Die Rückkehr der Small Caps

Small Caps Europa

Von Matthias Born, Privatbank Berenberg

Das vergangene Jahr hat Investoren, insbesondere aber die Nebenwerte-Anleger, viele Nerven gekostet. In den ersten drei Quartalen 2022 erlebten die Small Caps eine der stärksten Abwärtsbewegungen, die wir jemals gesehen haben. Doch wie geht es nun weiter? 

Nach der toxischen Kombination aus Rezessionsangst, Inflation und Crash an den Anleihemärkten des Jahres 2022 gehen wir für 2023 von einer schrittweisen Normalisierung der Lage aus. Der Höhepunkt der Inflationsentwicklung scheint überschritten, es dürfte zu einem Ende der Zinsanhebungen kommen. In den USA sind im zweiten Halbjahr sogar Zinssenkungen möglich. Nach Ansicht unserer Volkswirte dürfte die Wirtschaft in Europa auf den Erholungspfad einschwenken. Allerdings spiegelt sich das noch nicht in der Stimmung der Investoren wider – das Sentiment ist nach wie vor verhalten. 

Europas neue Stärke

Doch gerade in diesem Umfeld und angesichts deutlich zurückgegangener Bewertungen locken Chancen. Denn wenn im Lauf des Jahres die Themen Inflation und Zinsen in den Hintergrund treten, dürfte der Blick der Anleger schnell wieder auf die Fundamentaldaten der Unternehmen fallen. Dann wird genau geprüft werden, welche Firmen die Gewinnrevisionen bereits hinter sich haben, wer Preissetzungsmacht hat und strukturelles Wachstum bietet. 

Natürlich spielen auch Bewertungsaspekte eine Rolle. Und hier rücken die europäischen Aktienmärkte in den Fokus. Denn an den Börsen des Alten Kontinents sind bereits sehr viele negative Nachrichten eingepreist, was die Bewertungen auf ein deutlich tieferes Niveau gedrückt hat als in den USA. Diese Tatsache blieb den Investoren nicht gänzlich verborgen, und so zeigen Europas Börsen im Vergleich zu den US-Märkten in jüngster Zeit relative Stärke.

Chancen für Nebenwerte

Bleiben 2023 massive negative Überraschungen aus, sollte insbesondere das Segment der Small Caps einen deutlichen Schub erfahren. Denn dort sind viele qualitativ hochwertige Unternehmen mit starkem Wachstum versammelt, nicht wenige sind Weltmarktführer in ihrem Bereich. Nach dem extremen Kursverfall bei den besten Firmen, die man in Europa finden kann, könnte es für Investoren sogar die beste Chance seit der Finanzkrise sein, in dieses Segment zu investieren. Wenn man Unternehmen im Portfolio hat, die mit einer jährlichen Rate von 15 bis 20 Prozent hochprofitabel wachsen, dann spielt auch der Gegenwind von der Zinsseite mittelfristig keine allzu große Rolle. Viele kleine Firmen, die auf hohen Cashbeständen sitzen, profitieren sogar von den aktuell höheren Zinsen.Zu den soliden Bilanzen bei vielen Unternehmen kommen die innovativen Betätigungsfelder. Sei es Medizintechnik, Energieeffizienz oder Digitalisierung – die kleinen Player treiben den Fortschritt voran und profitieren von großen Megatrends. Bei diesen hochqualitativen Wachstumsunternehmen sehen wir sowohl Einstiegschancen als auch Outperformance-Potenzial gegenüber Large Caps. Wie die Historie zeigt, sind die Aktien kleiner Unternehmen stets früh dran im Zyklus. Die Kurse gehen zurück, noch bevor erste wirtschaftliche Probleme auftreten. Aber sie drehen auch wieder nach oben, bevor die Konjunktur ihren Tiefpunkt erreicht hat.

Zum Autor

Matthias Born Small Caps

Matthias Born ist seit 2017 CIO Equities und seit 2019 zudem Head of Investments im Wealth and Asset Management von Berenberg. Er begann seine Karriere 2001 bei Allianz Global Investors (AGI), wo er von 2002 bis 2017 Portfolios für europäische Small Caps, europäische Wachstumstitel und deutsche Aktien verwaltete. Für seine herausragende und beständige Performance wurde er mehrfach ausgezeichnet.

Dieser Artikel stammt aus der AnlegerPlus-Ausgabe 2/23.

Bild oben: © unsplash.com, regularguy.eth

Bild unten: © Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG

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