Langfristig denken

Daniel Bauer Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. Vorstand Porträt auf weißem Hintergrund

Den Start in das Jahr 2022 hatten wir uns sicher erfreulicher gewünscht. Vor allem die Wachstumswerte, die zu Beginn der Coronapandemie teilweise mehrere Hundert Prozent zugelegt hatten, haben die bereits seit November 2021 aufgelaufenen Kursverluste noch weiter ausgebaut. Unternehmen wie Netflix oder Peloton schätzen ihre eigenen Wachstumsaussichten in der nahen Zukunft deutlich schlechter ein, als dies die Marktteilnehmer bisher taten. Entsprechend negativ reagierte der Börsenkurs des jeweiligen Unternehmens. 

Neben individuellen Unternehmensnachrichten rückt die Zinsentwicklung immer stärker in den Fokus der Märkte. Die US-Notenbank Fed deutete eine schnellere Zinsanhebung an als geplant. Bisher waren für 2022 im Mittel drei Zinsschritte nach oben angekündigt. Damit könnte der geldpolitische Schlüsselsatz dann am Ende des laufenden Jahres in einer Spanne von 0,75 bis 1,0 % liegen. Aktuell liegt er in der Bandbreite von 0 bis 0,25 %. 

Die Europäische Notenbank sieht aktuell noch keinen Bedarf für steigenden Leitzinsen. Die Marktzinsen indessen spiegeln eher höhere Zinserwartungen wider. Zuletzt ist die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe erstmals seit Mai 2019 wieder über null gestiegen. Und wenn der Leitmarkt in den USA ein höheres Renditeniveau vorgibt, werden wohl auch in Europa die Renditen für „sichere“ Anlagen weiter anziehen. 

Einerseits ist das gut. Denn eine Wirtshaft mit negativen Renditen auf sichere Anlagen dürfte langfristig zu einer „Zombiewirtschaft“ mutieren. Andererseits wird das natürlich auf die Bewertungen an den Börsen drücken, allen voran auf die der Wachstumswerte. Und so ist es wenig überraschend, dass der NASDAQ-100-Index erstmals seit der Coronakrise im März 2020 die 200-Tage-Linie gerissen hat. Die hohen Verluste Tausender Kryptowährungen, an deren Existenzberechtigung ich grundsätzlich große Zweifel habe, resultieren ebenfalls aus diesem Kontext. 

Zusammen mit dem geopolitischen Umfeld (Ukraine-Krise) und den stark gestiegenen Energiekosten ergibt sich mittlerweile ein Mix, der die Erwartungen für das aktuelle Börsenjahr eintrübt. Die erfahrenen Aktionäre unter Ihnen wird das nicht stören. Denn sie wissen, dass nach jeder Baisse wieder die Hausse kommt. Und wer darauf achtet, dass die Unternehmen in seinem Portfolio über ein funktionierendes Geschäftsmodell sowie eine solide Bilanz verfügen, und wer sein Portfolio breit diversifiziert, der muss keine Angst vor einem eventuell kommenden Börsenabschwung haben. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen gute Geschäfte und vor allem Gesundheit im Jahr 2022! 

Dieser Beitrag stammt aus der Ausgabe AnlegerPlus 01/2022.

Foto: © SdK

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