Die Vonovia-Aktie zwischen Klimaschutz und Rendite

Vonovia Aktie

Nach einer kurzen Erholung im Januar erlebte die Vonovia-Aktie zuletzt wieder einen deutlichen Rücksetzer. Der Grund: Unsicherheit über die künftige Wohnungsmarktpolitik. Langfristig gilt der Wohnimmobilienkonzern jedoch als attraktiver Substanzwert.  

Der Wohnungsbau blieb in Deutschland in den vergangenen Jahren nahezu lahmgelegt. Hohe Baukosten, gestiegene Zinsen und strengere Klimaschutzauflagen machten viele Neubauprojekte unrentabel. Gleichzeitig fehlten staatliche Förderungen, um den Bau bezahlbarer Wohnungen anzukurbeln.

Immobilienkonzerne wie Vonovia legten daher geplante Projekte auf Eis und konzentrierten sich stattdessen auf ihr Bestandsmanagement. Der DAX-Konzern Vonovia verwaltet bundesweit immerhin 550.000 Wohnungen, in denen mehr als eine Million Menschen zur Miete leben. Zum Geschäftsmodell der Bochumer gehören außerdem wohnungsnahe Dienstleistungen wie beispielsweise Handwerksservices oder Kabelanschlüsse sowie die Projektentwicklung für Dritte.

In der Vergangenheit stand Vonovia immer wieder in der Kritik, weil energetische Modernisierungsmaßnahmen oft zu spürbaren Mieterhöhungen führten. Zugleich musste der Konzern den steigenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum mit verschärften Klimaschutzauflagen für den teils veralteten Bestand vereinbaren.

Bereits 2018 zog Vonovia Konsequenzen aus dem Zielkonflikt. Vorstandschef Rolf Buch räumte ein, die gesellschaftliche Akzeptanz für energetische Sanierungen sei „dramatisch zurückgegangen“, da sie fast immer mit merklichen Mietsteigerungen verbunden seien. Vonovia kündigte daher an, das Modernisierungsprogramm stark zu drosseln: Geplante Investitionen wurden um 40 % gekürzt, die jährliche Sanierungsquote des Bestands sank von 5 % auf etwa 3 %. Gleichzeitig gestand Buch ein, dass dieser Schritt einen Rückschlag für den Klimaschutz bedeute. Denn weniger energetische Sanierungen verzögerten die CO₂-Einsparziele im Wohnsektor.

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Zinsanstieg belastete Kurs

Die Vonovia-Aktie korrigierte in den letzten Jahren deutlich. Seit ihrem Allzeithoch von über 60 Euro im September 2020 hat der Kurs mehr als die Hälfte seines Werts verloren. Der Kursrutsch spiegelt vor allem makroökonomische Faktoren wider. Die rasante Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank seit 2022 hat Immobilienaktien unattraktiver gemacht und gleichzeitig die Bewertung der Immobilienportfolios gedrückt. Vonovia musste 2023 eine enorme Abwertung seines Bestands um rund 10,65 Mrd. Euro vornehmen, was zu einem Jahresverlust von etwa 6,8 Mrd. Euro führte. 

Dennoch gibt es auch positive Impulse. Die Wohnnachfrage in Deutschland bleibt hoch und die Mieten steigen in vielen Städten auf Rekordniveau. In Berlin etwa hat sich der durchschnittliche Mietpreis zwischen 2014 und 2023 von 8,10 Euro auf 16,35 Euro pro Quadratmeter mehr als verdoppelt. Dazu fehlen in Deutschland laut Branchenangaben rund 800.000 Wohnungen, während der Bund das Ende 2021 selbstgesteckte Ziel von jährlich 400.000 Neubauwohnungen jedes Jahr aufs Neue deutlich verfehlt. Vonovia profitiert von dieser Knappheit durch steigende Mieteinnahmen und geringe Leerstandsquoten. 

Wieder Neubauten geplant

Nach Jahren des aggressiven Wachstums konzentrierte sich der Konzern in den vergangenen zwei Jahren auf das Kerngeschäft Bestandsbewirtschaftung und den Verkauf von Objekten, um Schulden abzubauen. Jetzt schaltet das Management aber wieder auf Expansion. Das jährliche Investitionsvolumen soll bis 2028 verdoppelt werden, von rund 1 Mrd. Euro (2023) auf etwa 2 Mrd. Euro. Bereits 2025 sollen etwa 1,2 Mrd. Euro in energetische Sanierungen, die Installation von Fotovoltaik und Wärmepumpen sowie den Neubau von rund 3.000 Wohnungen fließen.

Um Baukosten zu drücken, setzt Vonovia beim Neubau auf Standardisierung. Auf teure Tiefgaragen soll verzichtet werden. Und angemessene Energiestandards sowie ein hoher Anteil vorgefertigter Bauteile sollen zur Kosteneffizienz beitragen und so den Zielkonflikt von Bezahlbarkeit und Klimaschutz auflösen. Bis 2028 peilt das Management eine Steigerung des operativen Gewinns (EBITDA) um rund 30 % an. Neben dem Mietgeschäft sollen Verkäufe einzelner Wohnungen, die Projektentwicklung für Dritte und Zusatzdienstleistungen zusammen etwa ein Viertel zum Ergebnis beitragen. Gelingt dieser Plan, würde Vonovia 2028 ein EBITDA von rund 3,3 Mrd. Euro erreichen. 

Die kommenden Jahre bleiben jedoch anspruchsvoll. Marktbedingungen und Kosten müssen mitspielen, damit die Investitionen den erhofften Ertrag bringen. Gleichzeitig zeigt ein Blick auf die Substanz, dass Vonovia an der Börse mit hohem Abschlag zum inneren Wert gehandelt wird. Trotz der Abwertungen betrug der Nettovermögenswert (EPRANTA) des Portfolios Ende 2024 noch 45,23

Euro je Aktie. Aktuell notiert die Aktie also rund 47 % unter Buchwert.. Sollte sich das Marktumfeld entspannen, könnte sich der Abschlag zum Buchwert angesichts des robusten Vermietungsgeschäfts perspektivisch wieder verringern. Gleichzeitig müssen die Bochumer jedoch beweisen, dass sie den Spagat aus Wachstum und Finanzdisziplin schaffen. 

Die Kapital Medien GmbH, der Verlag der Finanzzeitschriften AnlegerPlusAnlegerPlus News und AnlegerLand ist eine 100-%-Tochter der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

Foto: © Vonovia/Simon Bierwald

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