Im August dieses Jahres musste die bundeseigene Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest eingestehen, dass China nun Deutschland auch als Maschinenbau-Exportweltmeister abgelöst hat. Dennoch bieten zahlreiche heimische Player sehr gute Anlagechancen, da diese in kommerziell hoch attraktive Nischen bestens positioniert sind.
Mit der sich immer weiter beschleunigenden Globalisierung seit Beginn der 1990er-Jahre haben sich die wirtschaftlichen Gleichgewichte massiv verschoben. Zwar konnte Deutschland sein BIP zwischen den Jahren 1991 und 2020 von 1,87 auf 3,81 Billionen US-Dollar steigern und somit etwas mehr als verdoppeln. Gleichzeitig schnellte aber das weltweite BIP in diesem Zeitraum von 24,45 auf 84,54 Billionen US-Dollar an, womit der heimische Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung in den vergangenen drei Dekaden von 7,6 auf 4,5 % zurückging.
Zudem verzeichneten viele Schwellenländer wie China einen rasanten exportgetriebenen Aufschwung, welcher in verschiedenen Branchen zu einem globalen Verdrängungswettbewerb geführt hat. Entsprechend ist es für den deutschen Maschinenbau eine starke Leistung, dass der Titel Exportweltmeister in diesem Segment erst im Jahr 2020 an das Reich der Mitte abgetreten werden musste.
Klasse statt Masse
Künftig muss der deutsche Maschinenbau einen noch intensiveren Konkurrenzkampf fürchten, weshalb Investments in deutsche Aktien aus der Branche mit Sicherheit keine Selbstläufer sind. Allerdings sind zahlreiche Player nach wie vor in vielen Teilsegmenten Weltmarktführer und werden dank zahlreicher Patente wohl weiterhin eine dominante Rolle auf globaler Ebene spielen.
Daher ist es für Anleger wichtiger denn je, in diesem Bereich auf Klasse statt Masse zu setzen. Auf dem deutschen Kurszettel lassen sich zahlreiche Perlen finden, die nicht nur beste Chancen auf ein starkes Wachstum bei gleichzeitig hohen Nettoumsatzrenditen bieten. Diese Player sind zudem im internationalen Maßstab extrem niedrig bewertet. Das macht einen Einstieg für Schnäppchenjäger interessant, die auf der Suche nach Hightech-Perlen sind. Denn diese versprechen trotz der weltweiten Dauerhausse der vergangenen Jahre immer noch ausgeprägte Kurschancen.
Stockpicking besonders wichtig
Für die deutsche Maschinenbaubranche war das Jahr 2020 besonders herausfordernd. Innerhalb des Sektors gingen die Erlöse laut dem Statistischen Bundesamt gegenüber dem Vorjahr aufgrund der pandemiebedingten weltweiten Rezession um 13,7 % auf 217,4 Mrd. Euro zurück. Dennoch konnte die Branche ihre Erlöse seit dem Jahr 1991 nahezu verdoppeln, womit die Branche mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung durchaus Schritt halten kann. Allerdings unterlag der Sektor seitdem starken konjunkturellen Schwankungen, weshalb die Aktien von Maschinenbauern eine weit überdurchschnittliche Volatilität aufweisen.
Auf Ebene der Einzelunternehmen ist die Entwicklung sehr unterschiedlich. Während in den Medien seit der deutschen Wiedervereinigung regelmäßig über große Pleiten innerhalb des Sektors berichtet wird – allein im Jahr 2020 gingen 47 Maschinenbauer und Zulieferer mit einem Jahresumsatz von mehr als 10 Mio. Euro in die Insolvenz –, verzeichneten andere Konzerne zeitgleich einen wahren Boom.
Hierzu trugen insbesondere innovative Erfindungen bei, die sich einer regen Nachfrage auf dem Weltmarkt erfreuten. Beispielsweise gelang dem Garbsener Hightech-Maschinenbauer LPKF Laser mit der LDS-Technologie, welche die Produktion von Smartphone-Antennen massiv verbessert, im Jahr 2010 ein wirklicher kommerzieller Durchbruch. Die Aktie hatte das damals sehr beflügelt.
Auf etablierte Unternehmen setzen
Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit stellt die deutschen Anbieter oftmals vor massive Herausforderungen. Entsprechend stellen viele Unternehmen ihr Geschäftsmodell neu auf. Beispielsweise die lange strauchelnde Firma Heidelberger Druckmaschinen, der Bereiche wie die Produktion von Anlagen für den Zeitungsdruck massiv weggebrochen sind. Die Heidelberger-Druck-Aktie konnte ihren Kursenin den vergangenen zwölf Monaten vervielfachen, da den Südwestdeutschen mittlerweile der Einstieg in die Produktion von Wallboxen, die beim Ladevorgang von E-Autos zum Einsatz kommen, sehr erfolgreich gelungen ist.
Einen anderen Weg ging der Bielefelder Anbieter Gildemeister, der sich im vergangenen Jahrzehnt erfolgreich mit der japanischen Firma Mori Seiki zum DMG Mori-Konzern zusammenschloss.
Aktuell gibt es für Anleger viele spannende Spezialanbieter auf dem Börsenzettel, wie z. B. den Maschinenbauer Manz, die bei gleichzeitig ausgeprägten Risiken gute Chancen auf künftig massiv steigende Erlöse haben. Allerdings ändert sich der Markt derartig schnell, dass selbst mittelfristige Prognosen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sind.
Von zentraler Bedeutung ist allerdings zumeist die Steuerungssoftware der Maschinen, die oftmals ausschlaggebend für den Erfolg oder Misserfolg einer Anlage ist. Aus Anlegersicht ist es daher wichtig, auf etablierte Player zu setzen, die weltweit schon jetzt eine führende Stellung in ihrer Nische innehaben und diese mit hoher Wahrscheinlichkeit dank einer ausgezeichneten IT-Schnittstelle künftig behalten werden.
Dieser Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 12/2021 der AnlegerPlus News.
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