Zinswende: EZB senkt erstmals seit Jahren die Leitzinsen

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Die Europäische Zentralbank hat entschieden, die Leitzinsen um 25 Basispunkte zu senken. Nach fast fünf Jahren ohne Senkung haben die europäischen Währungshüter damit die Zinswende eingeläutet. 

Im Gegensatz zu ihrem amerikanischen Pendant hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag einen Kurswechsel vollzogen und die Zinsen gesenkt. Diese Entscheidung teilte die Notenbank im Anschluss an die Sitzung des EZB-Rates in Frankfurt am Main mit. Es ist die erste Anpassung nach unten seit fast fünf Jahren.  

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Der für den Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Banken erhalten, wenn sie Geld bei der EZB parken, liegt jetzt bei 3,75 % nach bisher 4,00 %. Der Zins, zu dem sich Kreditinstitute neues Geld bei der Zentralbank besorgen können, sinkt von 4,5 % auf 4,25 %. 

EZB korrigiert Inflationserwartung

Die Präsidentin der Zentralbank, Christine Lagarde, und ihre Ökonomen erwarten für 2024 nun eine Teuerungsrate von 2,5 %. Im März waren sie nur von 2,3 % ausgegangen.  Auch für das kommende Jahr erhöhten die Notenbanker ihre Prognose: Statt einer Inflation von 2,0 erwarten sie jetzt 2,2 %.  Für 2026 rechnen sie nach wie vor mit 1,9 %. Die EZB wäre damit auf Kurs, ihr Inflationsziel von 2,0 % zu erreichen

Experten begrüßen EZB-Entscheidung

Verschiedene Experten reagierten wohlwollend auf die Entscheidung in Frankfurt, darunter auch Prof. Dr. Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel: „Die Senkung des Leitzinses läutet die Zinswende in Europa ein und stellt damit auch die Weichen für die konjunkturelle Erholung der deutschen Wirtschaft“, schrieb er in einem Kommentar. „Anders als in der Vergangenheit ist zur Zeit vor allem die deutsche Wirtschaft auf niedrigere Zinsen angewiesen, während andere Euroländer mit dem bisherigen Zinsniveau besser zurechtgekommen sind.“ Weitere Zinsschritte seien im zweiten Halbjahr zu erwarten, da der geldpolitische Kurs der EZB laut Schularick auch nach der Zinssenkung restriktiv sein dürfte.

Skeptischer zeigte sich Dr. Markus Demary, Senior Economist für Geldpolitik und Finanzmarktökonomik beim Institut der deutschen Wirtschaft: Die Inflation sei zurückgegangen, weil der Kostendruck, den die Unternehmen bewältigen müssten, nicht mehr so hoch sei, denn Energie sei wieder bezahlbar. Doch andere Indikatoren, die man zur Prognose der Inflation nutze, zeigten keine weitere Entspannung. „Die Leitzinssenkung ist daher mit Vorsicht zu genießen, in jedem Fall sollte die EZB in kleinen Schritten vorgehen.“

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