Aufgrund der hohen Abhängigkeit Europas von russischem Gas, Öl und Uran ist die Versorgungssicherheit mit Energie seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs in Frage gestellt. Unternehmen und Politik, letztere vor allem in Deutschland, haben hierbei eine unglückliche Rolle gespielt. Es wurden nicht nur alarmierende Warnzeichen ignoriert, sondern auch keine Anstrengungen unternommen, die Abhängigkeiten abzubauen.
Das beste Beispiel hierfür ist die Blockadepolitik im eigenen Land gegen die Energiewende in den vergangenen Jahren. Diese ist nicht nur mit Blick auf das derzeitige Szenario kaum nachvollziehbar. Vor allem die CSU hat sowohl den Ausbau der Windkraft in Bayern als auch den bundesweiten Netzausbau blockiert. Bayern ist sicherlich kein Hotspot für Windkraft wie die nördlichen Bundesländer Schleswig-Holstein oder Niedersachsen, hierfür fehlen die starken Windregionen. Aber es gibt durchaus in Bayern ebenfalls Standorte, die geeignet dafür wären.
Durch die Mindestabstandsregelung (10H-Regelung) hat man jedoch im dicht besiedelten Bayern quasi den Bau jeglichen Windrades untersagt. Mag man darüber noch diskutieren können, fehlt einem für die Unterlassung des Baus eines für die Zukunft geeigneten Strom-Übertragungsnetzes jede Erklärung. Wir brauchen europaweit ein hochleistungsfähiges und intelligentes Stromnetz, um die Versorgungssicherheit künftig gewährleisten zu können. Das ist keine neue Erkenntnis, die erst mit dem Einfall Russlands in die Ukraine zu Tage trat. Die Energiewende ist aufgrund des Klimawandels und der Endlichkeit günstig geförderter natürlicher Ressourcen schlicht unumgänglich.
Es verwundert daher sehr, dass sich gerade die CSU zukunftsorientierter Energiepolitik verwehrt. Und dies nur, um Proteste von Anwohnern entlang der Bautrassen für die nötigen Hochspannungsleitungen zu vermeiden? Immerhin hat sich die CSU seit den 1960er Jahren durch kluge und teils aggressive Standortpolitik ausgezeichnet. Dadurch wurde der Agrarstaat Bayern zu einer der weltweit führenden Technologieregionen. Nun könnte man die Quittung für die destruktive Energiepolitik präsentiert bekommen: Denn kommt es zu einer Unterversorgung mit Energie in Deutschland, würde wohl den großen bayerischen Industriebetrieben zuerst die Zwangsabschaltung drohen.
Aufgrund der prekären Energieversorgunglage verwundert es außerdem, dass bundespolitisch nicht entsprechend gegengesteuert wird. Ich spreche hier das Thema Atomkraft an. So richtig der Atomausstieg aufgrund der bekannten Gründe sein mag, Atomkraftwerke in der aktuellen Notlage nur als Reservekraftwerke vorzuhalten, ist nicht zielführend. Hier sollten sich die Spitzenpolitiker der Grünen einen Ruck geben. Die CO2-neutrale Atomkraft muss zumindest noch so lange genutzt werden, bis die energiepolitischen Fehler der Vergangenheit behoben worden sind und Versorgungssicherheit gewährleistet ist. Denn sonst fügt man dem Industriestandort Deutschland noch größeren Schaden zu. Zum Nachteil aller, auch uns Aktionären.
Dieser Artikel stammt aus der AnlegerPlus-Ausgabe 9/2022.