Von Bäumen, die (nicht) in den Himmel wachsen

Cisco Bäume die nicht in den Himmel wachsen

Von Dr. Alexander Orthgieß, BAGUS Global Balanced Dachfonds

Wir schrieben die Jahre 1999/2000, als eine Firma namens Cisco ihre Blütezeit erlebte, an die sie bis heute nicht mehr anschließen konnte. Und die Geschichte wiederholt sich, nur mit anderen Playern.

Nur wenige Menschen haben die Cisco-Produkte je gesehen. Es waren verschiedenste Teile für Netzwerke, die in der boomenden Telekom- und IT-Branche oder anders gesagt für das Internet benötigt wurden. 

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Flashback

Die Aussichten waren grandios, kein Weg führte an Cisco vorbei – the sky was the limit. Anleger rissen sich um die Aktie und der Kurs stieg in enorme Höhen. Mit über 550 Mrd. US-Dollar war Cisco zwischenzeitlich das wertvollste Unternehmen der Welt. 

Es kam, wie es kommen musste. Der Himmel verdunkelte sich. Die Nachfrage erfüllte nicht die gehegten Erwartungen. Schlimmer noch, durch viele Pleiten von Cisco-Kunden kamen gebrauchte Produkte mit riesigen Abschlägen auf den Markt. Der Kurs der Cisco-Aktie hat sein damaliges Hoch bis heute nicht wieder erreicht. 

Replay

Themawechsel: Das Zauberwort heißt heute künstliche Intelligenz. Eine Firma namens Nvidia produziert besondere Chips. Kaum einer hat sie je gesehen, aber sie seien unverzichtbar für die neue Technik, die die Welt verändern wird.

Der Aktienkurs von Nvidia schoss in kürzester Zeit in schwindelerregende Höhen. In diesem Zuge wurde auch alles mit hochgespült, was halbwegs nach KI klang. Dabei weiß man heute noch nicht einmal, wer am Ende tatsächlich profitiert. Zudem sind die meisten Patente für diese Technologie ohnehin in China. Macht nichts, denn die Aussichten sind grandios und, so das Narrativ der Anleger, an Nvidia führt kein Weg vorbei – the sky is the limit. Sehen Sie Parallelen zu Cisco?

Im laufenden Geschäftsjahr soll sich der Gewinn von Nvidia mehr als vervierfachen, wodurch das KGV auf unter 60 sinkt. Das heißt, man benötigt 60 Jahre des aktuell erwarteten Gewinns, um die Kaufsumme zurückzuerhalten. Aber da die Firma weiter wachsen und ihre Gewinne steigen sollten, reduziert sich die Bewertung. Vorausgesetzt der Kurs steigt nicht in gleichem Maße.

Sollten die Gewinne tatsächlich sprudeln wie erhofft, wäre das ein weiterer Kaufgrund, denn die Firma liefert. Dann aber werden die Bewertungen noch ambitionierter. So entstehen Kursblasen. 

Geradezu haarsträubend wirkt das Verhältnis von Marktkapitalisierung und aktuellem Umsatz von Nvidia. Es beträgt fast 30! Zum Vergleich, die Marktkapitalisierung von Nvidia ist etwa so hoch wie der Wert aller im Bundesland Bayern produzierten Waren und Dienstleistungen, der Umsatz aber nur rund ein Zehntel von Volkswagen. 

Ich durfte seinerzeit bei Knorr Bremse Bewertungen für potenzielle Übernahmekandidaten errechnen. Damals galt die Faustregel, mehr als einmal Umsatz zahlen wir nicht. Zugegeben, in den 90er-Jahren waren die Zinsen höher und die Wachstumsaussichten in diesem Markt geringer. Von Emerging Markets hatte man damals noch nichts gewusst. Die kamen später. Auch sie sollten die Welt verändern … 

Die Moral von der Geschichte

Was lernen wir dennoch daraus? Die Bäume wachsen nicht in den Himmel und es kommt meist anders, als man denkt. Klingt platt, ist aber so. Wer das zur rechten Zeit beherzigt, kann sich viel Leid an den Börsen ersparen. Das Problem ist nur, wann ist der richtige Zeitpunkt dafür?

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