EZB legt Zinspause ein – weitere Anhebungen nicht ausgeschlossen

EZB Zinspause

Nach zehn Zinserhöhungen in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen, eine Zinspause einzulegen. Der Leitzins verbleibt vorerst bei 4,5 %. Eine weitere Anhebung im Dezember ist aber nicht ausgeschlossen.

Obwohl die Inflation mit 4,3 % im September nach wie vor deutlich zu hoch ist und sich vor allem in Kernbereichen – zum Beispiel bei der Nahrung – hartnäckig hält, hat die Europäische Zentralbank bei ihrer Sitzung in Athen beschlossen, die Zinsen vorerst nicht weiter anzuheben. „Wir sind entschlossen, die Inflation in angemessener Zeit auf unser mittelfristiges Ziel von 2 % zu senken. Basierend auf unserer aktuellen Einschätzung sind die wichtigsten Zinssätze der EZB auf einem Niveau, das, wenn es ausreichend lange beibehalten wird, einen erheblichen Beitrag zu diesem Ziel leisten wird“, sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde in ihrer Presseerklärung.  

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Bereits im Vorfeld hatten alle 85 von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Ökonomen angegeben, dass sie nicht von einer weiteren Erhöhung ausgehen. Die meisten glauben zudem, dass der Scheitelpunkt der Zinskurve erreicht sei. Sie erwarten für das kommende Jahr sinkende Zinsen. 

Bundesbank-Präsident Nagel hält weitere Anhebung für möglich

Joachim Nagel, Präsident der Deutschen Bundesbank, hat sich in der Vergangenheit wiederholt für Zinsanhebungen ausgesprochen. Mitte Oktober erklärte der Bundesbankpräsident, dass die EZB geldpolitisch weiterhin fest entschlossen ist, die Inflation auf den Zielwert von 2 Prozent zurückzuführen. Wie es dabei zinspolitisch weitergehe, hänge von den jeweils aktuellen Daten ab, die laufend beobachtet und analysiert würden. Darüber hinaus sagte Nagel mit Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, dass unter anderem der Rückgang der Auslandsnachfrage die Industrie getroffen habe und dem Bau die hohen Finanzierungskosten zu schaffen machten.

Auch jetzt will er sich noch nicht festlegen, was den weiteren Kurs der Zentralbank betrifft. Eine weitere Anhebung bei der Dezember-Sitzung der EZB will er nicht ausschließen. Ähnlich sieht es sein österreichischer Kollege Robert Holznagel. Die Befürworter einer strafferen Geldpolitik sind aber derzeit in der Minderheit, bereits die letzte Zinsanhebung konnten sie nur mit großer Mühe durchdrücken. 

Experten begrüßen Zinspause der Zentralbank

Ifo-Präsident Clemens Fuest hat die Zinspause der EZB begrüßt. „Das ist eine gute Entscheidung. Die schnellen Zinserhöhungen seit etwa einem Jahr haben dazu beigetragen, die Inflation zu dämpfen und die Inflationserwartungen zu stabilisieren, und diese Entwicklung wird sich voraussichtlich in den kommenden Monaten fortsetzen.“ Für Zinssenkungen sei es allerdings noch zu früh. Dafür müse die Inflation weiter zurückgehen. Vor allem wegen hoher Lohnabschlüsse und Risiken bei den Energiepreisen sei es nicht garantiert, dass das so komme.

Prof. Dr. Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) kommentiert den heutigen Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB): „Nach zehn Zinserhöhungen in Folge hat die EZB heute die richtige Entscheidung getroffen, ihren Hauptrefinanzierungssatz bei 4,5 Prozent zu belassen. Es ist vernünftig, diese Pause zu nutzen, um die Wirtschaftsaussichten zu bewerten: An der Inflationsfront sind große Fortschritte zu verzeichnen, und die Abwärtsrisiken für die Wachstumsaussichten haben sich verschärft.

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Foto: © Europäische Zentralbank

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