Von Jonas Liegl, Portfoliomanager Small & Mid Caps Europa bei Lupus alpha
Private-Equity-Fonds versprechen mit ihrem häufig ausgeprägten Fremdkapitalhebel hohe Renditen. Doch bei gestiegenen Zinsen bieten börsengehandelte Micro Caps ein vergleichbares Potenzial. Hinzu kommen mehr Transparenz und höhere Liquidität. In der neuen Zinswelt sind sie das bessere Private Equity.
Unternehmen in der Expansionsphase sind ein beliebtes Segment bei Private-Equity-Fonds (PE-Fonds): Sie sind mit geringerem Risiko verbunden als Venture Capital. Und verglichen mit Buy-outs etablierter Unternehmen bieten sie ein höheres Renditepotenzial. Dieses Potenzial liegt sehr oft auch im Kredithebel: Viele PE-Fonds finanzieren ihre Unternehmenskäufe zu einem großen Teil mit Fremdkapital und belasten damit die gekauften Unternehmen. So erhöhen sie ihre Eigenkapitalrendite. Über mehr als ein Jahrzehnt spielte der Zins in dieser Rechnung praktisch keine Rolle, was diese Fonds noch einmal attraktiver machte. Doch seit der Zinswende hat Geld wieder einen Preis. Wenn die Zinslast ihrer Portfoliounternehmen steigt, drückt das die Rendite der PE-Fonds. Jetzt lenken ihre Nachteile den Blick auf Alternativen.
Man findet sie in börsennotierten, jungen, wachstumsstarken Unternehmen, vor allem aber im Segment der Micro Caps. An den Börsen Europas werden etwa 2.000 dieser Werte mit einer Marktkapitalisierung von 50 Mio. bis zu 1 Mrd. Euro gehandelt. In ihrem Universum finden sich zahlreiche Unternehmen, die über ausreichend Liquidität an der Börse verfügen und teilweise einen steilen Wachstumspfad eingeschlagen haben. Die gute Bilanzrelationen vorweisen, hohe Kapitalrenditen und eine gute Unternehmensführung. Und die sich weitgehend unter dem Radar der meisten Analysten bewegen. Ihr großes Potenzial wird vom breiten Markt noch gar nicht erkannt. Für den fundamental arbeitenden Stockpicker hingegen ergibt sich die Chance, auf direktem Weg früh in gute Wachstumswerte zu investieren.
Unschöne Überraschungen inklusive
Unbestritten: Mit den besten PE-Fonds werden Investoren auch weiterhin gute Renditen erzielen. Nur ist der Zugang zu diesen Anbietern, die ihrerseits Zugang zu den besten Unternehmensdeals haben, begrenzt. Die wenigsten Privatanleger können sich an diesen Fonds beteiligen. Dem großen Rest bleiben die übrigen Anbieter mit ihren weniger aussichtsreichen Unternehmensportfolios. Außerdem: Für die Mindestanlage in PE-Fonds werden sehr hohe Beträge aufgerufen, die teils über Jahre – sicher und damit niedrigverzinst – geparkt werden müssen, bis sie zwecks Unternehmenskauf vom PE-Fonds abgerufen werden. Zu Micro Caps und entsprechenden Fonds hat jeder Investor börsentäglich Zugang. Und während sich der Micro-Cap-Investor jederzeit von seiner Aktie trennen kann, ist ein PE-Investment über sieben oder acht Jahre gebunden. Spätestens beim Verkauf kann das für unschöne Überraschungen sorgen.
Die börsentägliche Bewertungstransparenz sorgt bei Micro Caps natürlich dafür, dass der Investor ihre höhere Volatilität aushalten muss. Außerdem sind diese Werte in fallenden Märkten überdurchschnittlich von Kursverlusten betroffen. Auch die starken Kursrückgänge 2022 haben ihre Bewertungen auf deutlich tiefere Niveaus fallen lassen. Dieses Jahr hinken sie den Large Caps bislang noch hinterher. Einen solchen Rückstand holen Micro Caps aller Erfahrung nach früher oder später auf. Für langfristige Investoren eine gute Gelegenheit, über dieses Segment einmal nachzudenken.
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