Sanktionen zum eigenen Nachteil

Daniel Bauer Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. Vorstand Porträt auf weißem Hintergrund
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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist nicht tragbar und ist zu Recht von der großen Mehrheit der Länder dieser Welt verurteilt worden. Auch Sanktionen gegen Russland sind sicherlich generell angebracht. Nur kann man leider bei der ein oder anderen Sanktionsmaßnahme nicht erkennen, wer dadurch tatsächlich einen Nachteil erleidet.

Das ist beispielsweise nach meinem Dafürhalten bei den seit Mai getroffenen Maßnahmen in Bezug auf die Inhaber von Wertpapieren mit Russlandbezug der Fall. Für diese Wertpapiere wurde von den europäischen Regierungen zunächst der Handel an europäischen Wertpapierbörsen untersagt. Als Russland daraufhin dann die Ausgabe von Hinterlegungsscheinen auf russische Aktien – sogenannte Depositary Receipts (DR) – verbot und den Umtausch in russische Aktien vorsah, konterte Europa. Der Umtausch wurde untersagt, indem man Sanktionen gegen einen russischen Wertpapierverwahrer verhängte, da diesem keine Gelder europäischer Bürger zufließen sollten. 

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Nur um das klarzustellen. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass keine europäischen Gelder für Unternehmen aus Russland mehr zur Verfügung gestellt werden sollen. Aber allein durch den Besitz von Wertpapieren fließen russischen Unternehmen keine Gelder zu. Den Handel mit russischen Wertpapieren und das Zeichnen von sämtlichen Kapitalmaßnahmen jeweiliger Emittenten aus Russland zu untersagen, hätte meiner Ansicht nach vollkommen ausgereicht. Damit wäre der Geldfluss gen Osten versiegt und russische Unternehmen hätten eine wichtige Quelle zur Refinanzierung verloren. 

Die nun getroffenen Entscheidungen gehen aber zu weit. Anlegern aus Europa droht durch die Sanktionen ein Milliardenverlust. Demgegenüber erscheinen die (eventuell) von den Anlegern zu zahlenden Gebühren für russische Intermediäre geradezu winzig. Die Kosten für Europas Anleger dürften in diesem Zusammenhang deutlich höher sein als für Russland. Das kann aber nicht der Sinn gut durchdachter Sanktionen sein. Wer so verfährt, verliert am Ende den Rückhalt für seine Politik in der Bevölkerung. 

An anderer Stelle sind Europas Politiker deshalb durchaus vorsichtiger vorgegangen. Immerhin importieren wir Europäer bis heute russisches Erdgas und Erdöl. Denn ein abrupter Einfuhrstopp hätte nicht nur die eigene Bevölkerung im Winter in manchen Orten des Südwesten Europas im Winter frieren lassen. Nein, sogar wesentliche Kernbranchen unserer Wirtschaft wie die Chemie oder die Automobilindustrie wären wohl in ihrer Existenz bedroht gewesen. Daher erscheint es richtig, Zeit zu kaufen für den Umstieg auf alternative Lieferquellen. Diese Zeit hätte man den von den Sanktionen betroffenen Anlegern ebenfalls geben müssen. 

Foto: © Privat

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