Strategische Asset-Allokation: stabile Ergebnisse in unruhigen Zeiten

Strategische Asset-Allokation

Von Prof. Dr. Rolf Tilmes, CFP, FPSB Deutschland

Lang- statt kurzfristig, strategisch statt taktisch: Wer als Anleger sein Vermögen wirklich zukunftsfest machen will, sollte den klaren Fokus auf die strategische Asset-Allokation legen.

Der Blick ins Depot gehört für viele Investoren zur Tagesroutine. Jetzt schnell noch vor der Bekanntgabe der Geschäftszahlen nachkaufen? Oder lieber heute als morgen Gewinne mitnehmen? Wie auf die Zinswende reagieren? Und was ist überhaupt mit dem Hype um künstliche Intelligenz? Nur nichts verpassen, heißt die Devise.

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Wer als Anleger derart von kurzfristigen Ineffizienzen oder bestimmten Trends an den Märkten profitieren will und die Gewichtung verschiedener Anlageklassen oder -themen innerhalb des Portfolios vorübergehend erhöht oder verringert, handelt taktisch. Das klingt zunächst einmal nicht schlecht und ist nicht negativ gemeint. Doch mit einer langfristigen Anlagestrategie hat dieses Vorgehen wenig zu tun. 

Im Gegenteil: Die beschriebene aktive Anpassung der Portfoliostruktur in Reaktion auf sich ändernde Marktbedingungen oder Anlagechancen bezeichnet man als taktische Asset-Allokation. Sie kann kurzfristig erfolgreich sein, auf lange Sicht besteht jedoch die Gefahr von Verlusten und/oder einer extremen Unwucht im Portfolio. Das gilt gerade mit Blick auf die vergangenen Jahre, wo mit der Pandemie, hoher Inflation und geopolitischen Ereignissen eine Krise die nächste jagte.

Natürlich kommen Schwankungen und Kursrückgänge an den Finanzmärkten immer wieder vor, sie gehören zur Vermögensanlage dazu. Wichtig ist nur, auch in schwierigen Phasen Ruhe zu bewahren und nicht überstürzt zu handeln. Voraussetzung für solch eine Gelassenheit: eine sorgsam ausgeklügelte strategische Asset-Allokation. Sie beschreibt die Aufteilung des Vermögens in mehrere Teile, welche in unterschiedliche Anlageklassen und Einzelinvestments angelegt werden. 

Timing und Titelselektion sind zweitrangig

Die strategische Asset-Allokation sollte die Basis einer langfristigen Anlagestrategie sein. Denn wie Studien zeigen, ist diese für 80 bis 90 % des langfristigen Anlageerfolgs verantwortlich. Erst weit danach kommen Faktoren wie Timing, die taktische Allokation oder die Titelselektion. Vergleichbar mit der Unternehmenssteuerung verspricht eine strategische Asset-Allokation auch in unruhigen Zeiten beste und stabile Ergebnisse.

Diese Vermögensaufteilung sollte idealerweise jeweils so auf die Risikosituation des Anlegers ausgerichtet werden, dass sie in den verschiedenen Marktphasen beibehalten werden kann, ohne die Erreichung der Minimalziele zu gefährden. Jedoch verfügen nur die wenigsten Anleger über das nötige Wissen, selbst eine solche langfristig ausgerichtete Vermögensstruktur, die auch individuell zum einzelnen passt, hinzubekommen – und sie anschließend regelmäßig anzupassen.

Deutsche Privathaushalte beispielsweise sind trotz zum Teil hoher Inflation unterdurchschnittlich in Wertpapieren investiert. Stattdessen wird rund 40 % des gesamten Geldvermögens bar oder in schlecht verzinsten Bankeinlagen gehalten. Damit verzichten die Bundesbürger auf Renditechancen.

US-Stiftungen als Vorbild

Wie genau die „Zutaten“ für eine erfolgreiche Vermögensstruktur aussehen, ist individuell verschieden. Der Blick auf die strategische Asset-Allokation etwa der großen US-Stiftungen wie Yale oder Harvard aber zeigt, dass – vereinfacht gesagt – das Erfolgsgeheimnis in der Streuung der Anlagen über viele Assetklassen hinweg sowie eine Beimischung alternativer Investments wie Private Equity liegt. Unternehmensbeteiligungen, Immobilien und alternative Investments sind als Sachwerte für einen langfristigen Vermögensaufbau verantwortlich. Sämtliche Anlageklassen haben unterschiedliche Eigenschaften wie Anlagehorizont, Ausschüttungsverhalten, Cashflow-Verlauf und Liquidierbarkeit.

Dank einer ausgewogenen Diversifikation können auch defensiv eingestellte Investoren risikoreichere Anlageklassen in ihr Investment miteinbeziehen. Entscheidend ist es jedoch, damit einhergehende, potenziell höhere Risiken sowie ein verändertes Korrelationsumfeld zu berücksichtigen. Im Rahmen einer geeigneten strategischen Asset-Allokation sollte das Gesamtvermögen und somit die liquiden und illiquiden Vermögenswerte eingebettet sein. Nach Harry Markowitz, „Diversifikation is the only free lunch“.

Doch was sich einfach anhört, ist in der Umsetzung komplex. Viele Anleger machen den Fehler, sich zunächst mit der Frage der konkreten Investitionsentscheidungen zu beschäftigen. Doch beginnen sollte man mit den langfristigen individuellen Zielen. Warum muss oder will ich überhaupt investieren? Erst nach diesem „Warum“ sollte das „Wie“, also die Festlegung der Strategie, folgen. Und zuletzt geht es um die Umsetzung in Anlageprodukten. 

Masterplan für das Vermögen

Die strategische Asset-Allokation ist vergleichbar mit einem Masterplan, der die Grundlage für jede einzelne zukünftige Investitionsentscheidung ist. Die optimale Aufteilung des anzulegenden Vermögens auf verschiedene Anlageklassen und Einzelinvestments ist dabei das wichtigste Werkzeug für das Risikomanagement. Und das Gute ist: Der Masterplan lässt sich problemlos um weitere Elemente erweitern. Dabei ist nicht nur die Frage der Vermögensverteilung auf die verschiedenen Anlageklassen relevant, sondern auch die Wechselwirkung jedes einzelnen Investments zu allen anderen.

Die besondere Herausforderung liegt somit darin, Anlageformen zu kombinieren, die bei Krisen nicht alle gleichermaßen betroffen sind. Widerstandsfähige Portfolios zeichnen sich durch eine Mischung von Anlageklassen aus, die wenig korreliert sind, unterschiedlichen Zyklen unterliegen und deren kombinierte Wertentwicklung schwerste Erschütterungen verhindern. Das Ziel dabei: Weder externe Krisen noch persönliche Fehlentscheidungen sollen die Gesamtkonstruktion gefährden.

Professionelle Experten wie insbesondere CERTIFIED-FINANCIAL-PLANNER-Professionals können Anlegern dabei helfen, die passende strategische Asset-Allokation – individuell abgestimmt auf den Anlagehorizont und vor allem auch auf die jeweilige Risikoneigung – zu erarbeiten. Mithilfe einer umfassenden Analyse der derzeitigen Vermögenssituation, der Risikoeinstellung und einer Liquiditätsrechnung erarbeiten CFP-Professionals gezielt Lösungsansätze. Sie sind dank einer ganzheitlichen und vor allem langfristigen Perspektive in der Lage, das Vermögen ihrer Kunden zu schützen und langfristig die Rendite zu erhöhen. 

Zum Autor

Prof. Dr. Rolf Tilmes, CFP, ist Vorstandsvorsitzender des FPSB Deutschland und Academic Director Finance, Wealth Management & Sustainability Management an der EBS Executive School in Oestrich-Winkel.

Die Kapital Medien GmbH, der Verlag der Finanzzeitschriften AnlegerPlusAnlegerPlus News und AnlegerLand ist eine 100-%-Tochter der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.

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