Mitte Oktober warb Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) in Washington D.C. vor internationalen Finanzmanagern um Milliardeninvestitionen in Deutschland. Als Pfund brachte er das 500 Mrd. Euro schwere Schuldenpaket zur Modernisierung der Infrastruktur mit. Deutschland, so seine Botschaft, sei ein Anlegeland.
„Wir tun jetzt alles, um Wachstum zurückzubekommen“, versprach Klingbeil. Laut Medienberichten rechnet das Finanzministerium in den kommenden zwei Jahren mit einem Anstieg der privaten Investitionen von derzeit rund 760 Mrd. Euro auf 880 Mrd. Euro.
Fast zeitgleich zu dieser Charmeoffensive veröffentlichte das ifo-Institut eine Studie, die die Schwäche der deutschen Wirtschaft offenlegt: Der Staatskonsum ist seit 2015 um rund 25 % gewachsen. Das BIP stagniert seit 2018 und die privaten Investitionen liegen auf dem Niveau von 2015, seit 2018 sind sie um 12 % gesunken. Während Klingbeil neue Investoren ins Land holen will, verlassen die alten längst das sinkende Schiff, das zeigt auch eine andere Statistik. 2018 flossen noch fast 150 Mrd. US-Dollar an Direktinvestitionen nach Deutschland, 2023 waren es nur noch 52 Mrd., 2024 sogar nur 6 Mrd. Gleichzeitig betrugen die deutschen Investitionen im Ausland 78 Mrd. (2023) und 38 Mrd. US-Dollar (2024).
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Die Unternehmen verlagern die Produktion also zunehmend ins Ausland, während hierzulande Werke geschlossen werden. Weil wir ein strukturelles Problem haben. Der Standort leidet unter hohen Energiepreisen, Klimaauflagen (Stichwort CO2-Emissionshandel), Bürokratie und Abhängigkeiten bei Technologie, Rohstoffen und Energie. Auch die Infrastruktur – Verkehr, Digitalisierung, Bildung und Wissenschaft – wurde über Jahre vernachlässigt. Während andere Länder in ihre Marktführer und neue Zukunftstechnologien investieren, verfrühstückten wir in Deutschland die Staatsausgaben un- bzw. kontraproduktiv für den Sozialstaat und die Selbstverwaltung. ifo-Chef Fuest stellt deshalb fest: „Deutschland befindet sich seit Jahren in einem wirtschaftlichen Niedergang. Die Lage ist mittlerweile dramatisch.“
Nicht unbedingt ein Szenario, das Investoren anzieht. Investoren benötigen Vertrauen in die Wachstumsperspektiven und ansprechende Kapitalrenditen. Das milliardenschwere Schuldenpaket wird dieses Vertrauen nicht gewinnen können. Denn laut einer Umfrage des ifo-Instituts unter deutschen Wirtschaftswissenschaftlern werden davon nur rund 47 % für neue Investitionsprojekte verwendet werden. Das schmälert die Wachstumsimpulse, und mit Erhaltungsinvestitionen Renditen zwischen 8 und 10 % zu erzielen, wie von den Kapitalgebern verlangt, dürfte schwer werden. Wenn ein Investor dann noch eine Übergewinnsteuer fürchten muss, beim aktuellen politischen Mindset nicht ausgeschlossen, dann fehlt im Prinzip jegliches Vertrauen.
Solange die strukturellen Probleme ungelöst bleiben und zum „Kampf gegen Arbeitgeber“ aufgerufen wird, ist Deutschland kein Anlegerland für Privatinvestoren. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass es hierzulande keine leistungsstarken Mittelständler und börsennotierte Konzerne gibt, die weltweit erfolgreich sind. Nach diesen werden wir uns im kommenden Jahr wieder auf die Suche machen und für unsere Leser die besten Chancen identifizieren.
Zum Abschluss dieses Jahres wünsche ich Ihnen und Ihren Familien frohe Weihnachten sowie ein gesundes neues Jahr mit vielen erfolgreiche Anlageentscheidungen.
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