Von Frank Fischer, CEO und CIO der Shareholder Value Management AG
Die Notenbanken und ihr Kampf gegen die Inflation war das bestimmende Thema der letzten Monate. Und bleibt es auch weiter. Das haben die jüngsten Zahlen aus den USA und Europa gezeigt.
Die Vorzeichen sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können. In Europa hat die Inflation den Rückwärtsgang eingelegt: Die Rate in der Eurozone ist zuletzt um 2,4 % gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen und erholt sich damit im Vergleich zu den Vormonaten, nachdem im Oktober 2022 mit 10,6 % der höchste Wert seit Bestehen der Eurozone gemessen wurde. In Deutschland lag sie sogar nur bei 2,2 %. Entsprechend gut stehen die Chancen, dass im Juni der erste Zinsschritt nach unten erfolgt. Das hat auch EZB-Chefin Christine Lagarde nach der letzten Sitzung erneut durchblicken lassen.
Europa ist gegenüber den USA im Vorteil
In den USA sieht das dagegen ganz anders aus: Dort hat sich der Preisauftrieb im März unerwartet stark beschleunigt. Die Verbraucherpreise stiegen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,5 %, die Kerninflationsrate – ohne Energie und Lebensmittel – um 3,8 %. Eine zeitnahe Rückkehr der Inflationsrate auf das Zielniveau der US-Notenbank Fed von 2 % erscheint somit unwahrscheinlich. An den Terminmärkten wurde eine Zinssenkung im Juni deshalb so gut wie ausgepreist. Ein erster kompletter Zinsschritt abwärts wird dagegen erst für November erwartet. Wenn es denn überhaupt dazu kommt.
Das hat die Börsen auf dem falschen Fuß erwischt. Diese hatten nämlich schon für den Sommer, oder spätestens im Herbst, die erste Zinssenkung eingepreist. Entsprechend sackten die Kurse nach den jüngsten Daten zunächst ab. Dabei gab es schon zuvor erste Daten, die zur Vorsicht hätten mahnen müssen. Der US-Arbeitsmarkt präsentiert sich weiterhin äußerst robust. Die durchschnittlich geleisteten Wochenarbeitsstunden und die durchschnittlichen Löhne und Gehälter sind etwas stärker angestiegen als erwartet. Insgesamt bestätigt der Bericht die anhaltende Stärke des US-Arbeitsmarkts. Das sind aber genau die neuralgischen Punkte, auf die die US-Notenbank besonderen Wert legt.
Bei europäischen Titeln übergewichtet
Dass die Kurse jetzt bröckeln, hat aber auch Vorteile: Es war ein Schuss vor den Bug der ewigen Bullen, die nur steigende Kurse gesehen hatten. Da wurde nun etwas Luft aus den zuvor rasant gestiegenen Notierungen gelassen. Das haben wir auch an den Aktien im Portfolio unserer Mandate wie dem Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen und unserem Frankfurter UCITS-ETF – Modern Value gesehen. Da wir aber in europäischen Titeln übergewichtet sind, waren die Einbußen nur moderat und konnten gut aufgefangen werden. Denn Aktien wie etwa Unilever, Ryanair, oder ASR Nederland konnten die Portfolios im Plus halten. Und kommt es im Juni zur erhofften Zinssenkung, könnte sich dieser Trend fortsetzen.
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