Deutsche Wirtschaft: Erholung in Sicht – Unsicherheiten bleiben

Deutsche Wirtschaft

Nach zwei schwachen Jahren keimt Hoffnung: Die deutsche Wirtschaft zeigt erste Erholungstendenzen. Doch Experten warnen – ohne Reformen, Bürokratieabbau und stabile Außenpolitik bleibt der Aufschwung auf wackligen Beinen.

Die deutsche Wirtschaft sendet erste Erholungssignale. Nachdem das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den vergangenen zwei Jahren stagnierte oder gar schrumpfte, mehren sich nun die Anzeichen für einen Aufschwung. Führende Wirtschaftsinstitute haben ihre Prognosen für das laufende und das kommende Jahr angehoben – doch der Optimismus ist verhalten und von erheblichen Risiken begleitet.

Verhaltener Aufschwung im Jahr 2025 erwartet

Das Ifo-Institut in München rechnet in seiner aktualisierten Sommerprognose mit einem Wachstum von 0,3 % im Jahr 2025 und 1,5 % im Jahr 2026 – eine Aufwärtskorrektur um 0,1 beziehungsweise 0,7 Prozentpunkte im Vergleich zur Frühjahrsprognose. Auch das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel zeigt sich zuversichtlicher und erwartet nun ein leichtes Wachstum von 0,3 % in diesem Jahr sowie 1,6 % im Jahr 2026. Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ist etwas pessimistischer und prognostiziert für 2025 ein Wachstum von lediglich 0,4 %.

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Binnenwirtschaft trägt die Erholung

Die positive Entwicklung stützt sich vor allem auf die Binnennachfrage. Laut IfW Kiel legen sowohl der private Konsum als auch die Unternehmensinvestitionen nach zweijähriger Schwächephase wieder zu. Die Talsohle sei erreicht, so IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths. Frühindikatoren signalisierten eine Bodenbildung in der Industrie.

Auch das Ifo-Institut berichtet von einem Stimmungsumschwung unter den Unternehmen. „Der zunehmende Optimismus speist sich vermutlich auch aus der Hoffnung, dass mit der neuen Koalition der wirtschaftspolitische Stillstand endet“, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Bereits im ersten Quartal 2025 legte die Wirtschaftsleistung laut Ifo-Angaben um 0,4 % zu – nicht zuletzt wegen vorgezogener Exporte in die USA.

Deutsche Wirtschaft: Reformbedarf bleibt hoch

Trotz positiver Signale warnt ifo-Präsident Clemens Fuest vor überzogenen Erwartungen. „Geld allein reicht nicht“, sagt er. Deutschland brauche Reformen in mehreren Bereichen, um nachhaltig zu wachsen. Fuest verweist auf Berechnungen des Sachverständigenrats, wonach das Potenzialwachstum auf bis zu 2,3 % steigen könnte, wenn Investitionen mit strukturellen Reformen kombiniert würden. Bürokratieabbau, bessere Kinderbetreuung und Reformen beim Bürgergeld könnten zusätzliche Arbeitskräfte mobilisieren. Laut einer Ifo-Studie ließe sich durch Bürokratieabbau die Wirtschaftsleistung in acht Jahren um 4,6 % steigern.

Wachstumsimpulse erwartet das Ifo-Institut auch von den geplanten fiskalischen Maßnahmen der neuen Bundesregierung, etwa durch Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben sowie steuerliche Entlastungen. Die Impulse könnten das Wachstum 2026 um bis zu 0,7 Prozentpunkte erhöhen. Gleichzeitig dürfte die Staatsverschuldung steigen. Das IfW Kiel prognostiziert ein Finanzierungsdefizit von 3,5 % des BIP im Jahr 2026 und einen Schuldenstand von 63,9 %.

Externe Risiken: Handelspolitik der USA belastet

Ein zentrales Risiko bleibt die US-Handelspolitik. Die erratische Zollpolitik der Vereinigten Staaten erhöhe die Unsicherheit für die deutsche Außenwirtschaft erheblich, warnt IfW-Präsident Moritz Schularick. Das Ifo- Institut schätzt, dass die bestehenden US-Zölle das Wachstum 2025 um 0,1 und 2026 um 0,3 Prozentpunkte schmälern könnten – bei einer Eskalation droht sogar eine Rezession. Auch das IWH verweist auf die hohe Bedeutung der US-Handelspolitik für den weiteren Verlauf der Weltkonjunktur.

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