Warum eine breite Streuung langfristig erfolgreicher ist

Warum eine breite Streuung langfristig erfolgreicher ist

Von Matthias Krapp, ABATUS

Stellen Sie sich vor, Sie hätten in den letzten zehn Jahren in Aktien investiert. Wer ausschließlich auf den US-Markt setzte, konnte eine beeindruckende Rendite erzielen. Bedeutet das, dass globale Diversifizierung nicht funktioniert?

Betrachtet man die Marktentwickman meinen, es wäre klüger gewesen, ausschließlich in US-Aktien zu investieren. Während ein global diversifiziertes Portfolio in diesem Zeitraum „nur“ eine Rendite von 6 % pro Jahr erzielt hätte, stiegen US-Aktien um durchschnittlich 14 % pro Jahr. Das bedeutet: Wer 100 Euro in US-Aktien investierte, hätte am Ende 364 Euro, während ein globales Portfolio lediglich 175 Euro erreicht hätte.

Doch warum hier aufhören? Growth-Aktien lieferten innerhalb der USA eine noch bessere Performance. Wer auf dieses Segment gesetzt hätte, hätte aus 100 Euro sogar 513 Euro gemacht. IT-Aktien erzielten nochmals höhere Renditen – 1,4-mal mehr als. Growth-Aktien. Und die „Glorreichen 7“, also die führenden US-Technologiekonzerne, übertrafen den IT-Sektor um das 6,8-Fache. An der Spitze dieser Entwicklung steht Nvidia, das Unternehmen, das in diesem Zeitraum eine 6,3-mal höhere Rendite erwirtschaftete als die „Glorreichen 7“ im Durchschnitt.

Top-Analysen, exklusive Tipps & Markttrends – unabhängig und praxisnah.

24-mal im Jahr fundierte Börsenanalysen

Jetzt Abo abschließen!

Nicht zurückblicken

Rückblickend könnte man argumentieren, dass es die klügste Entscheidung gewesen wäre, einfach nur Nvidia zu kaufen. Doch wer garantiert, dass Nvidia auch in den nächsten zehn Jahren der große Gewinner bleibt? Hätte man vor 20 Jahren eine ähnliche Analyse gemacht, wären evtl. Nokia oder General Electric die „heißen“ Aktien gewesen – Unternehmen, die heute kaum noch eine führende Rolle spielen. Wer ausschließlich auf vergangene Gewinner setzt, läuft Gefahr, in eine Rückspiegelstrategie zu verfallen: Man blickt auf das, was war, anstatt auf das, was kommen könnte. Eine der wichtigsten Regeln beim Investieren lautet, dass kein Anleger zuverlässig vorhersagen kann, welche Aktie in der Zukunft die beste Rendite liefern wird.

Hier kommt Diversifizierung ins Spiel. Die Idee hinter einer breiten Streuung ist nicht, immer den absoluten Spitzenreiter im Portfolio zu haben, sondern sich auch gegen Unsicherheiten abzusichern. Niemand konnte 2015 mit Sicherheit vorhersagen, dass US-Aktien in den kommenden zehn Jahren so stark wachsen. Genauso wenig kann heute jemand garantieren, dass sich dieser Trend fortsetzt.

Ein weltweit diversifiziertes Portfolio reduziert das Risiko drastisch. Es schützt Anleger vor Krisen, Blasenbildungen und unerwarteten Einbrüchen einzelner Marktsegmente. Ein Portfolio mit 60 % US-Aktien und 40 % internationalen Aktien hätte in den letzten zehn Jahren eine Rendite von fast 11 % pro Jahr erzielt – ein starkes Ergebnis mit deutlich geringerer Unsicherheit als eine Wette auf ein einzelnes Land oder Sektor.

Ein Beispiel verdeutlicht den Nutzen von Diversifizierung: Stellen Sie sich eine Wette vor, bei der Sie entweder 14 % oder 6 % Rendite pro Jahr erzielen, jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 %. Im schlechtesten Fall hätten Sie immerhin 6 % Rendite erzielt. Doch wenn Sie stattdessen eine Garantie für 10 % Rendite bekommen könnten, indem Sie Ihre Wette breiter streuen – würden Sie dieses Angebot nicht annehmen?

Natürlich garantiert Diversifizierung keine Gewinne, und sie schützt auch nicht vor vorübergehenden Verlusten. Aber sie minimiert Risiken und sorgt dafür, dass Anleger nicht nur von einzelnen Boom-Phasen profitieren, sondern auch in schwierigeren Marktphasen stabiler dastehen.

Aktuelle Bewertungen und langfristige Perspektiven

Besonders in der aktuellen Marktsituation wird Diversifizierung wichtiger denn je. US-Aktien sind nach vielen Bewertungsmaßstäben hoch bewertet, während andere Märkte günstiger erscheinen. Das bedeutet nicht, dass eine Korrektur unmittelbar bevorsteht – doch es bedeutet, dass das Risiko steigt. Niemand weiß, wann oder ob eine Korrektur kommt. Doch wer langfristig erfolgreich investieren möchte, sollte an einem breit diversifizierten Portfolio festhalten. So bleibt man flexibel und reduziert das Risiko, von kurzfristigen Marktbewegungen auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.

Die Zukunft gehört nicht dem, der die Vergangenheit perfekt analysiert, sondern dem, der sich auf alle möglichen Szenarien vorbereitet. Und das geht am besten mit einer langfristigen, breit aufgestellten Anlagestrategie.

Zum Autor

Matthias Krapp ist Dipl.-Bankbetriebswirt, Podcaster, Buchautor und Geschäftsführer der ABATUS VermögensManagement. Das Unternehmen begleitet Unternehmer/n, Privatiers, Stiftungen, kirchliche Institutionen und private Investoren.

Die Kapital Medien GmbH, der Verlag der Finanzzeitschriften AnlegerPlusAnlegerPlus News und AnlegerLand ist eine 100-%-Tochter der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

Foto: © Nattanan Kanchanaprat auf Pixabay

AnlegerPlus