Der Goldpreis sinkt, Gold-ETFs schrumpfen, doch die Nachfrage nach physischem Gold steigt nach dem größten Kursrutsch seit der Lehman-Pleite offenbar rasant an.
Gold ist wertvoll, weil es nicht unbegrenzt verfügbar und die Förderung kostspielig ist. Gold ist ein Symbol für Macht und Reichtum. Das Edelmetall ist selten, man kann es nicht künstlich vermehren. Das gilt zumindest für das physische Gold, nicht aber für das Papiergold, das an den Börsen dieser Welt über Derivate etc. gehandelt wird. Das gehandelte Papiergold übersteigt die weltweit vorhandene Menge an physischem Gold um ein Vielfaches. Der Goldkurs wird maßgeblich vom so genannten Papiergold bestimmt. Geschätzte 90 % des preisbestimmenden Handels entfallen auf diese Wertpapiere und Derivate. Papiergold verbrieft gleichsam ein Anrecht auf Gold, vergleichbar einem Schuldschein, der aber das Risiko enthält, dass der Emittent dem Anspruch tatsächlich nicht nachkommen kann. Im Gegensatz dazu ist physisches Gold tatsächlich vorhanden in Form von Barren, Münzen oder auch Schmuck.
Der Goldkurs legte in den letzten Jahren eine Rally hin. Lag der Preis 2003 noch bei etwa 350 Dollar je Feinunze, erreichte der Kurs seinen Höchststand 2011 mit 1.920 Dollar. Angetrieben von der Angst vor Geldentwertung, der Suche nach einem „sicheren Hafen“ oder auch rein spekulativen Gesichtspunkten, setzten Investoren auf das glänzende Edelmetall. Im April 2013 erreichte der Goldpreis dann einen Wendepunkt. Nach diversen Crash-Warnungen einiger Großbanken brach der Goldkurs innerhalb von nur zwei Tagen um 300 Dollar auf 1.322 Dollar je Feinunze ein. Die Gründe für den dramatischen Kursrutsch blieben bisher im Dunkeln. Im Internet finden sich diverse Verschwörungstheorien, die eine Manipulation des Goldpreises befürchten. Sicher ist nur, bis heute hat sich der Goldkurs nicht wirklich von dem Crash erholt und Analysten rechnen weiter mit einem Rückgang des Edelmetallpreises.
Nachfrage nach physischem Gold steigt
Des einen Leid ist des anderen Freud. Angesichts der steigenden Aktienkurse dürften sich viele spekulative Goldinvestoren ob des Kursverfalls die Haare raufen. Während internationale Großinvestoren ihr Papiergold loswerden wollen und Gold-ETFs zum ersten Mal mehr Gold ver- als zukauften, scheinen Käufer von physischem Gold nur auf einen Preisrückgang gewartet zu haben. Vor allem aus China und Indien wird eine erhöhte physische Nachfrage gemeldet, die aber teilweise auch saisonalen Faktoren geschuldet sein kann.
Die gesteigerte Nachfrage spürt auch der Edelmetallhändler Degussa Goldhandel. Dort verzeichnete man im Mai eine Verdopplung der Goldnachfrage gegenüber dem Durchschnitt des ersten Quartals. Seit Beginn des Goldpreisabsturzes kämen neun Käufe auf einen Verkauf, sagte Degussa-Chef Wolfgang Wrzesniok-Roßbach dem Handelsblatt.
Vor allem in China und Indien stieg die Nachfrage nach Barren, Münzen und Schmuck rasant. In Indien ist Gold Teil der Kultur und ein beliebtes Geschenk bei vielen Anlässen. In China dagegen gilt Gold als Wertaufbewahrungsmittel und die aufstrebenden Bevölkerungsschichten suchen anstelle des heiß gelaufenen Immobilienmarkts nach neuen Anlageformen.
Wie alle Anlageformen hat ein Goldinvestment seine Vor- und Nachteile. Auffällig ist, dass, ausgelöst vom Hype um das Papiergold, der Goldpreis immer mehr spekulativen Elementen und damit größeren Kursschwankungen ausgesetzt ist. Ob der Goldpreis nun vor einer längerdauernden Korrekturphase steht oder schon bald wieder in einen Aufwärtstrend übergeht, kann niemand vorhersagen. Anleger, die in physisches Gold investiert sind und die Anlage aus Gesichtspunkten des dauerhaften Werterhalts mit Blick auf die Unsicherheit der Geldwertstabilität und der Staatsschuldenkrise getätigt haben, sollten daran auch festhalten. Als Beimischung zu einer ausgewogenen Vermögensverteilung ist physisches Gold hervorragend geeignet. Wer genau aus diesen Gründen einen Einstieg in diese Anlageklasse plant, für den könnte der Zeitpunkt aussichtsreich sein. Wer allerdings aus spekulativen Gründen mit einem Goldinvestment liebäugelt, sollte sich überlegen, ob er sich tatsächlich gegen den Markt stellen will, der aktuell eher von Verkäufen der institutionellen Anleger geprägt ist.
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