Wahlprogramme: Ideen für Aktienrente und kapitalmarktorientierte Lösungen zur Altersvorsorge fehlen

Wahlprogramme

Von Robert Peres, Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre

Dass die anstehende Bundestagswahl am 23. Februar extrem wichtig für die künftige Entwicklung in Deutschland ist, betonen nicht nur die wahlwerbenden Parteien, sondern auch viele Beobachter im In- und Ausland. Die Wahlprogramme der Parteien lassen jedoch diesbezüglich viel zu wünschen übrig. Die Parteien lassen Ideen für Aktienrente und kapitalmarktorientierte Lösungen zur Altersvorsorge außen vor.

Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlichen Abwärtsbewegung, die auch seit dem Auseinanderbrechen der Ampel nicht gestoppt wurde. Wachstumsimpulse werden schmerzlich vermisst, auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie etwa die alternde Gesellschaft gibt es nach wie vor keine befriedigenden Antworten und Konzepte. Neben einer aktiven Wachstumspolitik hat daher vor allem eine grundlegende Reform der Altersvorsorge und eine spürbare Stärkung des Kapitalmarktes höchste Priorität. Doch aus Sicht der Aktionäre fällt die Analyse der Wahlprogramme im Hinblick auf Altersvorsorge, Aktienkultur und Vermögensaufbau ernüchternd aus. Offenbar trauen sich die Politiker erneut nicht an diese Themen heran, sie wirken auf die Volksvertreter quasi toxisch. Der Grund liegt auf der Hand: 40 % der Wähler sind über 60 Jahre alt. Jeder geplante Abzug oder jede Verschiebung des Rentenalters würde zu massiven Stimmverlusten führen.

SPD bleibt Erklärungen schuldig

Deshalb führt die SPD denn auch die alte Blüm-Maxime „Die Rente ist sicher“ fort, indem sie langfristig das Rentenniveau auf 48 % festschreiben will. Eine Erklärung, wie das finanziert werden soll, bleiben Olaf Scholz und Hubertus Heil schuldig. Da die SPD eine Lockerung der Schuldenbremse anstrebt, läuft es wohl darauf hinaus, dass die Rentenkasse weiter massiv bezuschusst werden soll – auf Kosten der jüngeren, arbeitenden Bevölkerung. Gleichzeitig wird von Experten eine Steigerung der Beiträge über 22 % erwartet. Generationengerecht ist das nicht. Das Wirtschaftswachstum möchten die Sozialdemokraten mit Investitionen in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur ankurbeln. Realisiert werden soll dieses Vorhaben über einen „Deutschlandfonds“, der staatliches und privates Kapital bündelt und zunächst 100 Mrd. Euro umfassen soll. Wie das Ganze konkret aussehen soll, dazu ist bei den Sozialdemokraten nichts zu lesen.

CDU/CSU: Nichts zur Verbesserung der Aktienkultur

Die derzeit in den Umfragen führende Union hat neben ihrem Wahlprogramm eine „Agenda 2030“ vorgelegt, mit der sie die Wirtschaft ankurbeln und wieder für das notwendige Wachstum in Deutschland sorgen will. Leider findet sich in beiden Unterlagen der CDU als auch der CSU nichts über die Rechte von Aktionären oder die Verbesserung der Aktienkultur. Für Kinder bzw. Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren plant die Union zwar eine „Frühstart-Rente“ – ein privatwirtschaftlich organisiertes Depot, in das zunächst der Staat Geld einzahlt. Angelehnt an das „Kinderstartgeld“, welches vom Sachverständigenrat vorgeschlagen wurde, sollen Minderjährige ab sechs Jahren pro Monat 10 Euro bekommen, um diese in Wertpapieren anzulegen. Diese Idee ist grundsätzlich nicht schlecht, ermutigt sie junge Menschen doch früh, den Umgang mit Aktien zu lernen. Ein Beitrag zu Lösung des demografischen Problems der umlagefinanzierten Rente ist dieses Vorhaben allerdings nicht.

Lediglich FDP hält an Plänen zur Aktienrente fest

Lediglich die FDP erneuert in ihrem Programm ihre bereits in der Ampelregierung vorgetragenen Pläne zur Einführung einer gesetzlichen Aktienrente nach schwedischem Vorbild, welche von vielen Experten als dringend notwendig erachtet wird. Daneben soll auch die private Altersvorsorge über die Einführung eines sogenannten Altersvorsorgedepots nach Vorbild des amerikanischen 401k-Depots gestärkt werden. Dieses Depot sollte steuerlich gefördert sein und den langfristigen Vermögensaufbau für die Altersvorsorge ermöglichen – auch für alle Selbstständigen.

Im Wahlprogramm der FDP steht: „Wir Freie Demokraten wollen Deutschland von einem Land der Sparer zu einem Land der Aktionäre machen. Dazu bedarf es einer Kultur des langfristigen Investierens. Wir wollen eine nationale Finanzbildungsstrategie, um die finanzielle Bildung in der Breite der Gesellschaft zu verbessern, beispielsweise durch ein bundesweites Pflichtfach an allgemeinbildenden Schulen.“ Das sollte unbedingt umgesetzt werden. Gerade die mangelnde Finanzbildung in Deutschland verhindert eine vernünftige und in der Breite eigenständige Vermögensplanung in unserem Land. Auch steuerliche Verbesserungen sind wichtig, um die eigene Vorsorge zu ermöglichen. Als Maßnahmen nennen die Freien Demokraten etwa die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist bei der Veräußerung von Wertpapieren.

Bündnis 90/Die Grünen können drängende Probleme nicht sinnvoll angehen

Auch die Grünen, angeführt von Kanzlerkandidat Robert Habeck, möchten einen sogenannten „Deutschlandfonds“ einrichten, der dem „Investitionsstau im dreistelligen Milliardenbereich“ begegnen soll. Er soll Bund, Länder und Kommunen im Bereich Infrastruktur unterstützen, keine laufenden Ausgaben decken. Die Schuldenbremse wollen die Grünen „sinnvoll modernisieren“. Dieses Vorhaben ist also deckungsgleich mit der SPD, außer dass die Gelder des Staates nach Nachhaltigkeitskriterien angelegt werden sollen. Zum Thema Altersvorsorge findet sich im grünen Wahlprogramm, dass Menschen, die über die Regelaltersgrenze hinaus erwerbstätig sein wollen, „Anreize für längeres Arbeiten“ geboten werden sollen. Als „ersten Schritt auf dem Weg zu einer Bürgerversicherung“ sollen auch Abgeordnete und perspektivisch Beamte in die gesetzliche Rente einzahlen. Auch hier handelt es sich um reine Absichtserklärungen. Wie sollen eine solche Bürgerversicherung oder ein solcher Bürgerfonds aussehen? Werden Rentenbeiträge dort eingezahlt? Können die Rentner über ein Vermögen verfügen? Wird die Staatskasse entlastet? Diese Punkte werden im Wahlprogramm nicht adressiert.

AfD und BSW folgen Beispiel Österreichs

Die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) legen ebenfalls Pläne zur Reform der Rente vor. Beide orientieren sich am österreichischen System, wo auch Beamte, Freiberufler und Politiker in die Rentenkasse einzahlen. Das BSW will das Rentenniveau auf etwa 53 % anheben, die AfD gar auf 70 %. Rosige Zeiten also für Boomer. Die zusätzlichen Belastungen sollen durch höhere Bundeszuschüsse ausgeglichen werden, und damit, dass versicherungsfremde Leistungen nicht mehr entnommen werden sollen. Das macht rechnerisch allerdings wenig Sinn, denn die Belastung der Arbeitnehmer wird trotzdem extrem ansteigen. Zumal das BSW eine Mindestrente von bis zu 1.500 Euro anstrebt. Wer soll das bezahlen?

Der große Unterschied zwischen der AfD und dem BSW wird bei der Einbeziehung des Kapitalmarkts deutlich: Ähnlich wie die FDP will die AfD ein gefördertes Aktiendepot à la USA einführen, das zusammen mit den Arbeitgebern vermögenswirksame Leistungen vor Besteuerung anlegen lässt. Darüber hinaus schlägt die AfD vor, für jedes neugeborene (deutsche) Kind einen Fondssparplan für die Altersvorsorge einzurichten, quasi als Startkapital. Hier ist von einer Gesamtförderung von über 21.000 Euro die Rede bis zum 18. Lebensjahr. Gänzlich ablehnend gegenüber einer Aktienrente ist das BSW. Für Sahra Wagenknecht soll es keine „Casino-Rente“ geben.

Solide Finanzierung der Altersvorsorge nicht ohne Aktien oder ETFs

Die meisten Experten sind sich aber einig, dass eine solide Finanzierung der Altersvorsorge für die Deutschen nicht ohne Aktien oder ETFs gehen kann. Es ist aufgrund der demografischen Situation notwendig, direkt nach der Regierungsbildung im Frühjahr einen spürbaren Richtungswechsel hin zu mehr staatlich gefördertem Vermögensaufbau sowie deutlich besseren Rahmenbedingen für die private Vorsorge einzuleiten. Die Ideen in den Wahlprogrammen deuten nicht energisch genug in diese Richtung.

Einzig die FDP hat durchdachte und gut finanzierte Vorschläge vorgelegt. Ob sie diese dann auch in Regierungsverantwortung umsetzen darf, scheint derzeit fraglich. Fakt ist: Nicht alles wird sich durch wirtschaftliches Wachstum lösen lassen. Notwendig ist eine spürbare Hinwendung zum Kapitalmarkt. Nicht nur durch die private Hand, sondern auch parallel über den Einbezug einer Aktienrente in das gesetzliche System. Dieses in anderen Ländern erfolgreiche Vorgehen wird jedoch hier vom linken Spektrum und den Gewerkschaften abgelehnt. Die Politik muss endlich handeln. Und zwar möglichst rasch und konsequent – unabhängig davon, wer letztlich regieren wird.

Zum Autor

Robert Peres ist Rechtsanwalt mit Sitz in Berlin und Wiesbaden sowie Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre, die sich für die Stärkung der Aktionärsrechte in Deutschland einsetzt. 

Robert Peres
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