der Pilotphase (2005–2007) wurden die Zertifikate noch kostenlos zugeteilt und nur Kraftwerke sowie einige energieintensive Industrien in das Handelssystem einbezogen. Die Zuteilung basierte weitgehend auf dem bisherigen Emissionsvolumen und nur Kohlendioxid wurde als klimaschädliches Gas berücksichtigt. Seit 2012 ist der Luftverkehr ebenfalls Bestandteil des europäischen Emissionshandels.

Bereits in der zweiten Handelsperiode (2008–2012) stürzten die Preise am Kohlenstoffmarkt regelrecht ab. Ihren Tiefpunkt erreichten sie schließlich zu Beginn der dritten Phase (2013–2020) mit einem Preis von knapp unter 3 Euro. Das hatte mehrere Gründe. Aufgrund der Finanzkrise brachen Produktion und damit die Emissionen ein. Zudem konnten damals noch Anlagenbetreiber in größerem Umfang internationale Projektgutschriften nutzen. Vor allem aber waren die Caps deutlich zu hoch. Daher wurden die Überschüsse an Berechtigungen reduziert. In den ersten beiden Handelsperioden hat jedes Land sein Cap noch selbst festgelegt. Die Summe der nationalen Emissionsobergrenzen bildete das gesamteuropäische Cap.

Wie effektiv ist der Emissionshandel?

Seit der dritten Handelsperiode gelten neben der gemeinsamen Obergrenze erstmals in allen Mitgliedstaaten dieselben Regeln für Zuteilung und Versteigerung von Emissionsberechtigungen. Außerdem gibt es für die Stromerzeugung mit wenigen Ausnahmen nunmehr keine kostenlose Zuteilung mehr. Die Industrie- und Wärmeproduktion dagegen erhält kostenlose Zuteilungen nur noch anhand strenger EU-einheitlicher Benchmarks, die sich an den effizientesten Anlagen orientieren.

Der Anteil der kostenlosen Zuteilungen sollte von 80 % 2013 auf 30 % im Jahr 2020 sinken. Wenn jedoch durch die Kosten des Emissionshandels eine Abwanderungsgefahr ins außereuropäische Ausland droht, kann die Zuteilung weiterhin kostenlos auf Basis der Benchmarks erfolgen. Die EU veröffentlicht daher alle fünf Jahre in der sog. Carbon-Leakage-Liste, welche Industriebranchen diesem Risiko ausgesetzt sind. 

Abgesehen von den 27 EU-Mitgliedstaaten nehmen am europäischen Handelssystem zurzeit noch Norwegen, Island und Lichtenstein teil. Mit dem Schweizer Emissionshandelssystem ist das EU-ETS verlinkt. Seit 2021 betreibt das Vereinigte Königreich ein eigenes nationales Handelssystem. 

Mit jeder Handelsperiode wurde das Handelssystem fortentwickelt, indem beispielsweiseweitere energieintensive Industrieanlagen sowie andere Treibhausgase – wie etwa Lachgas, PFC und Methan – in den Handel einbezogen wurden. Dennoch deckte der europäische Emissionshandel am Ende der dritten Handelsperiode nur etwa 40 % aller europäischen Treibhaushausemissionen ab. 

Ziele beim EU-Emissionshandel

In der Zwischenzeit hat sich außerdem gezeigt, dass die bisherigen Anstrengungen noch nicht genügen. Im Klimaschutzabkommen von Paris vom November 2016 verpflichteten sich annähernd 200 Staaten, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2 – möglichst 1,5 – Grad zu begrenzen. Anstatt wie in Kyoto Emissionsreduktionen für einzelne Länder zu vereinbaren, sollen erstmals alle Staaten Selbstverpflichtungen ausarbeiten und diese alle fünf Jahre ambitionierter fortschreiben. 

Infolgedessen legte die EU zunächst ihr Klimaziel vor, bis zum Jahr 2030 ihre Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 40 % zu reduzieren. Mit Beginn der vierten Handelsperiode hob das neue EU-Klimagesetz das Emissionsreduktionsziel bis 2030 sogar auf mindestens 55 % an. Bis 2050 will die EU dann klimaneutral sein. Um auch die Sektoren Wärme und Verkehr zu erfassen, führte Deutschland 2021 einen nationalen CO2-Emissionshandel ein. Unternehmen, die Heizöl, Erd- und Flüssiggas, Benzin und Diesel auf den Markt bringen, müssen für den Ausstoß der Treibhausgase, den diese Brennstoffe verursachen, Emissionsrechte kaufen. Ab 2023 werden dann auch weitere Brennstoffe wie zum Beispiel Steinkohle oder Braunkohle in den nationalen Emissionshandel einbezogen. Für die Jahre 2021 bis 2025 werden die Emissionszertifikate zunächst zu gesetzlich festgelegten Festpreisen verkauft. 2021 lag der Preis bei 25,00 Euro/t CO2. Er erhöht sich jährlich, bis er 2025 schließlich 55,00 Euro/t erreichen wird. Erst danach startet auch im nationalen Emissionshandel das Auktionsverfahren – allerdings zunächst in einem Preiskorridor von 55 bis 65 Euro pro Zertifikat. 

Inzwischen schlug auch die EU-Kommission die Einführung eines europaweiten Emissionshandels für Gebäude und Verkehr ab 2026 vor. Er soll langfristig in den bestehenden EU-ETS integriert werden. 

Der Handel mit Emissionsberechtigungen bewegt mittlerweile hohe Geldsummen. Laut Umweltbundesamt erzielte der Bund 2021 durch den europäischen Emissionshandel Auktionserlöse in Höhe von 5,3 Mrd. Euro. Hinzu kommen noch mal rund 7,2 Mrd. Euro im Rahmen des neuen nationalen Emissionshandels. 2021 kostete ein Zertifikat im Durchschnitt 52,50 Euro. Im Dezember 2021 wurde sogar ein Preis von 82,25 Euro erzielt. 

Die Einnahmen flossen in den Energie- und Klimafonds. Mittel daraus wurden unter anderem zur Absenkung der EEG-Umlage verwendet. Wenn die Zustimmung zu den klimapolitischen Maßnahmen nicht bröckeln soll, müssen die sozialen Ausgleichsmaßnahmen stimmen.

Dieser Artikel erschien in der AnlegerPlus Ausgabe 2/2022.

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