Investoren verfolgen unterschiedliche Ansätze, um am Markt erfolgreich zu sein. Ein Ziel bleibt dabei zentral: die nachhaltige Wertsteigerung. Die Momentum-Strategie konzentriert sich auf Aktien, die den Markt outperformen.
Als Begründer des modernen Momentum-Investings gilt Richard Driehaus, der 1982 ein eigenes Investmenthaus gründete. Er beobachtete, dass Aktien in der Regel über drei bis zwölf Monate hinweg überdurchschnittlich stark steigen, wenn sich die Gewinnentwicklung beschleunigt und zugleich Kurse und Handelsvolumen zulegen.
Die Strategie ist auf eine kurz- bis mittelfristige Haltedauer ausgelegt. Ziel ist es, Kursgewinne bei ersten Schwächesignalen zu realisieren und das Kapital in aussichtsreiche neue Momentum-Titel umzuschichten. Anders als die klassische Börsenregel „Buy low, sell high“ formulierte Driehaus sein Prinzip als „Buy high, sell higher“.
Chancen und Risiken
Typischerweise beginnt ein Momentum damit, dass erste Marktteilnehmer aufgrund positiver Nachrichten Käufe tätigen. Steigen Kurse und Aufmerksamkeit, folgen weitere Investoren. Die Aussicht auf entgangene Gewinne überzeugt dann häufig auch zögerliche Marktteilnehmer. Dieses Verhalten kann schließlich temporär zu überdurchschnittlichen Kursgewinnen führen.
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Momentum-Strategien funktionieren in von Liquidität getragenen Bullenmärkten deutlich besser als in Bärenmärkten. In ausgedehnten Korrekturen oder Crash-Szenarien geraten stark gestiegene, liquide Aktien nämlich besonders schnell unter hohen Verkaufsdruck.
Aus akademischer Sicht ist dieses höhere Risiko der Preis für die potenzielle Mehrrendite. Studien beziffern diese auf etwa 1 % pro Monat in Phasen steigender Kurse. Die Kritiker wiederum rechnen höhere Transaktionskosten sowie überdurchschnittliche Verluste bei Marktkorrekturen dagegen. Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigt, dass Momentum-Strategien im Börsencrash von 2009 binnen drei Monaten durchschnittlich 73 % an Wert verloren.
Mit der Theorie effizienter Märkte lässt sich der Momentumansatz nicht vereinbaren. Diese geht davon aus, dass alle verfügbaren Informationen bereits in den Kursen enthalten sind. Eine dauerhafte Outperformance dürfte es demnach nicht geben. Momentum-Investing setzt jedoch darauf, dass sich Trends fortsetzen, weil Anleger verzögert oder übertrieben reagieren. Auch Vertreter konträrer Anlagestrategien – etwa Value-, Turnaround- oder Contrarian-Investoren – lehnen Momentum-Investing ab, da es auf hohe Einstiegskurse setzt und prozyklisch ausgerichtet ist.
Langfristiges Momentum
Die Existenz des Momentums ist dennoch ein Fakt und wurde bereits im 19. Jahrhundert beobachtet. Besonders bei Unternehmen mit starker Marktstellung kann eine Phase der Outperformance länger anhalten. Voraussetzung sind überzeugende Produkte oder Dienstleistungen, technologische Führungspositionen, ein kompetentes Management und kontinuierliches Umsatz- und Gewinnwachstum.
In der längerfristigen Betrachtung stechen Qualitätsaktien mit steigender Gewinnentwicklung durch das ihnen innewohnende Momentum klar hervor. Das wird besonders in Korrekturphasen wie den vergangenen Wochen deutlich. Wichtig dabei ist, dass die geschäftlichen Perspektiven gut sind und bleiben. Wir haben versucht, drei Aktien zu identifizieren, deren langfristiges Momentum trotz Korrektur intakt scheint.
Hohe Resilienz
Zu den Klassikern dieser Kategorie zählt die Aktie von Air Liquide. Der Konzern ist Weltmarktführer im Bereich Industriegase und versorgt unter anderem Hightech-Industrien sowie die Gesundheitswirtschaft mit Spezialgasen.
Die operative Marge lag in den letzten Jahren mit einer Ausnahme zwischen 18 % und 20 %. Zwischen 2020 und 2024 stieg der Gewinn von 2,4 Mrd. Euro auf 3,3 Mrd. Euro. Die Dividende erhöhte sich im selben Zeitraum von 2,27 Euro auf 3,30 Euro.
Beachtlich ist die ausgeprägte Resilienz der Aktie in Korrekturen. Der splittbereinigte Kurs kletterte seit 1991 von 10 Euro in der Spitze auf 183 Euro. In den letzten fünf Jahren lag die Performance bei 98 %. Rücksetzer über 20 % waren selten und meist nur von kurzer Dauer. In der Finanzkrise 2008/2009 war das der Fall. Der Kurs verlor rund 35 %, konnte diesen Verlust aber binnen eines Jahres wieder ausgleichen.
Starkes Langfristmomentum
Die Swiss Re gehört zu den weltweit größten Rückversicherern. Das Unternehmen profitiert von der wachsenden Nachfrage nach Absicherung gegen Naturkatastrophen, Cyber-Risiken und andere Großschäden. Nach Bruttoprämienvolumen liegt Swiss Re auf Platz zwei weltweit hinter der Münchener Rück.
Die Positionierung in einem strukturell wachsenden Markt stützt das Momentum der Aktie. Der Aktienkurs (Basis CHF) konnte in den letzten fünf Jahren um über 170 % zulegen. Und zwischen 2019 und 2024 stieg der Gewinn unter starken Schwankungen von 727 Mio. US-Dollar auf 2,8 Mrd. US-Dollar.
Ein weiteres Beispiel für ein langfristiges Momentum findet sich im Konsumgüterbereich mit EssilorLuxottica. Der 2018 fusionierte Konzern ist global führend bei Brillen und optischen Produkten. Seit 2020 hat sich der Umsatz auf 26,5 Mrd. Euro fast verdoppelt, der Gewinn stieg von 85 Mio. Euro auf 2,4 Mrd. Euro. Der Aktienkurs legte in den letzten fünf Jahren um 140 % zu.
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