Nur 57.000 Menschen leben auf Grönland. Sie wünschen sich trotz weitgehender Autonomie die Unabhängigkeit von Dänemark. US-Präsident Tump würde sich bzw. den USA die strategisch wichtige und rohstoffreiche Insel aber am liebsten selbst einverleiben.
Wer Politthriller liebt, kennt das Szenario vielleicht aus der preisgekrönten dänischen Fernsehserie „Borgen“ von 2022. Im Mittelpunkt der Serie steht der beschleunigte Klimawandel im hohen Norden, der sich heute schon vollzieht. Der grönländische Eisschild und die Gletscher schmelzen schneller als erwartet, wodurch weite Landflächen eisfrei und wieder grün werden. Und die bisherige Exploration hat große Rohstoffvorkommen aufgedeckt, darunter Kupfer, Nickel, Kobalt und Lithium. Diese Rohstoffe sind aufgrund der fortschreitenden Elektrifizierung und Technologisierung von Wirtschaft und Gesellschaft sehr begehrt.
Durch den Klimawandel wird außerdem die Beringstraße, die an die Arktis grenzt, wieder schiffbar. Dadurch wird die Handelsroute zwischen den USA und Ostasien fast halbiert. Und in der Arktis verstärken die Anrainerstaaten, darunter Norwegen und Kanada, die Bemühungen, ihre wirtschaftlichen und staatlichen Interessen abzusichern. Besonders im Fokus stehen dabei riesige Öl- und Gasvorkommen. Obwohl die Arktis offiziell als Schutzgebiet gilt, laufen dort Hunderte Förderprojekte, an denen sowohl amerikanische als auch europäische Großkonzerne beteiligt sind. Die größten Akteure in der Region sind jedoch russische Unternehmen. In Grönland hingegen werden seit 2021 keine Lizenzen für Bohrungen nach Mineralien mehr vergeben.
Hegemonialmacht USA
Neben den wirtschaftlichen Interessen geht es bei Trumps Griff nach Grönland vor allem um militärische Hegemonialpolitik. Die Europäer reagierten entsetzt auf diesen Angriff auf die territoriale Integrität, insbesondere da Trump auf Nachfrage den möglichen Einsatz von Gewalt nicht ausschloss. Die Regierungen von Grönland und Dänemark, zu dem die Insel aufgrund historischer und kolonialer Entwicklungen gehört, stellten daraufhin unmissverständlich klar, dass Grönland nicht zum Verkauf steht. Frankreich bot Dänemark sogar seine Unterstützung bei der Verteidigung der nationalen Souveränität an.
Die Tatsache, dass die USA seit 1951 eine große Militärbasis im Nordwesten Grönlands unterhalten, vereinfacht die Situation nicht. Immerhin sind alle Beteiligten NATO-Partner. Die USA hatten 1940 nach der deutschen Invasion in Dänemark Grönland besetzt und am Ende des Zweiten Weltkrieges an Dänemark zurückgegeben. Grönland zählt seit 600 Jahren zum dänischen Hoheitsgebiet. Nach Gebietsansprüchen Norwegens entschied der Internationale Gerichtshof in Den Haag 1933, dass ganz Grönland zu Dänemark gehört.
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Was wollen die Grönländer?
Im Jahr 1979 erhielt Grönland ein eigenes Autonomiegesetz, das über die Jahre erweitert wurde. Heute ist Dänemark lediglich noch für die Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlich. Bewohnt wird die weltgrößte Insel hauptsächlich von Inuit und gemischter Bevölkerung, deren Kultur über Jahrhunderte durch die Kolonialmacht Dänemark unterdrückt wurde. Insbesondere durch die sogenannte Danifizierung, die die Sprache, Bildung und Traditionen an dänische Normen anpassen wollte. Bis in die 1970er-Jahre wurden Grönländerinnen Kupferspiralen eingesetzt, um die Fertilität zu reduzieren. Diese historischen Erfahrungen prägen bis heute den Wunsch vieler Grönländer nach vollständiger Unabhängigkeit.
Aus diesem Selbstverständnis heraus erklärte der grönländische Premier Mute Egede Mitte Januar, dass die Grönländer weder Amerikaner noch Dänen sein wollen, dafür aber bereits Verhandlungen mit den USA zur wirtschaftlichen Kooperation aufgenommen haben. Er betonte zudem, dass in der Arktis eine neue Ära begonnen habe und Grönland nun im Zentrum der weltpolitischen Aufmerksamkeit stehe.
Unterdessen soll die Trump-Administration einen Gesetzentwurf für das Repräsentantenhaus vorbereiten, der die USA zum Kauf Grönlands ermächtigt. Historisch wäre das nicht ungewöhnlich: Alaska wurde einst vom russischen Zarenreich gekauft, Louisiana von Frankreich. Schon 1946 hatte US-Präsident Harry Truman angeboten, Grönland für 100 Mio. US-Dollar in Gold zu erwerben. Ein Vorschlag, den Dänemark damals ablehnte.
Krise in Dänemark
Trump greift nun zu schärferen Methoden und droht Dänemark mit „sehr hohen“ Zöllen. Für ihn ist die Kontrolle über Grönland aus Gründen der wirtschaftlichen Sicherheit eine „absolute Notwendigkeit“. Seitdem herrscht in Dänemark Krisenstimmung. Während man vor seinem Amtsantritt Trumps Aussagen zu Grönland nicht ernst genommen hat, wird die Lage nun als äußerst gefährlich eingeschätzt. Ende Januar reagierte Dänemark darauf und kündigte an, 2 Mrd. Euro in die Stärkung seiner militärischen Präsenz in der Arktis zu investieren.
Die Kontrolle über Grönland hätte für die USA auch strategische Vorteile: Sie könnten sich als Importeur kritischer Mineralien von China unabhängiger machen. Denn China schränkt seit Jahren die Exportkontingente für seltene Erden und andere strategische Metalle ein, die in immer größerem Umfang für Smartphones, Displays, Datenzentren und Verteidigungstechnologien benötigt werden. Gleichzeitig gewinnt die Arktis durch neue Handelsrouten und Rohstoffvorkommen an geopolitischer Bedeutung. Europa droht dabei wirtschaftlich weiter an den Rand des globalen Machtgefüges gedrängt zu werden.
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