Kontogebühren bei einem Bausparvertrag sind unzulässig

Kontogebühren Bausparvertrag

Bausparkassen verlangen von ihren Kunden in vielen Fällen in der Ansparphase jährliche Gebühren. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun in einem Musterverfahren (Urteil vom 15. November 2022 – XI ZR 551/21) entschieden, dass diese Kontogebühren beim Bausparvertrag unzulässig sind.

Inhalt

  1. Einleitung
  2. Wie funktioniert Bausparen?
  3. Was hat der BGH entschieden?
  4. Wie kommen Bausparer zu ihrem Recht?

Einleitung

Bei der Immobilienfinanzierung in Deutschland setzen viele Eigenheimbesitzer auf einen Bausparvertrag. Doch dieser muss nicht unbedingt wohnwirtschaftlich verwendet werden. Er kann beispielsweise auch für Abbruchkosten im Rahmen eines Wohnhausneubaus, die Abfindung von Miterben bei einem Immobilienerbe, für den Ausbau, Anbau oder Umbau der Wohnung oder einen Garageneinstellplatz eingesetzt werden.

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Wie funktioniert Bausparen?

Beim Bausparen für eine Immobilienfinanzierung zahlt der Sparer in der Ansparphase einen Teil der vereinbarten Bausparsumme, i.d.R. 40-50 %, monatlich selbst ein. Nach der Ansparphase erfolgt die „Zuteilung“ und mit der Zuteilung läuft die Darlehensphase. Bei der Zuteilung bekommt der Bausparer die volle, zuvor vereinbarte, Bausparsumme ausgezahlt. Der Kreditanteil wird während der Darlehensphase getilgt. Wobei zu beachten ist, dass Bauspardarlehen meist viel schneller getilgt werden müssen als andere Darlehen. Das führt zu einer höheren monatlichen Belastung. Dafür können Bauspardarlehen jederzeit ganz oder teilweise zurückgezahlt werden, ohne dass dem Bausparer Zusatzkosten entstehen.

In der Ansparphase erhält der Sparer Zinsen von der Bank. Der Sparvertrag ist dann rentabel, wenn die gutgeschriebenen Zinsen nach Abzug der Kosten des Vertragsabschlusses attraktiv sind. Für den Kredit nach der Zuteilung zahlen die Bausparer Zinsen an die Bank. Diese werden bei Abschluss des Bausparvertrages festgelegt. Ob ein Bausparvertrag in der Darlehensphase vorteilhaft ist, hängt also davon ab, wie hoch die üblichen Darlehenszinsen zu diesem Zeitpunkt sind. Liegen Sie unter den vereinbarten Zinsen, wäre das Bauspardarlehn unvorteilhaft. Vor der Zuteilung informiert die Bausparkasse den Bausparer. Dieser kann dann entscheiden, ob er die Zuteilung vollständig oder teilweise akzeptieren, sie hinauszögern oder ablehnen möchte.

Was hat der BGH entschieden?

Viele Bausparkassen verlangen von ihren Kunden in der Sparphase eine jährliche Kontogebühr. In den BHW-Bausparbedingungen, die vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) dem BGH zur Entscheidung vorgelegt wurden, hieß es beispielsweise, dass in dieser Zeit ein Jahresentgelt von 12 Euro fällig wird. Nach Medieninformationen und Branchenkreisen soll eine derartige Gebühr in den Bausparverträgen weit verbreitet sein.

Nach dem aktuellen Urteil des BGH können Bausparer nun auf eine Rückzahlung der zu Unrecht einbehaltenen Gebühren hoffen. Denn die obersten Richter in Karlsruhe haben in dem vom vzbv angestrengten Musterverfahren entschieden, dass ein pauschales Jahresentgelt in der Sparphase die Bausparer unangemessen benachteiligt und deshalb die entsprechende Klausel in den BHW-Bausparverträgen als unwirksam erklärt. Jährliche Kontoführungsgebühren wurden übrigens früher auch in der Darlehnsphase von den Bausparern verlangt. Diese hatte der BGH schon 2017 für unzulässig erklärt.

Wie kommen Bausparer zu ihrem Recht?

Das aktuelle Urteil des BGH ist nicht gleichbedeutend damit, dass nun alle entsprechenden Gebührenklauseln in Bausparverträgen automatisch unwirksam sind. Dennoch hat das Urteil natürlich Signalwirkung, da jeder Bausparkasse damit rechnen muss, bei Beibehaltung der Gebühren von den Bausparern verklagt zu werden, was mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Die Bundesgeschäftsstelle der Landesbausparkassen ist nach dem Richterspruch dennoch der Meinung, dass die Gebührenklauseln „institutsindividuell unterschiedlich gestaltet und nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar“ seien und man zunächst die schriftlichen Urteilsgründe abwarten möchte, die meist erst einige Wochen nach dem Richterspruch vorliegen.

Bausparkunden sollten in jedem Fall ihren Bausparvertrag überprüfen und ggf. die Bausparkasse auffordern, die Gebührenklauseln zu streichen und die bereits einbehaltenen Gebühren zurückzuerstatten. Die Stiftung Warentest empfiehlt, den zuständigen Ombudsmann einzuschalten, wenn die Bank dies ablehnt, um die Verjährung zu stoppen. Der Ombudsmann vermittelt kostenfrei für den Bausparkunden bei Meinungsverschiedenheiten mit den Bausparkassen. Für die Landesbausparkassen sind je nach Bundesland unterschiedliche Ombudsmänner zuständig. Kunden der privaten Bausparkassen erreichen die Schlichtungsstelle unter:

Verband der Privaten Bausparkassen e. V.

Schlichtungsstelle Bausparen

Postfach 30 30 79

10730 Berlin

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Foto: © Pixabay

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