Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bei ihrer letzten Sitzung zum wiederholten Mal den Leitzins auf nun 3,5 % erhöht. Vor einem Jahr lag er noch bei 0 %. Das bedeutet, dass für Verbraucher ebenfalls die Zinsen steigen, sowohl in der Geldanlage als auch bei Krediten. Wir zeigen anhand von Beispielen auf, wie sich die Zinserhöhungen konkret auswirken.
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Festgeld
Wer vor rund einem Jahr beispielsweise 10.000 Euro Festgeld für ein Jahr anlegen wollte, erhielt dafür gerade einmal 0,3 % Zinsen, wenn er das lukrativste Angebot wählte. Binnen zwölf Monaten hat sich der Zinssatz verzehnfacht auf bis zu 3,0 %. Wer für einen längeren Zeitraum Festgeld anlegen möchte, kann dafür sogar bis zu 3,5 % p. a. bei einer Laufzeit von zehn Jahren erhalten. Vergleichsportale wie biallo.de informieren über die aktuellen Angebote.
Tagesgeld
Eine ähnliche Entwicklung wie bei Festgeld ist bei Tagesgeldkonten zu beobachten. Anders als beim Festgeld, das während des ausgewählten Anlagezeitraums im Allgemeinen nicht verfügbar ist, kann auf Tagesgeld flexibel zugegriffen werden. Im ersten Quartal 2022 gab es hier maximal 0,1 % an Zinsen bei flexibler Laufzeit. Einige Anbieter werben hier nun ebenfalls mit Zinssätzen von bis zu 3 %. Allerdings handelt es sich dabei um Lockangebote, die nur für wenige Monate gelten. Danach sinkt der Zinssatz meist deutlich.
Ohne zeitliche Beschränkung liegen die höchsten Zinssätze bei Tagesgeldkonten mit deutscher Einlagensicherung derzeit bei 1,5 %. Anleger sollten dabei darauf achten, ob beim Tagesgeld die Zinszahlungen monatlich, quartalsweise oder jährlich erfolgen. Das wird von den Anbietern unterschiedlich gehandhabt.
Für die Rendite macht das einen Unterschied, wenn die monatlich oder quartalsweise ausgezahlten Zinsen auf dem Sparkonto verbleiben. Beim nächsten Zinslauf werden die zuvor erhalten Zinsen dann nämlich ebenfalls verzinst, das ist der sogenannte Zinseszinseffekt. Und dieser führt dazu, dass der effektive Sparzins tatsächlich höher liegt als der nominale. Bei gleichem nominalem Zinssatz von z. B. 1,5 % jährlich bringt eine monatliche oder quartalsweise Auszahlung der Zinsen (sofern sie wieder angelegt werden) also tatsächlich eine höhere jährliche Verzinsung auf das Startkapital zu Beginn des Jahres.
So erfreulich die Zinsentwicklung für Fest- und Tagesgeldanleger auf den ersten Blick scheint – es handelt sich bei den Angaben um Nominalzinsen. Die Realzinsen, bei denen die derzeit hohe Inflation eingerechnet ist, liegen weiterhin deutlich im negativen Bereich. Wer also Fest- oder Tagesgeld anlegt, erleidet weiterhin einen realen Wertverlust, der nur eben um einige Prozentpunkte geringer ausfällt, als wenn das Geld daheim oder auf dem Girokonto liegt.
Baufinanzierung
Die Inflation trifft nicht nur Sparer hart, sondern beispielsweise auch Häuslebauer und Immobilienkäufer. Denn neben den Bau- sind die Finanzierungskosten aufgrund erheblich höherer Zinsen ebenfalls deutlich gestiegen. Ein Beispiel: Wer Anfang 2022 für zehn Jahre einen Baukredit über 200.000 Euro bei einer Beleihung von 60 % und einer Tilgung von 3 % aufnahm, kam beim günstigsten Angebot auf eine monatliche Rate von 600 Euro. Heute wären es bei den gleichen Voraussetzungen (Laufzeit, Höhe, Beleihung und Tilgung) wegen der gestiegenen Zinsen bereits in jedem Fall über 1.000 Euro.
Die günstigsten Angebote für Fest- und Tagesgeld sowie Baukredite sind jeweils in der aktuellen Ausgabe von AnlegerPlus zu finden.
Ratenkredit
Was für Baukredite gilt, betrifft Konsumentenkredite mit kürzerer Laufzeit natürlich genauso. Die Zinsen für ein Bankdarlehen über 60 Monate lagen im Januar 2022 noch bei durchschnittlich 3,7 %. Inzwischen sind es nach Daten der FMH Finanzberatung 6,6 % im Durchschnitt. Zwischen den einzelnen Anbieter bestehen durchaus große Unterschiede. Eine Recherche auf einem Vergleichsportal könnte sich also lohnen.
Dispo-Zinsen
Geld auf dem Girokonto bringt keine Zinsen, sondern lediglich den Wertverlust durch die hohe Inflation. Es sollten also nicht zu hohe Beträge dort nutzlos herumliegen. Wenn das Konto ins Minus gerät, kann es allerdings richtig teuer werden. Vermutlich hat jeder Kontoinhaber in den letzten Monaten Post von seiner Bank bekommen, dass die Dispozinsen erhöht worden sind. Der Durchschnitt liegt laut FMH derzeit bei fast 11 %.
Einlagensicherung
Was passiert eigentlich mit den Einlagen auf Giro-, Festgeld- und Tagesgeldkonten, wenn die jeweilige Bank pleitegeht? Dann kommt die europäische Einlagensicherung ins Spiel. Gesetzlich garantiert sind Einlagen in Höhe von 100.000 Euro pro Sparer und Bank. Ein erhöhter Schutzumfang von bis zu 500.000 Euro für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten nach Gutschrift der Beträge besteht für besonders schutzwürdige Einlagen. Dies sind z. B. Einlagen, die aus dem Verkauf einer Privatimmobilie resultieren oder aufgrund sozialrechtlicher Ansprüche ausgezahlt werden.
Über diesen gesetzlichen Anspruch hinaus sorgen Fonds der Bankenverbände in Deutschland für eine freiwillige Sicherung von Einlagen über der gesetzlichen Grenze von 100.000 Euro. Beim Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken gilt eine Sicherungsgrenze von 750.000 Euro pro Institut und Einleger.
Entscheidend für die Höhe der Einlagensicherung ist der Sitz der Bank. Die gesetzliche Grenze basiert auf einer EU-Richtlinie, gilt also für Banken mit Sitz in der Europäischen Union. Die zusätzlichen und freiwilligen Garantieren der Bankenverbände beziehen sich wiederum auf deutsche Institute. Wie wichtig diese Details sein können, mussten 2008 deutsche Kunden der isländischen Kaupthing Bank erfahren. Der Inselstaat gehört nicht zu EU. Die Einlagensicherung in Island garantierte lediglich Guthaben von bis zu umgerechnet knapp 21.000 Euro. Zudem sah es zwischenzeitlich so aus, als sollten lediglich Isländer davon profitieren.
Letztendlich erhielten alle einheimischen und internationalen Anleger ihre Einlagen in voller Höhe zurück, wenn auch teilweise mit Verzögerung. Das Beispiel zeigt jedoch, wie schnell vermeintlich sichere Guthaben weg sein können.
Neben der Herkunft der Bank ist hinsichtlich der Einlagensicherung noch ein weiterer Aspekt zu berücksichtigen: die Konzernstruktur. Denn häufig ist nur die Konzernmutter Mitglied im Einlagensicherungsfonds. Die Postbank beispielsweise ist inzwischen nur noch eine Marke der Deutschen Bank. Im Insolvenzfall würde die EU-Einlagensicherung pro Kunde nur für bis zu 100.000 Euro im gesamten Konzern greifen, also für Einlagen bei Deutscher Bank und Postbank zusammen.
Das Fachportal Finanztip hat auf ihrer Webseite weitere Beispiele für Anbieter, die bei der Einlagensicherung zusammengezählt würden, aufgeführt.
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