Europäische Nebenwerte habe bereits vor dem von den US-Zöllen ausgelösten Crash ein Comeback gestartet. Gute Einstiegskurse bieten vor allem Marktführer in Marktnischen mit strukturellem Wachstum.
Nach einem fast dreijährigen Durchhänger ging es mit europäischen Small und Mid Caps wieder nach oben. Der Leitindex für europäische Nebenwerte, der STOXX 600, hatte innerhalb von sechs Monaten um rund 20 % zugelegt und damit den Bluechip-Index EURO STOXX 50 ebenso abgehängt wie den Russell 2000, das Börsenbarometer der in den USA gelisteten Mid Caps. Europäische Nebenwerte waren durch die gestiegenen Zinsen und das sich seit 2022 verschlechternde konjunkturelle Umfeld hart abgestraft worden. Basiseffekte und Bewertungen waren so niedrig, dass eine sich abzeichnende Erholung bei den Unternehmensgewinnen ausreichte, um eine Trendwende einzuleiten. Erste Wahl für Anleger sind Unternehmen, die in ihren Marktnischen führend sind und zugleich ihre Absatzmärkte breit diversifiziert haben.
Wachstum gebucht
Amadeus IT hat sich auf Software für Reise- und Hotelbuchungen spezialisiert. Zuletzt hat der spanische Konzern seine Wertschöpfung mit Zukäufen von zwei Zahlungsanbietern verstärkt: Die portugiesische Softwarefirma Vision-Box entwickelt biometrische Lösungen, während Voxel aus Barcelona auf elektronische Zahlungssysteme für Reiseveranstalter und Hotelketten spezialisiert ist. Darüber hinaus hat Amadeus IT mit Accor eine neue Partnerschaft abgeschlossen. Die internationale Hotelkette implementier das zentrale elektronische Reservierungssystem der Softwarefirma.

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Schon vor diesen Strukturmaßnahmen hat das Geschäft von Amadeus IT nach einer coronabedingten Schwächephase wieder kräftig an Fahrt aufgenommen. Im Geschäftsjahr 2024 schaffte das Unternehmen ein Umsatzplus von 13 % auf 6,1 Mio. Euro. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn legte um 20 % auf 1,3 Mrd. Euro zu, während der operative Gewinn auf EBITDA-Basis um 13 % auf 2,3 Mrd. Euro kletterte. In derselben Größenordnung soll es mit dem EBITDA 2025 weiter nach oben gehen. Derzeit liegt die operative Marge bei 20 %. Analystenschätzungen zufolge soll der Gewinn in den nächsten beiden Jahren weiter um 15 % wachsen. Mit einem 2026er-KGV von 18 ist die Aktie angesichts dieser Aussichten nicht teuer für einen Marktführer in einer Softwarenische.
Gutes Klima
LU-VE ist die europaweite Nummer eins und der weltweit drittgrößte Player bei Luftwärmetauschern. Die Endmärkte der auf Kühl- und Klimatechnik spezialisierten Firma aus der Lombardei sind breit diversifiziert. Anwendungsbereiche sind Kühltheken von Supermärkten, Getränkeautomaten, Klimaanlagen von Privatwohnungen und öffentlichen Gebäuden, Kühlsysteme für OP-Säle und Rechenzentren sowie die Klimatisierung von Transportfahrzeugen. Rund 74 % der Erlöse erzielt LU-VE innerhalb von Europa. Die USA und China spielen bislang eine untergeordnete Rolle.
Im Geschäftsjahr 2024 erzielte das Unternehmen ein Gewinnwachstum von 14,2 % auf 35,8 Mio. Euro. Nach den leicht rückläufigen Umsätzen im Vorjahr sollen die Konzernerlöse ab 2025 wieder deutlich anziehen. Schaltet LU-VE auch beim Gewinnwachstum noch einen Gang höher, sollte die Aktie ihren langjährigen Aufwärtstrend fortsetzen. In den letzten fünf Jahren hat sich der Börsenwert bereits verdreifacht.
Feuerfeste Spekulation
RHI Magnesita produziert feuerfeste Innenverkleidungen für große Schmelzöfen, etwa zur Stahl- und Zementproduktion oder für die Glasindustrie. Entstanden ist der Konzern aus der Fusion der österreichischen RHI mit dem brasilianischen Konkurrenten Magnesita im Jahr 2017. Nach dem Wechsel von der Wiener Börse nach London ist die Aktie im britischen Nebenwerteindex FTSE 250 vertreten. Seit 2019 ist sie auch wieder in Wien gelistet.
Rund 100 Mio. Euro, davon 60 Mio. Euro für Restrukturierung und 40 Mio. Euro an Investitionen, will RHI Magnesita bis 2027 in den Ausbau des US-Geschäfts investieren. In den USA hat das Unternehmen im Januar die Resco Group für 391 Mio. Euro zugekauft.
Nach einem rückläufigen Gewinn im Geschäftsjahr 2024 rechnen Branchenexperten für die nächsten zwei Jahre wieder mit einer Beschleunigung des Gewinnwachstums auf im Schnitt 20 %. Dazu schüttet das Unternehmen hohe Dividenden aus. Die Aktie von RHI Magnesita bietet damit eine antizyklische Spekulation auf ein Comeback bei den Gewinnen.
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