Strafzölle: Wiederholt sich die Geschichte?

Strafzölle USA China Elektroautos

Ein Großteil der Aktiengesellschaften hat bis Ende Mai die Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2023 bereits hinter sich gebracht. Die Krisen der vergangenen Jahre haben sich dabei meiner Wahrnehmung nach inzwischen doch negativ auf die Stimmung der Vorstände niedergeschlagen. Während in den zurückliegenden Jahren trotz Corona, Lieferkettenproblemen und hohen Inflationsraten die Stimmung vor allem dank der anhaltend hohen Nachfrage auf den Absatzmärkten überwiegend gut war, werden die Sorgenfalten mittlerweile größer. 

Vor allem die Industriebosse blicken gebannt auf die Lager ihrer Kunden. Diese sind meist noch voll und leeren sich nur langsam. Nachfolgeaufträge lassen folglich oftmals auf sich warten. Für wenig Begeisterung dürften daher die von US-Präsident Biden kürzlich angekündigten neuen Zölle auf zahlreiche chinesische Produkte sorgen. 

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Vor allem der Automobilindustrie, eine der deutschen Schlüsselindustrien, dürften erhebliche Strukturanpassungen bevorstehen. Die neu eingeführten US-Zölle in Höhe von 100 % auf chinesische E-Autos könnten chinesische Hersteller dazu bewegen, noch mehr ihrer Überkapazitäten über Spotpreise auf dem europäischen Kontinent abzubauen. Diesen haben die chinesischen Automobilhersteller ohnehin zu einem ihrer Kernmärkte auserkoren. Das zeigt sich in den Ankündigungen chinesischer Autobauer, in Europa eigene Fabriken auf die Beine stellen zu wollen. Gleichzeitig dürften die deutschen Hersteller Marktanteile auf dem für sie so bedeutenden chinesischen Markt verlieren. 

EU-Strafzölle auf chinesische Autos sind nach Ansicht von Volkswagen, Mercedes und Co. kein probates Mittel zur Lösung des Problems. Denn China würde dann seinerseits EU-Autos mit Zöllen überziehen. Und das würde der europäischen Autoindustrie noch größere Verluste in China bescheren. 

Mich erinnert diese Konstellation fatal an die Situation Mitte der Nullerjahre des neuen Jahrhunderts, als die deutsche Solarbranche technologisch weltweit führend war. Durch eine aggressive Preispolitik und falsche politische Entscheidungen unter dem damaligen Wirtschaftsminister Altmeier (CDU) verschwanden innerhalb weniger Jahre Solarzell- und Solarmodulproduzenten von der Landkarte. Aktionäre von SolarWorld, Q CELLS, Solen, SOLON und Conergy verloren Milliarden. Es bleibt zu hoffen, dass die europäische Autoindustrie dem aktuellen Strukturwandel nicht ebenfalls zum Opfer fällt. Aktionäre müssen daher auch die politische Entwicklung rund um ihre Investments in die Automobilbranche genau im Auge behalten.

Zum Autor

Daniel Bauer ist Vorstandsvorsitzender der SdK e.V. und stellvertretender Chefredakteur von AnlegerPlus.

Die Kapital Medien GmbH, der Verlag der Finanzzeitschriften AnlegerPlusAnlegerPlus News und AnlegerLand ist eine 100-%-Tochter der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

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