Im März 2023 liefen Schockwellen durch das globale Finanzsystem. Erst gingen kalifornische Regional- und Kryptobanken unter, dann die Credit Suisse. Steht die nächste Bankenkrise vor der Tür?
Jahrelang haben die Banken über immer enger werdende Zinsmargen geklagt. Börsenexperten wurden deshalb nicht müde, auf die Chancen bei steigendem Zinsniveau hinzuweisen. Und theoretisch sollte es so sein. Deshalb waren in vergangenen Zinszyklen Banken nach Zinswenden stets Ziel der Sektorenrotation. Doch die Zyklen waren früher kürzer. Scheinbar hatten Banker nach der langen Tiefzinsphase Zinsänderungsrisiken nicht mehr auf dem Radar.
Die Silicon Valley Bank hatte von den bedienten Tech-Unternehmen mehr Einlagen als Gelegenheit, Kredite zu vergeben. Das überschüssige Kapital wurde in „risikolose“ Staatstitel gesteckt. Als sich die Anleiherenditen in den USA 2022 jedoch mehr als verdoppelten, häuften sich die Kursverluste der Bonds. Das „smart money“ zog die Einlagen ab, der Kurs purzelte, das Ende war da. Die beiden anderen US-Banken waren in die Kryptowirtschaft als 24/7-Service-Unternehmen fest integriert. Nachdem die Luft aus der Bitcoinblase entwichen war, kam das Aus.
The West is the Best!
Das Debakel bei der Credit Suisse (CS) ist dagegen eine andere Geschichte. Das Institut zählte zu den 30 systemrelevanten globalen Banken. Die Malaise ist beispiellos. Seit 2008 verlor die Aktie 99 %. Keine Marktmanipulation, kein Geldwäsche- oder Steuerhinterziehungsskandal ohne die CS, sogar die Organmitglieder spionierten sich gegenseitig aus. Die Kunden gingen, die Mitarbeiter ebenfalls. Bevor es zur völligen Implosion kam, agierten Staat, Aufsichtsbehörden, Nationalbank und UBS, um einen Schlusspunkt zu setzen.
Lehrreich ist, dass die Zinswende wie schon immer die Schwachstellen der vorherigen Hausse bloßlegt. Die Fehlallokationen auf Basis der Annahme dauerhaft niedriger Zinsen platzen dann wie Seifenblasen. Typischerweise werden eher spekulative Sektoren wie die Kryptowirtschaft oder stark fremdfinanzierte Immobilien nun als erste einer Marktbereinigung unterworfen. Das Hypothekengeschäft gilt zwar als sicher. Bei schnell und tief fallenden Immobilienpreisen wie in Schweden oder England und zu hohen Beleihungsquoten wie in Deutschland kann sich ein steigendes Zinsniveau aber schnell zum Desaster entwickeln.
Im Gegensatz zu amerikanischen Großbanken weisen die europäischen Pendants schwache Eigenkapitalquoten auf. In der Krise helfen den Aktionären wohl auch hohe Dividendenrenditen wie 8,1 % bei der finnischen Nordea nicht. Bankenkrisen zeigen immer wieder, dass nur große, gesunde und starke Vertreter die Gewinner sind. Die Risiken in Amerika erscheinen weit geringer und die Banken sind größer und stärker. Zudem ist der Kontinent weit von den geopolitischen Konfliktzonen entfernt.
Dieser Artikel stammt aus der AnlegerPlus-Ausgabe 4/2023.
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