Nach dem Verlust eines milliardenschweren Fregattenauftrags in Norwegen stehen für die Marinesparte von thyssenkrupp dennoch wichtige Entscheidungen an. Mit Kanada und Indien befinden sich gleich zwei Länder in konkreten Gesprächen über neue U-Boot-Deals – ein möglicher Milliardenimpuls für das geplante IPO der Sparte. Die thyssenkrupp-Aktie reagierte zuletzt positiv.
Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) bleibt im Gespräch, auch wenn das Unternehmen bei einem prominenten Großauftrag leer ausging. Die norwegische Regierung hat sich entschieden, ihre künftigen Fregatten beim britischen Rüstungskonzern BAE Systems zu bestellen. Die britischen Typ-26-Schiffe sollen ab 2030 geliefert werden und sind speziell für die U-Boot-Bekämpfung ausgelegt. In diesem Bereich hatte auch TKMS eine Variante der deutschen F127 ins Spiel gebracht hatte.
Doch wie aus Oslo zu hören ist, war der deutsche Konzern nicht Teil einer formellen Ausschreibung. Zwar gab es vorbereitende Gespräche, unter anderem unter Einbindung der deutschen Regierung und mit dem norwegischen Unternehmen Ulstein Verft sowie Kongsberg Defence & Aerospace als potenzielle Partner, letztlich aber sei kein offizielles Angebot abgegeben worden. TKMS sieht durch die Entscheidung deshalb keine strategischen oder finanziellen Auswirkungen auf die eigene Entwicklung. Der bestehende U-Boot-Auftrag aus Norwegen – sechs Einheiten der Klasse 212CD, davon vier für Norwegen – bleibt unberührt.
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Kanada und Indien als mögliche Kunden
Während die Fregattenentscheidung in Norwegen als Rückschlag gewertet werden kann, könnten sich für TKMS andernorts neue Türen öffnen. Im Rahmen des kanadischen „Canadian Patrol Submarine Project“ (CPSP) prüft das Land derzeit den Kauf von acht bis zwölf nicht-nuklearen U-Booten. Wie Premierminister Mark Carney bei einem Besuch in Berlin bestätigte, gehört das von TKMS angebotene Modell 212CD zur finalen Auswahl. Carney besuchte im August auch die TKMS-Werft in Kiel.
Auch in Indien deutet sich ein Großauftrag an. Medienberichten zufolge hat das Verteidigungsministerium die Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit dem Joint Venture aus TKMS und der indischen Werft Mazagon Dock Shipbuilders Ltd. (MDL) freigegeben. Ziel ist die Lieferung von sechs konventionellen U-Booten vom Typ 214IN mit außenluftunabhängigem Antrieb (AIP). Das Angebot ist Teil des „Project-75 India“ zur Modernisierung der indischen U-Boot-Flotte.
Börsengang als möglicher Kurstreiber für die thyssenkrupp-Aktie
Der Mutterkonzern thyssenkrupp treibt parallel die Abspaltung der Marinesparte voran. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung Mitte August wurde beschlossen, 49 % von TKMS an die Börse zu bringen. Die laufenden Verhandlungen mit Kanada und Indien könnten dabei nicht nur die Bewertung der Sparte beeinflussen, sondern auch den Zeitpunkt des Börsengangs.
Die thyssenkrupp-Aktie hatte von den Abspaltungsplänen in den letzten Wochen profitiert. Notierte sie Ende 2024 noch bei rund 3 Euro, kletterte sie wieder über 9 Euro. Sollte es weitere Rückschläge bei den Großaufträgen geben, könnten das das Papier erneut unter Druck setzen.
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