Auch das in die Jahre gekommene Sozialabgaben- und das Steuersystem tragen zur wirtschaftlichen Schwäche Deutschlands bei. Mit welchen Konzepten planen die Parteien, die in den nächsten Bundestag einziehen könnten, gegenzusteuern?
Die Abgabenlast ist hoch, gleichzeitig bröckelt hierzulande die Infrastruktur und bei Arztterminen müssen lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. Die Bürger spüren die Diskrepanz immer stärker. Mit den anstehenden Neuwahlen Ende Februar rückt daher auch die Frage nach zukunftsfähigen Konzepten für die Sozialabgaben und das Steuersystem in den Fokus.
Sozialabgaben
Auf den letzten Metern hat die gescheiterte Ampelkoalition noch die Krankenhausreform auf den Weg gebracht, um die Ausgaben des klammen Gesundheitssystems mittel- bis langfristig zu senken. Ob das ausreichen wird, bleibt jedoch ungewiss. Am dualen System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung wollen jedenfalls die Union und die Liberalen festhalten.
Der demografische Wandel setzt nicht nur die Kranken- und Pflegeversicherungen unter Druck, sondern droht auch den Generationenvertrag des Rentensystems zu sprengen. Ein Dauerbrenner bleibt daher die Forderung, die Einnahmenseite der Rentenversicherung breiter aufzustellen – etwa indem auch Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Während die CDU bislang die Regelaltersgrenze für den Renteneintritt an die Lebenserwartung koppeln wollte, setzt sie nun auf die sogenannte Aktivrente, um Beschäftigte zu einem späteren Renteneintritt zu motivieren. Union und FDP plädieren zudem für eine kapitalgedeckte Altersvorsorge, die die gesetzliche Rente ergänzen soll. Mit der sogenannten Frühstartrente will die Union außerdem gezielt junge Menschen für den Kapitalmarkt begeistern.
Die Grünen setzen mit ihrem an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichteten Bürgerfonds, der vor allem mittlere und geringe Renten stärken soll, ebenfalls auf den Kapitalmarkt. Die Sozialdemokraten hingegen möchten möglichst am bestehenden Rentensystem festhalten. Um eine weitere Aushöhlung zu verhindern, planen sie, ein Rentenniveau von 48 % des durchschnittlichen Arbeitseinkommens zu garantieren. Dem BSW, der Linken und der AfD gehen diese Maßnahmen jedoch nicht weit genug. Das BSW fordert zudem Grundfreibeträge bei den Sozialabgaben, ähnlich wie bei der Einkommensteuer. Gegenfinanziert werden sollen diese durch höhere Beitragsbemessungsgrenzen.
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Steuern
Steuern gelten als wichtige Standortfaktoren, deren Bedeutung in Zeiten geopolitischer Spannungen weiter zunimmt. Solche Spannungen können wirtschaftliche Unsicherheiten und steigende Anforderungen an den Staat mit sich bringen – von der Sicherung der Energieversorgung bis hin zur Verteidigungspolitik. Gleichzeitig ist der Staat nur handlungsfähig, wenn ihm die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Wie diese Mittel bereitgestellt werden sollen, darüber haben die Parteien in ihren Wahlprogrammen sehr unterschiedliche Ansätze.
Das radikalste Programm vertritt die AfD. Sie befürwortet eine Abkehr vom progressiven Anstieg der Einkommensteuer durch die Einführung von Steuerstufen. Ansonsten betrachtet die AfD die Grund- und Erbschaftsteuer als entbehrlich.
Dagegen hält die Union am linear-progressiven Einkommensteuertarif fest. Er soll jedoch abgeflacht und die Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz erhoben wird, angehoben werden. Die Steuerbelastung für Unternehmen soll nach Unionsplänen außerdem auf maximal 25 % gesenkt und der Solidaritätszuschlag abgeschafft werden. Eine Vermögensteuer wird abgelehnt. Zudem macht sich die Union für höhere Freibeträge bei der Erbschaftsteuer stark. Die Überschneidungen zur FDP fallen dabei ins Auge. Die Liberalen möchten ebenfalls den Solidaritätszuschlag kippen, die Besteuerung der Unternehmen auf unter 25 % begrenzen sowie höhere Freibeträge bei der Erbschaftsteuer einführen.
Einen Gegenentwurf dazu verkörpern die Pläne der SPD. Sie erhofft sich, sehr hohe Einkommen stärker zu besteuern, um 95 % der Steuerzahler entlasten zu können. Mit Investitionsprämien in Höhe von 10 % der Anschaffungskosten setzen die Sozialdemokraten außerdem auf eine klassische Industriepolitik. Darauf bauen auch die Grünen, um so die grüne Transformation bewältigen zu können. Dazu wollen die beiden Parteien die Erbschaftsteuer anheben sowie abermals eine Vermögensteuer einführen. Das beabsichtigen übrigens Linke und BSW ebenfalls – nur eine Nummer größer.
Ein weiteres Schwergewicht unter den Steuern stellt die Mehrwertsteuer dar. Die Linken wünschen sich, dass speziell die Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel, Hygieneprodukte und öffentliche Verkehrsmittel auf 0 % gesenkt wird. Auf Lebensmittel würden die Sozialdemokraten die Mehrwertsteuer von 7 % auf 5 % reduzieren. Und Union, FDP und AfD? Sie sprechen sich für den ermäßigten Steuersatz auf Speisen in der Gastronomie aus. Es bleibt abzuwarten, welche Rechnung am Ende aufgeht.
Union | SPD | Grüne | FDP | AfD | BSW | Linke | |
Gesetzliche Rentenversicherung | |||||||
Renteneintrittsalter | Aktivrente: steuerfrei bis zu 2.000 Euro | 67 | 67+ Anreize für freiwillig später | Flexibel, sofern keine Sozialleistung | Anreize für freiwillig später durch Steuerfreibetrag für Rentner 12.000 Euro | 63 nach 45 Beitragsjahren1 | 65 |
Garantiertes Rentenniveau | Über Grundsicherung bei 45 Beitragsjahren in Vollzeit | 48 % des Durchschnittslohns | 48 % des Durchschnittslohns | Nein | Nein, aber perspektivisch 70 % des letzten Nettolohns | Mindestrente 1.300 Euro nach 30 Versicherungsjahren, 1.200 Euro nach 15 Versicherungsjahren | 53 % min. 1.400 Euro |
Kapitalgedeckte Altersvorsorge | Ja | Nein | Ja | Ja | Ja | Nein | Nein |
Einbeziehung Selbstständiger2, Beamter, Politiker | Selbst. | Selbst. | Ja | Nein | Beamte, Politiker | Ja | Ja |
Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung | |||||||
(Solidarische) Bürgerversicherung | Nein | Ja | Ja | Nein | Nein3 | Ja | Ja |
2solange nicht anderweitig abgesichert
3 Zusammenlegung von Kranken- und Pflegeversicherung
Quellen: Wahlprogramme der Parteien, eigene Recherchen
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