Aufschwung geht in die zweite Runde

Carsten Klude

Carsten Klude

2021 war sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch für Aktienanleger ein erfreuliches Jahr. Das Nachsehen hatten dagegen Investoren, die auf Zinspapiere gesetzt haben, vor allem bei Staatsanleihen kam es zu deutlichen Kursverlusten. Was bringt 2022?

Die gute Nachricht vorneweg: Der globale Aufschwung setzt sich 2022 fort. Allerdings bleibt es wohl zunächst bei einer sehr heterogenen Entwicklung, die sehr stark von den weiteren Coronazahlen beeinflusst wird. Der deutliche Anstieg der Neuerkrankungen bei uns in Deutschland und in anderen europäischen Ländern wird sich in der nächsten Zeit wieder negativ auf die Wirtschaft auswirken. Wir gehen aber davon aus, dass es weder in Europa noch in den USA zu flächendeckenden Lockdownmaßnahmen kommen wird.

USA

Von den USA gingen in diesem Jahr die stärksten Impulse für das globale Wirtschaftswachstum aus, dies wird 2022 so bleiben. Die Wachstumsrate wird sich allerdings von 5,5 auf knapp vier Prozent verlangsamen. Nicht nur der US-Konsum wird im nächsten Jahr nochmals stark zulegen, auch die US-amerikanischen Unternehmen werden ihre Investitionsausgaben steigern, um zusätzliche Produktionskapazitäten zu schaffen.

Eurozone

Die Eurozone ist 2021 mit einer Rate von gut fünf Prozent und damit sehr stark gewachsen. Frankreich und Italien erreichen beispielsweise Wachstumsraten von mehr als sechs Prozent, die Niederlande, Portugal und Spanien von jeweils gut vier Prozent. 2022 wird das Wachstum nur etwas schwächer ausfallen, weil dann auch von der größten Volkswirtschaft der Eurozone, nämlich Deutschland, mehr Wachstumsimpulse ausgehen als in diesem Jahr.

Aufgrund der anhaltend positiven Entwicklung an den Arbeitsmärkten werden vom privaten Verbrauch die stärksten Wachstumsimpulse ausgehen. Rückenwind kommt nach wie vor von der expansiven Geldpolitik der EZB sowie von der Fiskalpolitik.

Deutschland

Nachdem der konjunkturelle Aufschwung in Deutschland in diesem Jahr deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb, gehen wir davon aus, dass es 2022 besser laufen wird. Die deutsche Wirtschaft mit ihrem starken Fokus auf das verarbeitende Gewerbe und den Export leidet überdurchschnittlich stark unter den globalen Lieferkettenproblemen, fehlenden Speicherchips, hohen Transport- und Rohstoffkosten sowie fehlenden Vorleistungsgütern.

Für 2022 rechnen wir damit, dass es zu einer Normalisierung auf all diesen Problemfeldern kommt. Da die deutschen Unternehmen über rekordhohe Auftragsbestände verfügen, könnte dies zu einem kräftigen Wachstumsschub bei der Industrieproduktion und den Exporten führen. Wir erwarten deshalb ein Wirtschaftswachstum von etwas mehr als vier Prozent. Da die deutsche Wirtschaft aber aufgrund vergleichsweise hoher Lohnsteigerungen in den vergangenen Jahren an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat, wird sich das Wachstum in den Folgejahren wohl deutlich abschwächen – und auch unter dem Durchschnitt der übrigen Eurozonenländer liegen.

Börse

Für den deutschen Aktienmarkt müssen diese Erkenntnisse nicht automatisch etwas Negatives bedeuten. Wer noch die DAX-Entwicklung in den 1990er-Jahren vor Augen hat, weiß, dass deutsche Aktien auch bei schwierigen heimischen Wirtschaftsbedingungen eine ausgezeichnete Entwicklung aufweisen können, da die meisten Unternehmen einen großen Anteil ihrer Umsätze und Gewinne im Ausland erzielen. Von daher sind wir optimistisch, dass der DAX im nächsten Jahr an seinen positiven Trend anknüpfen und angesichts vermutlich zu niedriger Erwartungen für die Unternehmensgewinne Kurs Richtung 18.000 Punkte nehmen wird.

Am Rentenmarkt müssen sich Anleger dagegen auf weitere Kursverluste bei Staatsanleihen einstellen. Zwar wird die Europäische Zentralbank den Leitzins nicht antasten, in den USA dürfte es dagegen im zweiten Halbjahr zu einer leichten Straffung der Geldpolitik kommen.

Foto: © BNP Paribas Asset Management

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