US-Wahl: Angriff auf die Unabhängigkeit der Fed

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Der Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November hat weitreichende Konsequenzen, nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt. Die Zukunft der NATO ist ein Beispiel, auch auf die Unabhängigkeit der Notenbank Fed könnte die US-Wahl Auswirkungen haben.

Als der Hamburger Bankier Paul Moritz Warburg 1902 in New York ankam, war er entsetzt über den chaotischen und unterentwickelten Zustand des amerikanischen Bankensystems. Die Bundesstaaten gaben unterschiedliche Banknoten heraus, die Banken konnten unkontrolliert Kredit schöpfen. Ursache war der Konflikt zwischen Föderalisten und Zentralisten, der bis heute andauert. 

Bankier Warburg war in Europa an der Schaffung des modernen Zentralbanksystems wesentlich beteiligt und schlug deshalb eine US-Zentralbank nach dem Beispiel der deutschen Reichsbank vor, um die Hoheit über das Geld vom Staat zu übernehmen. 

Diese „Gewaltenteilung” gilt heute allgemein als wesentliche Voraussetzung für stabile Währungsverhältnisse, die Erhaltung der Kaufkraft und somit bestandsfeste Rahmenbedingungen für alle Wirtschaftssubjekte des Währungsraums. Insbesondere kann eine unabhängige Zentralbank die Geldpolitik den wechselhaften Bedürfnissen und Vorlieben der jeweiligen Regierungen entziehen. Die US-Notenbank Fed wurde schließlich 1913 nach mehreren schweren Wirtschaftskrisen nach den Vorstellungen Warburgs gegründet.

Unabhängigkeit in Gefahr

Die Unabhängigkeit der Fed wird nun aber durch den Präsidentschaftskandidaten Trump bedroht. Er wollte bereits Ende 2019 als damals amtierender Präsident den von ihm berufenen Fed-Chef Powell zu Zinssenkungen drängen, um seine Wahlchancen für die anstehende Wahl 2020 zu verbessern. Doch der pflichtbewusste Powell war nicht willfährig. 

Trump plant nun, bei einem erneuten Wahlerfolg Fed-Präsident Powell spätestens zum Ende seiner Amtszeit 2026 auszutauschen und ebenfalls bei Vakanzen den siebenköpfigen Gouverneursrat der Fed mit treuen Anhängern zu besetzen. So wie er es während seiner ersten Amtszeit beim Supreme Court der USA bereits praktiziert hat. Trumps Wahlteam hat darüber hinaus sehr konkrete Pläne entwickelt, um dem Präsidenten zukünftig ein Mitspracherecht bei Zinsentscheidungen zu verschaffen.

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    Mahnende Beispiele

    Zu welchen Finanz-, Wirtschafts- und Börsenkrisen es infolge einer schlechten, von Politikern bestimmten Geldpolitik kommen kann, zeigt das Beispiel des Richard Nixon. Als einziger US-Präsident der Geschichte musste er 1974, ausgelöst durch den Watergate-Skandal, vom Amt zurücktreten. 1970 hatte er Arthur Burns zum Chef der Fed ernannt. Die USA waren zu diesem Zeitpunkt durch den Vietnam-Krieg hochverschuldet. Als der französische Präsident De Gaulle deshalb immer größere US-Dollar-Beträge in Gold tauschte und andere Länder folgten, hob Nixon 1971 die Golddeckung der US-Währung und damit die Verpflichtung der USA, US-Dollar zu einem festen Kurs von 35 US-Dollar pro Unze in Gold umzutauschen (Bretton Woods Systems), auf. 

    Die Inflation stieg und Fed-Chef Burns manipulierte den Warenkorb, um dies zu vertuschen. Er wollte damit Nixons Wunsch nach niedrigeren Zinsen und einer höheren Geldmenge erfüllen. Letztlich eskalierte die Inflation aber, was zu Preissteigerungen von über 10 % führte. Der nachfolgende Fed-Präsident Volcker musste die Leitzinsen auf über 20 % anheben, um die von Nixon und Burns ausgelöste Inflation niederzuringen.

    Doch Trump zeigt sich nicht nur von diesem Negativbeispiel unbeeindruckt. Er äußerte sich auch löblich über die Einmischung in die Notenbankpolitik durch den venezolanischen Ex-Präsidenten Nicolas Maduro. Auf dessen Konto gehen die dreistelligen Inflationsraten in Venezuela, die für Armut, Arbeits- und Perspektivlosigkeit gesorgt sowie Millionen zur Auswanderung gezwungen haben. Das Beispiel der Türkei mit ihren Währungs- und Inflationsproblemen verdeutlicht ebenfalls, wie schädlich es sein kann, wenn die Politik – hier durch Präsident Erdogan – wiederholt den Notenbankchef austauscht und in die Zinspolitik eingreift.

    Weitreichende Auswirkungen

    Und wie verhält es sich nun bei der zweiten Präsidentschaftskandidatin, Kamala Harris? Wie Trump plant sie, Steuergeschenke zu verteilen, allerdings für breitere Bevölkerungsschichten und nicht nur für Milliardäre. Für die enorme Staatsverschuldung der USA macht dies jedoch keinen Unterschied. An der Unabhängigkeit der Fed will sie jedoch nicht rütteln. 

    Sie will die Ukraine weiter unterstützen, steht zur NATO und ist kritisch bezüglich Israels Kriegsführung im Nahost-Konflikt. Trump dagegen ermuntert Israel fortzufahren, will mit Putin „auf Augenhöhe” den Ukraine-Krieg beenden und steht der NATO-Mitgliedschaft kritisch gegenüber. 

    Harris argumentiert den Wählern gegenüber, dass diese zwischen einer Ex-Staatsanwältin und einem überführten Kriminellen wählen müssen. Trump spricht dagegen von einer „Hexenjagd”, weil das FBI gerichtsverwertbare Beweise für seine Aufstachelung zum Sturm des Kapitols im Januar 2021 nach seiner Abwahl gesammelt hat. 

    Wie ein Damoklesschwert hängt schließlich über den Wahlen das 920 Seiten umfassende „Project 2025”, eine Art Regierungsprogramm rechtsgerichteter Organisationen, für den Fall, dass Donald Trump ins Amt kommt. Ziel des Projektes ist es, kritische Beamte zu feuern und die US-Bundesregierung konservativ umzustrukturieren. Wenngleich Trump sich von dem Projekt distanziert, passen viele der dort vorgeschlagenen Maßnahmen zu seinem Wahlprogramm.

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    Foto: © Federal Reserve

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